Hard Rock Vampir
Zettel, und ich hoffte, mein Scharfschütze würde nicht Sie treffen. Es gab eine kleine Chance, dass Sie überleben, doch Sie selbst baten darum, darauf keine Rücksicht zu nehmen. Ich bin Ihnen zu ewigem Dank verpflichtet. Wir ahnten, dass Mr. Vandenbeer etwas plante, doch wir waren uns nicht sicher, wie es genau aussehen würde. Ich beauftragte Mr. Lockheed, Sie auf diesen Fall vorzubereiten. Dies mag Ihnen zynisch vorkommen und ich verstehe das. Ich betone, dass es mir unsagbar leidtut. Doch nur, wer bereit ist, für eine große Tat zu sterben, hat das Eichenlaub verdient. Deshalb wünsche ich Ihnen für Ihre Zukunft alles erdenkliche Gute und viel Glück. Beste Grüße auch von meinen dankbaren Kindern Sascha und Malia und meiner Frau Michelle.
Ihr sehr ergebener Barack Hussein Obama II, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.«
Sie wussten, wer ich war, was ich tat und wo ich lebte. Ich spähte in die Dämmerung und erwartete, Militärfahrzeuge auftauchen zu sehen, einen wild gestikulierenden Major Lockheed und seine Leute. Und wenn schon - sie würden wieder eine Show abziehen und daneben schießen.
Dann faltete ich den Brief zusammen, lächelte und begriff.
Ich war ein freier Mann, ein freier Vampir.
Ich konnte tun und lassen, was ich wollte.
Das war meine Belohnung.
Zumindest so lange, wie es ihnen gefiel.
VAMPIRE STERBEN KALT
1
Einen guten Song zu produzieren, konnte langwierig sein. Das merkte ich mal wieder, als Joe Hall, ein zweitklassiger Rockproduzent, mit mir arbeitete.
Ja, an meinem Song. Denn Darian Morgus, der ehemalige Sänger, Gitarrist und Frontmann der Black Morgus ist zurück!
Ich hatte ein paar Monate in Christopher Vandenmeers Villa an der mexikanischen Grenze gelebt, die Beine auf die Veranda gestreckt und ein paar Vierbeiner ausgesaugt, als mich diese Art zu leben, wobei man bei mir eher von Existenz sprechen sollte, von einem Tag auf den anderen zu langweilen begann.
Ich vermisste die Stadt, die Straßen, die düsteren Gassen, den Schmutz und die dunklen Typen, die ich tötete, weil sie es nicht besser verdient oder einfach nur Pech hatten. Ein Vampir mag sich zwar eine Weile an Gürteltieren laben, doch nichts geht über Menschenblut.
Meinen Plan, an Christophers Stelle zu treten, um Herr über die Urvampire zu werden, die im Geheimen wirken und so manches Unternehmen, wobei ich die Regierung nicht ausnehmen möchte, unterwandert hatten, fand ich im Nachhinein als zu wagemutig, obwohl mein Urvater, den ich in einem heldenhaften Kampf getötet hatte, mir wie aus dem Gesicht geschnitten war. Man hätte den Unterschied nicht gemerkt, gewiss nicht.
Doch das bedeutete unnötigen Stress, und irgendwann würde ein ausgewachsener Burn-out folgen, der mich frühzeitig altern ließ, was ich vermeiden wollte, denn ich war ein attraktiver jung gebliebener Dreißigjähriger. Etwas schlaksig vielleicht und auf den ersten Blick zu dünn, aber dennoch eine knackig frische Mischung aus Steven Tyler und Keanu Reeves. Zumindest sah ich auf den Titelseiten des Rolling Stone so aus.
Bisher war ich gut klargekommen, hatte meine Zeit genossen, und so sollte es bleiben. Ich liebte mein Musikerleben, zwar nicht, wie ich es bis vor ein paar Monaten gedacht hatte, seit 200 Jahren, sondern erst seit 15 oder 20 Jahren, aber so was steckt man als echter Künstler weg, nicht wahr?
Meine gute Laune ließ ich mir dadurch nicht verderben und so flossen die Songs neuerdings nur so aus meinen Fingern, als wäre Maccas Geist über mich gekommen.
Ich streichelte die Saiten meiner Gitarre und stellte mir vor, sie wären Evas Hals, die mich sitzen gelassen hatte und vermutlich irgendwo mit Roggs, dem Werwolf, durch die Gegend strolchte. Das motivierte meine Finger, eine Mischung aus Lust und Zorn. Vielleicht war sie auch zu ihrem Ziehvater Major James Lockheed nach Hangar IV zurückgekehrt, ich hatte keine Ahnung. Der Sex mit ihr war bombastisch gewesen, halt so, wie sich Vampire paaren. Unbeschreiblich! Und geliebt hatte ich sie zu allem Überfluss außerdem.
Das war Vergangenheit und interessierte mich nicht mehr, denn ich hatte beschlossen, mich demnächst in eine Sterbliche zu verlieben, die sich dann entscheiden durfte, ob sie selbst eine lebende Tote, also eine Vampirin sein wollte, oder nicht. Falls nicht, hatte sie allerdings ein Problem.
Oh, Bella!, sang es in mir.
So rede ich mir das ein. Darin bin ich groß. Mir was einreden kann ich gut. Fuck U, Eve! Ich vermisse dich!
Joe Hall
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