Hard Rock Vampir
ich sie nicht töten. Nun konnte ich es herausfinden. Es würde meinen Horizont erweitern, mein Verständnis schulen.
»Ich bin nicht hier, um dir Angst zu machen, Darian, sondern um dir zu helfen.«
»Ach nee – du willst mir helfen? Bisher sehe ich nur, dass du mit deinen Glaubenskumpels im selben Boot sitzt.«
Sie beugte sich noch weiter vor und ihr Gesicht war sehr nahe an meinem. Ihre Lippen öffneten und schlossen sich und es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass sie redete. » ... auch nicht einverstanden.«
»He?«
Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange und schaute streng. »Ich sagte, dass auch ich nicht einverstanden bin, mit dem, was geplant ist. Ob du’s glaubst oder nicht, ich mochte Luca sehr. Von ihm erfuhr ich, was los ist und, um ehrlich zu sein, bei dem Gedanken graust es mich.«
»Dann solltest du mal loslegen. Erklärungen, Baby.«
»Der Heilige Vater hat den Teufel besiegt.«
»Yepp.«
»Und Luzifer ist wieder dort, wo er gewartet hat.«
»Das ist Comic, bei allen Göttern der Dunkelheit. Teufel kommt und Teufel geht?«
»Das ist nicht Comic, Darian, das ist ein Deal. Der Heilige Vater hat seinen Preis eingefordert und er wurde ihm erfüllt. So geht der Deal. Luzifer, Satan, oder wie immer man ihn nennen will, ist ab sofort machtlos.«
»Dann werden wir also demnächst das Paradies haben?«
»So hätte es sein können, Darian.«
Ich richtete mich auf. Die Sorge in ihrem Blick war echt. Und ihr Zittern auch. Sie hatte Angst, zu viel zu sagen oder zu wenig und sie hatte Angst, dass man ihr auf die Schliche kam.
»Okay, Anna. In kurzen Sätzen. Was ist los?«
»Niemand weiß, dass Luca es mir verriet.«
»Also? Wie lautet der Deal?«
»Wenn der Heilige Vater sich in der Öffentlichkeit zeigt, wird er geschützt. Er hat ein Gefährt mit dem Kennzeichen SCV 1. Es ist von FIAT. Man nennt es das Papamobil. Eigentlich gibt es mehr als sechzig davon und man lässt es in den Ländern, die der Papst besucht für die Wiederverwendung. Für die Fahrt durch die Menge nutzt er ein besonderes Mobil, eines, mit dem man Schrittgeschwindigkeit fahren kann, und in dem er erhöht sitzt. Seit dem Attentat von 1981 ist es mit durchsichtigem Panzerglas versehen. Ratzinger nennt es liebevoll sein Papa-Auto.«
»Das ist nichts Neues.«
»Und nun plant er, ohne das Papamobil durch die Menge zu gehen. Er wird auf dem Petersplatz eine Rede halten. Völlig ungeschützt.«
Ich horchte auf.
»Er will sich dem Volk als Verkünder zeigen.«
»Eine feine Geste.«
»Und nun kommt der Deal. Man wird auf ihn schießen. Man wird ihn mit einem Maschinengewehr beschießen. Dreimal.«
»Also Selbstmord? Ganz schön crazy.«
»Eben nicht. Man wird auf ihn schießen, doch die Kugeln werden ihm dauerhaft nichts antun.«
Mir stockte der Atem.
Sie zog ein Gesicht. »Du begreifst?«
»Irgendwie schon ... Eigentlich nicht.«
»Man schießt auf ihn und er wird schwer verletzt. Es wird Blut geben und schreckliche Wunden. Man bringt ihn ins Krankenhaus. Vermutlich bewusstlos und mit dem Tode ringend. Ein paar Stunden später sind seine Wunden verheilt und er ist wieder gesund. Das alles wird von den Ärzten dokumentiert.«
»Hallo? Er lässt tatsächlich zu, dass man ihn mit Kugeln zerfetzt? Sowas nenne ich Mut. Was, wenn Freund Luzifer ihn reinlegt? Was, wenn der sich nicht an den Deal hält?«
»Er wird es.«
»Das nenne ich Fatalismus. Oder Sucht nach Macht um jeden Preis? Na gut, und wie geht es weiter?«
»Was dann geschieht, muss ich nicht erklären. Es ist ein Wunder geschehen. Niemand kann es wegreden, niemand abstreiten. Die ganze Welt ist Zeuge. Zuerst wird der Papst heiliggesprochen. Seine Macht wird unvorstellbar sein. Er wird nicht nur Gottes Vertreter auf Erden sein, sondern selbst eine Art Gott. Sein Wort wird mehr Gewicht haben, als das eines jedes Politikers. Denn er ist vor Kugeln, oder genauer, vor dem Tod gefeit, er ist gesegnet, er ist ein heiliger Mann.«
Sie keuchte und ihre Wangen waren rot.
Ich richtete mich vollends auf und schwang die Beine über den Bettrand. Und Anna fing an zu schluchzen und vergrub ihr Gesicht in meinem Schoß, der, wie ich soeben feststellte, lediglich durch ein lappiges Krankenhemd geschützt wurde.
Sie war eine gläubige Italienerin, eine gottesfürchtige Frau, die sich, vermutlich sogar ihr Leben, in den Dienst der Kirche gestellt hatte. Sie tötete für die Kirche, sie lebte dafür und es musste für sie ein Schock gewesen sein, diese Sache von Luca
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