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Hard Rock Vampir

Hard Rock Vampir

Titel: Hard Rock Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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diszipliniert und aufmerksam die Szenerie, einige Bischöfe streckten sich.
    Dann geschah es.
    Cypher machte einen Zug, ich sah kaum, was er tat, so schnell geschah es, und es lag Kraft darin, ein stilles Lachen und Überlegenheit. Benedikts Gesicht begann zu leuchten, seine Brillengläser beschlugen, und kaum hatte der Teufel die Uhr in Gang gesetzt, zog er seinen Läufer und knurrte: »Schach!«
    Ein überragender Zug. Auch ich hatte den versteckten Läufer völlig vergessen und nun hatte er sich wie ein Schatten hinter den Bauern hervorgestohlen und Schach geboten.
    Cyphers Kopf zuckte hoch. Die schmalen Lippen bebten. Seine Augen irrlichterten.
    Benedikt nickte langsam und ich begriff. Er hatte seinen Gegner in eine Situation gebracht, aus der es kein Entkommen gab.
    Ganz langsam hob Cypher seine rechte Hand über den König und senkte sie, tippte auf die Spielfigur und kippte sie um.
    Klack!
    Holz auf Holz.
    Atemlosigkeit.
    Die Zeit stand still.
    Er hatte aufgegeben! Es machte keinen Sinn, weiterzuspielen. Er hatte keine Lösung. Teufel hatte gegen Gott verloren!
    Noch immer sagte niemand etwas, jemand schnaufte, alle richteten sich auf und schließlich brach Jubel aus. Einer der Bischöfe fiel auf die Knie und fing an zu beten. Anna sprang auf und lief zum Spieltisch. Stimmen schwirrten durcheinander. Und der Papst erhob sich, stützte seine Handflächen auf den Tisch, beugte sich vor und sagte ruhig: »Das Spiel ist entschieden, Luzifer.«
    Von nun an hätte es ganz einfach sein können. Ich hatte meine Schuldigkeit getan und konnte nach L.A. zurückfliegen, vielleicht mit Anna an meiner Seite. Die Welt drehte sich weiter. Und der Dunkle ging zurück in sein Verlies, entmachtet und gebrochen.
    Doch es kam anders.
    Bevor ich begreifen konnte, was geschah, pochte etwas gegen meine Hüfte und gleich darauf im Rücken. Ich dachte zuerst, jemand hätte mich geschlagen, doch ich stand alleine, und als ich versuchte, darüber nachzudenken, wurde es schwarz vor meinen Augen.

9

    Das Auto raste auf mich zu, wie ein irrsinnig gewordene Ausgabe von Stephen Kings Christine. Weiße fette Augen, strahlend wie die Kälte des Todes, ein breites, chromblitzendes Maul und das rollende Donnern eines 8-Zylinder-Devil-Killers.
    Ich versuchte, mich durch einen Sprung in Sicherheit zu bringen, doch meine Beine waren wie auf dem nassen Asphalt festgeklebt. Ich konnte keinen Muskel regen und sah dem möglichen Ende meiner Vamnpirexistenz ins Angesicht.
    Das Licht blendete mich und ich rechnete mir aus, wie groß meine Überlebenschancen waren, als der Wagen anhielt, mit dem Heck ausbrach und schräg vor mir zum Stehen kam. Die Tür wurde aufgestoßen und ein Mann stieg aus, während der Wagen noch zitterte, als müsse er sich erst beruhigen und weiße Dampfwolken von ihm aufstiegen.
    Der Mann schlug den Mantelkragen hoch und baute sich vor mir auf.
    Der Mann war ich.
    Und war es doch nicht.
    Seine Ausstrahlung war anders als meine, obwohl er genauso aussah wie ich. Er wirkte selbstbewusst, wissend und älter. Er sah aus wie jemand, der stets die Oberhand hatte und dem man nichts vormachen konnte. Er sah aus, wie ich ausgesehen hätte, wenn ich mich nicht so sehr an der Jugend festhalten würde.
    »Du siehst aus wie ich«, sagte ich.
    »Ich bin du, mein Freund«, sagte er. »Wie gefällt dir meine Freundin?«
    »Du meinst das Auto? Ein geiles Teil.«
    »Nein, Darian. Nur Blech, ein Motor und Reifen.«
    »Aha. Und warum dieser Auftritt?«
    »Warum so viel Angst um dein Leben?«
    Liebe Güte, er war ich. Und doch wäre ich gerne er gewesen. Er war das, was ich mir erträumte. Ein echt cooler Typ. Einer, der es nicht nötig hatte, zu spielen. Er war, was er war!
    Er machte eine ausholende Bewegung. »Schau hin!«
    Das war einfach gesagt, denn es gab nichts zu schauen, dafür starrte ich in die Augen eines Mannes, den ich fast vergessen hatte. In das kantige Gesicht von Major Lockheed. Er war jung und er sagte etwas, das ich nicht verstand oder nicht begriff, denn aus meinem Mund kamen wimmernde Laute. Nadeln steckten in meinen Armen und Saugnäpfe auf meiner schmalen nackten Brust. Ich versuchte, Worte zu formulieren, aber es gelang nicht, denn ich kannte kaum welche. Dafür beherrschte ich die Kunst des Weinens und flüchtete mich in diese Regung. Als er gekommen war, um mich aus dem Kinderheim zu holen, hatte ich ihn auf der Stelle geliebt und war ihm dankbar gefolgt, wie es ein Hund tat, der sich nach einem kuscheligen Platz sehnt und

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