Hard Rock Vampir
JBL.
Joe lag verrenkt in einer purpurn glänzenden Pfütze und der Geruch war überwältigend. Obwohl ich gesättigt war, veränderte ich mich. Mein Kiefer riss auseinander, meine Schädelform morphte, meine Klauen fuhren aus, meine Arme wurden länger und meine Muskeln waren gespannt wie Bogensehnen. Ich ging in die Hocke, stützte mich auf die Handflächen, wofür ich mich kaum vorbeugen musste, hob den Kopf in den Nacken und witterte. Dabei kamen zischende Geräusche aus meinem Maul. Ich wusste, dass meine Augen nun rot glühten und meine Gier nach Blut übermächtig werden würde.
Es war, als hätte sich bei einem Werwolf der Vollmond gezeigt. Das viele Blut ließ mir keine Wahl. Wenn jetzt ein Angestellter des Studios hereinkam, würde ich ihn in Stücke reißen. Mein natürlicher Drang, mein Instinkt und der in meinen Körper gepflanzte Atavismus waren stärker als Vernunft oder Vorsicht.
Ich hörte Geräusche und erhob mich, eine weiche, geschmeidige Bewegung. Ich war mit einem Sprung über das Mischpult am Ende des Raumes, bereit, mich wie eine Fliege an die Decke zu kleben und auf mein Opfer fallen zu lassen.
Das Blut machte mich schier wahnsinnig. Es war so viel, es war, als würde ich darin baden und erst jetzt hörte der Strom auf und es tröpfelte nur noch aus Joes Hals. Sechs Liter, fein verspritzt, sind eine Menge. Jackson Pollock brauchte für eine 4-Quadratmeter-Kleckserei-Leinwand nicht mehr als einen Liter Ölfarbe. Was in Joes Blut besonders aufreizend roch, waren die Monosaccharide und die Liptide, genauso genommen war ich also ein Leckermaul. Obwohl … es roch anders, roch fremd. Irgendwie … alt. Joe war eben immer ein seltsamer Kerl gewesen.
Sein Kopf lag etwas abseits und er grinste mich an, als hätte er noch eine Anekdote über Springsteen oder Ozzy parat. Der Schädel war sauber abgetrennt. Es musste eine Klinge gewesen sein, auf jeden Fall keine Zähne.
Das Geräusch näherte sich und ich erwartete jeden Moment, dass sich die Tür öffnete.
Was sie auch tat.
Ich traute meinen Augen nicht.
Denn ich sah nichts, absolut nicht. Dennoch spürte ich die Anwesenheit des Mörders.
Invisiblos!
Ich rede nicht über eine neue Tex-Mex-Band, sondern über unsichtbare Wesen. Bei diesem Wissen handelt es sich wohl eher um Christophers Erinnerungen, die ein Teil von mir waren, als um eigene.
Invisiblos stellen die schlimmste Bedrohung dar, der man sich aussetzen kann. Unsichtbare Ninjas, deren einziger Lebenszweck ist, einem den Kopf abzuschneiden oder die Gurgel zu durchtrennen. Sie werden dann eingesetzt, wenn alle anderen Mittel versagen, denn ihre Magie ist nur sehr teuer zu erkaufen. Sie sind autark und haben klare Regeln und Gesetze. Wer sich eines Invisiblos verpflichtet, muss tief in die Tasche greifen und er tut gut daran, keine Regel zu brechen.
Regel Nummer eins: Versuche nie, einen zu sehen, sonst siehst du nie mehr was!
Klingt albern, ich weiß, aber nicht wenige magische Wesen, von denen es mehr gibt als man meint, haben es versucht, und wurden letztendlich selbst Opfer der Unsichtbaren.
Dreh dich nicht um! , sagte Lot zu seiner Frau. Hahaha!
Wer hatte dieser Kreatur den Auftrag gegeben, einen zweitklassigen Musikproduzenten zu killen?
Oder ging es gar nicht um Joe Hall?
Ging es um mich? War der Vollstrecker hinter mir her?
Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, spürte ich eine surrende Klinge, die mich um Haaresbreite verfehlte. Die Waffen der Invisiblos sind genauso unsichtbar wie sie selbst, was sie noch gefährlicher macht.
Ich lauschte und meine feinen Sinne loderten.
Wem, zum Teufel, war ich so viel wert?
Ich musste auf der Stelle aufhören, nachzudenken, sonst würde mir gleich mein Kopf fehlen und das wäre fatal, da es die einzige Möglichkeit war, mich für alle Zeiten aus dem Weg zu räumen. Kopf ab oder Pflock im Herz.
Ich überließ mich meinen Instinkten.
Den Instinkten eines Vampirs.
Ich lauschte dem Unhörbaren, doch meine Musikerohren waren fein gestimmt und ich nahm die Veränderung der Luft, eine Verdickung der Atmosphäre wahr. Der Unsichtbare war mir nahe und versuchte erneut, mir den Garaus zu machen. Wie von einer Feder geschnellt, katapultierte ich mich an die Decke und ließ mich augenblicklich fallen, wobei ich mich drehte und meine Klauen wie Flügel wirbelten. Am liebsten hätte ich vor Begeisterung geschrien, denn meine rechte Hand fuhr in etwas Weiches, drehte und zog sich zurück. An meinen Klauen, um die mich Wolferine
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