Hard Rock Vampir
einstellen und es würde ein Erfolg, genau neben das des Mannes, der seine Unterlippe in die Nase stopft. Ich starrte in einen leeren Raum. Kein Mischpult, keine PCs, kein Blut. Auf der Glasscheibe fickten ein paar Fliegen. Unten, im Studio – nichts. Keine Mikros, keine Sessel, Couch, keine Schallabdeckung, Verstärker, Türme, rein gar nichts.
Mein Herz schlug schneller.
Zorn pochte.
In meinem Kiefer knarzte es, meine Zähne fuhren aus.
Klauen, wo sonst Fingernägel waren, die Muskeln lang und meine Augen rot. Ich war kurz davor, durchzudrehen.
Wer verarschte hier wen?
Ich hatte hier vier Tage lang aufgenommen. Hier, in diesem Gebäude, in diesem Raum. Joe hatte hinter dieser Scheibe gesessen und mit vollgelabert. Männer und Frauen waren geschäftstüchtig durch das Gebäude gehastet, nebenan in Studio 1 hatten drittklassige Musiker ein Album aufgenommen. Und zum Schluss hatten Därme sich in Blut geschlängelt und Joe lag ohne Kopf auf dem Teppichboden, den es auch nicht mehr gab, stattdessen kalte weiße Fliesen. Das Schwert des Unsichtbaren war in die Wand gekracht, genau neben meine Ohren und der Putz war nach allen Seiten gespritzt. Die Wand war makellos.
Das war auch mit einem Trip nicht zu entschuldigen.
Das war gar nicht zu entschuldigen!
Ich wollte sofort den toten Joe wiederhaben!
Und meinen Verstand.
Und das, was mich ausmachte.
Doch es sollte noch besser kommen.
5
»Schön, dich wiederzusehen«, sagte sie.
Inzwischen war ich selbst so weit, meine Unterlippe in die Nase zu saugen. Und als sie eintrat, zogen sich meine Zähne zurück, als wäre ich ein Mann, dessen Eier klein und hart werden.
»Eva?«
Das war närrisch, aber mir fiel nichts anderes ein.
Sie lächelte ihr wunderbares hübsches Lächeln. Blonde glatte Haare bis auf die Schultern, makellose Haut, um die Stupsnase ein paar Sommersprossen, große dunkle Augen und Lippen, die ich gespürt hatte, ein biegsamer Körper, den ich besessen hatte.
Sie war wie ich ein Vampir.
War wie ich aus einem Kinderheim geholt und nach Hangar IV gebracht worden, wo man sie mit den Genen von Christopher vollstopfte und veränderte. Ich hatte sie, nachdem die Sache mit dem Präsidenten passiert war, gesucht und nicht gefunden. Ich dachte, sie sei mit Roggs zusammen, mit …
»Hi, altes Haus!« Roggs trat hinter Eva, ein Werwolf. Jetzt in menschlicher Gestalt, dunkelhaarig, kantiges Kinn, ein Kenboy der Extraklasse, aber, wie ich erlebt hatte, ein cooler Autofahrer ohne Nerven.
»Roggs!«
»Du sitzt ganz schön in der Scheiße«, sagte Roggs jovial, als hätten wir uns erst gestern voneinander verabschiedet.
»Eva und Roggs …«
»Beruhige dich, Frank. Ja, wir sind es. Und wie es aussieht, kommen wir rechtzeitig, oder etwa nicht?«, fragte Eva. Liebe Güte, wie hübsch sie war. Mein Herz pochte noch immer, aber diesmal nicht vor Zorn. Ich hatte mich längst wieder in meine menschliche Gestalt gewandelt und staunte ohne Ende.
»Woher kommt ihr? Wieso wusstet ihr, dass ich hier bin?«, stammelte ich.
»Erklärungen später. Jetzt müssen wir verschwinden«, sagte Roggs.
»Wieder mit dem Auto?«, fragte ich, nicht ohne Lust auf eine kernige Verfolgungsjagd. Mann, dieser Werwolf fuhr wie der Teufel.
»Komm mit. Folge uns«, sagte Eva.
Ich trabte hinter den Beiden her. Wir traten in die Nachmittagssonne.
Eva und Roggs sicherten nach allen Seiten.
»Alles klar«, sagte Roggs und ging mit schnellen Schritten voran.
Ich hatte tausend Fragen, aber ein Blick von Eva ließ mich vorerst die Klappe halten.
»Da ist er! Ich glaub’s nicht! Er hat uns gefunden!«, rief Roggs und sprang zurück. Er wirbelte herum. »Hinter mir her!«
Unsere Füße trappelten auf dem Bürgersteig und Roggs huschte in einen DVD-Verleih, in dem außer dem Verkäufer niemand war. »Leg dich hinter den Tresen!«, brüllte er den Verkäufer an, der in sich zusammensackte. »SOFORT!« Eins musste man Roggs lassen: Er verfügte über mächtig viel Autorität, denn der Verkäufer gehorchte.
Im selben Moment wurde die Tür aufgestoßen. Es war nicht der Wind gewesen und sicherlich auch keine Fernsteuerung. Und ich begriff.
Ein Invisiblo jagte uns.
Einer, der sich mit der Magie anlegte.
Horatio!
Woher hatte Roggs das gewusst, ohne ihn zu sehen? Hatte er ihn gewittert? Aber er war in menschlicher Gestalt, ganz ohne Hundeschnauze und Supernase. Glück? Puh, das war kompliziert.
»Hör zu, wir wissen, wer du bist. Dein Name ist Horatio!«, schrie ich und verwandelte
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