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Hard Rock Vampir

Hard Rock Vampir

Titel: Hard Rock Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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einem wohl gefüllten Fressnapf.
    Ich würde ihm ein guter Sohn sein. Hauptsache, er holte mich hier raus!
    Er nahm mich mit, und ich beobachtete vom Rücksitz aus seinen Hinterkopf und die kurzgeschnittenen Haare. Er wirkte wie ein Baum, den auch ein Sturm nicht entwurzeln würde. Er brachte mich in einem Zimmer unter, das aussah, wie die Werbefläche eines Verkaufsraumes bei TOYS‘R‘US. Schön und kalt.
    So kalt, wie die Nadeln, die man mir unter die Haut und in die Venen schob - nur wenige Tage später.
    Es tat weh, tat so entsetzlich weh und raubte mir die Sprache. Ich würde tapfer sein, denn ich wollte nicht zurück ins Heim. Und der Major schien stolz zu sein, aber dann weinte ich doch, denn mir blieb nichts anderes übrig.
    Er strich mir über die Haare und flüsterte, alles würde gut werden. Alles. So verging einige Zeit und ich gewöhnte mich an das, was man mit mir machte.
    Und das Bild zerfiel und vor mir stand mein Ebenbild.
    »Hast du hingeschaut?«, fragte er.
    »Ja«, nickte ich und spürte den Nieselregen nicht, der auf uns fiel. Wir waren zwei Schatten im Licht der Scheinwerfer auf einer einsamen Straße und es war kühl.
    »Und was hast du gesehen?«
    »Verrat«, murmelte ich.
    »Dann schaue noch einmal.«
    Und ich tat es. Erneut war ich bei mir und ich war älter geworden. Fünfzehn vielleicht oder sechzehn. Ich war biegsam und voller Kraft. Und ich war hungrig. Die Tür öffnete sich und der Major trat ein. Er sah sehr zufrieden aus und sagte, die Jahre des Schmerzes und der Veränderung seien vorbei. Nun endlich sei ich, was er geschaffen habe. Und er brachte mich in eine kalte Kammer, nein, es war eher eine Zelle, wo ein Penner, ein junger Mann mit lausigen Haaren und lausigem Bart auf seinen Tod wartete. Der Major nickte mir aufmunternd zu. Obwohl er nichts erklärte, wusste ich, was zu tun war, wie ein Pferd im Stall, das genau weiß, wie es mit dem Druck seiner Nase den Wasserhahn über dem Schlabberbecken öffnet, um nicht zu verdursten.
    Ich trank den jungen Mann. Ich verlor komplett die Beherrschung, und während ich ihn trank, nässte ich mich ein und jammerte und brüllte und weinte und saugte. Der Druck in meinem Schädel schien mich zu zerreißen, doch je näher mein Opfer dem Tod kam, desto grausamer wurde ich. Ich verlor jede Distanz und biss in sein Fleisch, riss ihm mit meinen Schneidezähnen die Ohren ab, bohrte mit meinen Krallen in seinen Augenhöhlen und warf die glitschigen runden Dinger mit den zuckenden Muskelsträngen daran an die Wand, biss ihm die Zunge ab, und schließlich drehte ich ihm den Kopf auf den Rücken und zerrte und löste das Fleisch von seinen Schultern, während ich von oben bis unten mit Blut besudelt war und die Überwachungskameras heiß liefen.
    Schluchzend und heulend drängte ich mich schließlich in eine Ecke der Zelle, und als man mich unter die Dusche zerrte, nuckelte ich am Daumen.
    Ich hatte meine Unschuld verloren und eine Dimension des Hasses erweckt, die ich nicht für möglich gehalten hatte.
    »Warum bist du nicht verbittert?«, fragte mein Ebenbild mich und ich starrte wieder auf seinen Schatten und die Scheinwerfer dahinter.
    »Ich akzeptierte«, gab ich knapp zurück. »Und nun lass mich in Ruhe. Mehr möchte ich nicht sehen. Ich kenne das alles.«
    »Und hast es unter den Teppich gekehrt, mein Lieber. Du hast es verdrängt.«
    »Na und? Wenn das der Preis ist, um nicht zu verzweifeln, zahle ich ihn gerne.«
    »Und stolperst direkt in deinen Tod, du Naivling?«
    »Was meinst du damit?«
    »Du wurdest nach dem Schachspiel angeschossen. Mit zwei Kugeln, eine in den Rücken, eine in die Seite, keine davon tödlich. Die Silberlegierung war derart fein, dass du zwar sofort in Ohnmacht gefallen bist, aber nicht daran sterben konntest. Warum, glaubst du, wurdest du betrogen?«
    »Wer hat mich angeschossen?«
    »Die Leute des Papstes. Seine Ärzte operieren dich derzeit. Du liegst auf einem Tisch und man entfernt die Kugeln.«
    »Warum lässt man mich nicht sterben?«
    »Man wollte dich aus dem Weg schaffen, aber noch nicht töten. Sie hatten keine andere Möglichkeit.«
    Ich schwieg und mein Ebenbild schmunzelte. »Typisch Darian. Immer positiv denken, nicht wahr? Gar nicht annehmen, man wolle dich übertölpeln. Liebe Güte, was musst du noch alles erleben, um endlich zu erwachen?«
    »Um ein Misanthrop zu sein? Um eine düstere Weltsicht zu bekommen?«
    »Um dich zu schützen, du Narr!«
    »Komm mal runter, mein Lieber«, sagte ich zu

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