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Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Panik, die Bank hätte den Großteil des Geldes als Gebühr einfach einbehalten.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie, als sie sein Gesicht sah »Das sind hundertzehntausend?«
    »Ja, Sir. Sie sehen nur so klein aus, weil es ganz neue Geldscheine sind. Ich habe sie gezählt, und unsere Maschine hier hat sie zweimal gezählt – möchten Sie, dass ich es noch einmal zähle?«
    »Nein, Ma’am.« Er blickte direkt auf Ben Franklin, der mit seinem schiefen Lächeln zurückglotzte, als sei es ganz natürlich, dass Boggs gerade so wie jeder andere ein Vermögen in Händen hielt. Hundertzehntausend und ein paar Zerquetschte – der Mehrbetrag kam von den Zinsen, die Jack Nestor erwähnt hatte.
    »Hab irgendwie gedacht, hunderttausend gäben ’nen größeren Haufen.«
    »Wenn Sie ihn in Fünfer- und Zehnermünzen bekämen, dann wäre das ’ne ziemliche Menge.«
    »Ja, Ma’am.«
    »Möchten Sie Begleitschutz? Einen Wächter oder so etwas?«
    »Nein, Ma’am.«
    Boggs verstaute das Geld in seiner Papiertüte und ging. Danach schlenderte er eine Stunde lang in der Innenstadt von Atlanta herum. Er staunte, wie sehr sie sich verändert hatte. Sie war sauber und gepflegt. Er lachte über die vielen Straßen mit ›Peachtree‹ im Namen – lachte, weil er sich daran erinnerte, dass sein Daddy gesagt hatte, die meisten Leute würden denken, das käme von ›peach‹ wie Pfirsich, während der Name in Wirklichkeit von ›pitch‹ wie Teer komme. Er überquerte die Straße namens Boulevard und lachte noch einmal.
    Das hier war eine Stadt, in der man, so schien es, über so etwas lachen konnte, ohne dass jemand einen für verrückt hielt – sofern man irgendwann zu lachen aufhörte und sich um seine Angelegenheiten kümmerte. Boggs ging in ein Koffergeschäft und kaufte einen teuren schwarzen Nylonrucksack, denn so einen hatte er sich schon immer gewünscht, einen, der für das Tragen über lange Strecken gemacht war. Er steckte das Geld und das frische Hemd in den Rucksack, was ihn an Kleider erinnerte.
    Er kam an einer schicken Herrenboutique vorüber, fühlte sich aber durch die schrägen, kopflosen Schaufensterpuppen eingeschüchtert. Er ging weiter, bis er einen altmodischen Laden fand, wo die Kleidungsstücke meist aus Polyester waren und die Farben überwiegend braun und beige. Er kaufte einen braunen Anzug von der Stange und ein gelbes Hemd, zwei Paar schwarz-rot karierte Socken und einen gestreiften Schlips. Da er dachte, dies könne an vielen Orten zu formell sein, kaufte er noch eine braune Freizeithose aus Wolle und zwei blaue kurzärmelige Sporthemden. Er dachte daran, die neuen Klamotten gleich anzuziehen und den Verkäufer die Jeans und das Arbeitshemd einpacken zu lassen. Aber das würden sie merkwürdig finden und sich vielleicht an ihn erinnern.
    Was wahrscheinlich überhaupt keine Rolle spielte. Na wenn schon, wenn man sich an ihn erinnerte? Er hatte hier nichts Ungesetzliches getan. Vielleicht mochten sie ihn merkwürdig finden. Wenn er ein reicher, großkotziger Geschäftsmann gewesen wäre, der aus einer Laune heraus beschlossen hatte, sich ein paar Klamotten zu kaufen und sie auf dem Heimweg zu tragen, hätte niemand einen zweiten Gedanken daran verschwendet.
    Aber er war kein Geschäftsmann. Er war ein ehemaliger Sträfling. Er hätte New York nicht verlassen dürfen. Und daher zahlte er schnell und ging.
    Er betrat das Hyatt Hotel und schlenderte an den Springbrunnen vorbei. Boggs hatte Hotels schon immer gemocht. Sie waren Orte des Abenteuers, an denen nie etwas gleich blieb, wo man jederzeit kommen und auch wieder gehen konnte, wenn es einem nicht gefiel. Er mochte die Konferenzräume, in denen täglich eine neue Gruppe von Menschen saß, die sich in ihrem Beruf weiterbildeten oder vielleicht eine neue Tätigkeit erlernten, wie Immobilienverwaltung zum Beispiel oder wie man Avon-Beraterin wird.
    Jeder Gast in einem Hotel war nur da, weil er auf Reisen war.
    Und ein Mensch auf Reisen, das wusste Randy Boggs, war ein glücklicher Mensch.
    Er betrat die Toilette auf einer der Bankettsaaletagen und zog sich in einer blitzblanken Kabine seinen Anzug an. Er stellte fest, dass er noch immer seine abgetragenen Halbschuhe mit dem stählernen Penny von 1943 im Schlitz an der Oberseite trug. Heute Nachmittag würde er sich neue Schuhe besorgen. Was Schickes. Aus Krokodil- oder Schlangenleder vielleicht. Er betrachtete sich im Spiegel und fand, er brauche mehr Farbe; er war ziemlich blass. Und auch seine Frisur

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