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Hard Rock Vampir

Hard Rock Vampir

Titel: Hard Rock Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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mir. »Ich war nie ein Fatalist, aber ich bin einer dieser Narren, die sich an einem Sonnenuntergang erfreuen und jeden Tag dankbar annehmen. Ich liebe das Leben genauso wie den Tod, die Liebe so, wie den Zorn.«
    »Idiotisch!«
    »Willst du wissen, warum das so ist?«
    Mein Ebenbild schnaubte.
    »Weil ich meine Vergangenheit nicht verändern kann. Sie ist geschehen. Sie ist vorbei. Und die Zukunft liegt im Dunkel. Was existiert, ist die Gegenwart und von der habe ich nur jene Momente, in denen ich bin, Momente, so fadenscheinig wie die Sekunde auf einem Zifferblatt. Warum also sollte ich mir diese kleine Spanne des Seins mit Erinnerungen verderben, die mich traurig machen oder meinen Charakter verkrusten?«
    »Weil die Vergangenheit dich zu dem gemacht hat, was du bist.«
    »Wenn das so ist, war meine Vergangenheit gut, denn ich bin ziemlich zufrieden mit mir.«
    Er starrte mich an und schüttelte mitleidig den Kopf. »Du schwächst dich. Du machst dich angreifbar. Du wirst bitter dafür bezahlen müssen. Du glaubst an die Liebe?«
    »Ja, das tue ich.«
    »Dann wird die Liebe dich töten.«
    Ich lachte hart. Verdammt, ich ging mir auf den Sack. »Warum sollte sie?«
    »Weil Liebe ein fadenscheiniges Ding ist. Zeige mir ein Wesen, das sich selbst liebt und ich glaube ihm, dass es dich liebt. Doch du wirst vergebens suchen, denn niemand liebt sich selbst wirklich. Liebe bedeutet Machtausübung und ...«
    »... der Unverstand ist die unbesiegbarste Macht auf Erden. Du bist ich? Du willst mein Freund sein? Und doch verstehst du mich nicht. Bist du hier, weil du mich liebst? Was willst du? Macht über mich?«
    Mein Ebenbild rieb sich das Kinn. »Ich fürchte mich um dich, mein Lieber. Du gehst durch die Welt und glaubst an das Gute. Und du vertraust. Mit dem Ergebnis, dass sogar jene dich bewusstlos schießen, die der Sünde näher stehen als jeder andere Mensch.«
    Ich nahm ihm seine Sorge ab.
    War es meine Sorge? Mein Unterbewusstsein, das mich während der Operation warnte?
    »Egal, was du mir noch zeigst«, sagte ich. »Ich habe jedes grausame Bild gesehen. Es gibt nichts, was mich noch beeindrucken könnte.«
    »Nein?«
    »Nein!«
    »Dann schaue hin.«
    Und erneut verwirbelte die vermeintliche Realität und ich saß auf einem Teppich neben einem Sofa.
    Ich sah den Major und eine junge Frau. Zwei gutaussehende Menschen, die sich stritten. Die Frau schwenkte ein Whiskeyglas und brüllte, sie wolle endlich von ihm weg, denn er sei ein Monster.
    Sie sei schwanger, antwortete der Major. Sie habe bei ihm zu bleiben.
    Dann solle er sie heiraten, schrie die Frau und weinte. Sie war angetrunken, aber nicht so schlimm, dass sie nicht wusste, was sie tat.
    Wegen eines Balges solle er sie heiraten?, schnappte der fast jugendlich wirkende Major. Was sie sich einbilde? Und er ging zu ihr, schlug ihr das Glas aus der Hand und danach mit der flachen Hand mitten ins Gesicht. Sie taumelte und fiel auf das Sofa, während das Glas nur Zentimeter von mir im Teppich versank.
    Sie ruckte hoch, kreischte und er schlug sie erneut. Er hasse das Balg schon jetzt, brüllte er. Ficken wolle er sie, nichts sonst und seinen Spaß haben, aber einen Scheißer zu wickeln und sich dessen Geschreie anzuhören, das wolle er nicht. Er trat ihr mit voller Wucht in den Magen. Sie bäumte sich auf, klappte vornüber und erbrach sich.
    Sie presste die Hände vor ihren gewölbten Leib.
    Nun wurde es dunkel, und als ich wieder Licht sah, war es das erste Licht meines Lebens. Ich wurde in das Licht gezogen, obwohl ich mich wehrte. Ich schrie und zuckte und versuchte, mich umzudrehen, doch die Hände waren stärker. Sie hängten mich mit dem Kopf nach unten, ich schnappte nach Luft, und ein harter Schlag auf meinen Popo, so stechend und schmerzhaft, wie man es kaum annimmt, ließ mich den Mund aufreißen und ich schrie. Ich schrie meine Wut in dieses Licht und ich sah sie wieder. Erkannte sie. Diese Frau.
    Sie war meine Mutter. Dieselbe Frau, der der Major in den Magen getreten hatte. Und ich begriff, dass der Major mein Vater war. Immer mein leiblicher Vater gewesen war. Ein heimlicher Vater. Ein grausamer Vater-Mann.
    Und ich sah die Tränen in den Augen meiner verletzten Mutter und ihre bebenden Lippen. Ich sah das Blut, das aus ihrem Unterleib schoss, und hörte die panischen Stimmen der Ärzte und ich sah das warme Leuchten in ihren Augen, dass sich abkühlte, bis das Gesicht einfiel, sie sich dem Tod schenkte und mir, der aus dem Leib geprügelten

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