Hardware
Stadt schmilzt. "Ich weiß", sagt sie.
Sie dreht sich um und sieht ihn an. Sie stehen in einer Ecke des Wartezimmers im Krankenhaus, ein kreisrunder Raum, der hoch über der Stadt freitragend in einer Ecke des Krankenhausturms hängt. Seine verspiegelten Fenster gehen in ein Dutzend Richtungen, wie die Facettenaugen eines Insekts. In einer Ecke plärrt ein Videogerät, auf das zwei Kubanerinnen desinteressiert starren. Es sind Schwestern, beide mit riesigen Make-up-Augen und wie Flügel gemalten Brauen. Ihr Vater ist im letzten Stadium der Huntington-Viruskrankheit. Er hat den Verstand verloren und denkt, sie seien Harpyen, die gekommen sind, um seine Leber zu fressen, während er an den Fels seiner Krankheit gekettet ist. Teilnahmslos warten sie in einiger Entfernung auf seinen Tod. Neben ihnen weint ein junger Mann leise in ein Papiertaschentuch nach dem anderen. Zerknüllte Pastellfarben liegen wie abgerissene Blüten auf dem Boden herum.
Michaels Augen sind wäßrig und rotgerändert. Seine Gesten sind zerfahren. Sarah hat den Verdacht, daß er gerade von irgendeiner Droge herunterkommt.
"Ich habe einen Job für dich", sagt er. "Es ist nicht mal was Illegales, und es wird in Gold bezahlt, und zwar sehr gut." Er nennt eine Summe, und Sarah schließt aus deren Höhe, daß ein hohes Risiko damit verbunden ist. Michael ist ein ehrenwerter Mann, zumindest für einen Drittmann, aber Mildtätigkeit gehört nicht zu seinen Eigenschaften.
Sarah geht zu einem Sessel und läßt sich hineinsinken. Orangerote Plastikkissen, die aufmunternd wirken sollen. Sie senkt den Kopf. Die Luft ist dick von abgestandenem Zigarettenrauch.
"Für wen soll ich arbeiten?" Hoffnungslos. Daud liegt in einem Zimmer ein paar Türen weiter zwischen den blinkenden Augen der LEDs an seinen Apparaten. Er ist jetzt bei Bewußtsein; der Schmerz wird von Endorphindosen überdeckt, die weit höher sind, als er sie selbst auf dem Höhepunkt seiner Sucht genommen hat. Sein Körper ist von hellem, rosarotem Gewebe gestreift, alles fabrikneu, einschließlich eines kompletten Unterarms. Seine Beine sind immer noch in Gel gepackt und warten auf die Transplantation von Gewebe und Muskeln. Und die Transplantationen warten, bis neues Geld da ist.
Sarahs Vorrat an Chloramphenildorphin geht langsam zu Ende. Es hätte knapp und sehr gefragt sein sollen, aber gerade als sie Dauds erste Rechnungen bezahlen mußte, tauchte eine neue Quelle auf, und der Preis kam jäh ins Rutschen. Normalerweise hätte sie gewartet, bis der Preis wieder gestiegen wäre, aber den zischenden Apparaten, die Daud am Leben erhielten, waren die Marktbedingungen gleichgültig... Sie hatte das Dorphin auf die Straße bringen müssen, selbst zum niedrigsten Preis seit Monaten. Sie fragt sich, ob Cunningham das irgendwie arrangiert hat.
Sie ist jetzt Gift, und sie weiß es. Ihre üblichen Einkommensquellen sind versiegt. Normalerweise arbeitet sie als Leibwächterin, aber wer will schon von jemand bewacht werden, der Feuer auf sich zieht? Und was die Spezialjobs angeht... sie hat kein Angebot bekommen. Es hat sich herumgesprochen, daß sie in Dinge verwickelt ist, mit denen kein anderer etwas zu tun haben will, daß sie einen zu auffälligen Schatten wirft. Sie kann ein paar Deals auf der Straße machen oder für andere auftreten, die selbst im Hintergrund bleiben wollen, aber das wird die Krankenhauskosten nicht decken und würde sie zudem in Gefahr bringen, sie zu sehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit rücken. Und sie wüßte dabei auch nie, ob nicht einer der Leute, für die sie die Dreckarbeit macht, darauf erpicht ist, Cunninghams Belohnung zu kassieren.
Also. "Für wen soll ich arbeiten?" Als ob die Antwort eine Rolle spielen würde.
Michael der Hetman starrt aus dem Fenster. Sein Gesicht ist von der Sonne gebleicht. "Für mich", sagt er. "Da ist so eine Sache..." Er verzieht das Gesicht und zuckt die Achseln. "Vielleicht stimmt etwas nicht damit. Ich weiß nicht recht. Alles _scheint_ in Ordnung zu sein, aber mein Gefühl sagt mir das Gegenteil. Ich möchte, daß du dabei für mich aufpaßt."
Sarah blickt zu ihm hoch und fragt sich, ob das eine weitere versteckte Warnung ist, wie die von Cunningham. Ob Michael sie vielleicht für zu heiß hält, um sie noch länger zu schützen, und zu sehr unter dem Druck der Leute steht, mit denen er Geschäfte macht. Als ob er sie auf den Präsentierteller stellen will, wo sie ein gutes Ziel abgibt. "Wer steckt mit
Weitere Kostenlose Bücher