Hardware
drin?"
Als ob _diese_ Frage eine Rolle spielte. Sie würde den Job annehmen müssen, ganz gleich, wie sehr die Sache stank.
"Ich habe die Auslieferung einer neuen Ladung übernommen." Michael runzelt die Stirn und geht zum nächsten Sessel. Seine wadenhohen weichen Lederstiefel knirschen leise, als er sich setzt. "Kristall-Computermatrizen", sagt er nachdenklich. "Fünfzehntausend Stück. Sehr gute Qualität, von einer Quelle, die noch nie so günstig geliefert hat. Vielleicht neue Jungs, die gerade auf dem großen Markt einsteigen. Oder vielleicht spielen sie auch die Drittmänner für jemand anderen. Ich kann es nicht sagen."
"Du willst, daß ich den Schutz übernehme?"
"Ja. Unter anderem." Der Hetman seufzt und reibt sich das Kinn. "Normalerweise würde ich einige Zeit brauchen, um eine solche Menge zu transportieren. Monate. Aber jemand oben im Norden hat sich an Andrei gewandt und will einen großen Posten Matrizen haben. Will dafür gutes Geld bezahlen." Seine feuchten Augen richten sich auf Sarah. "Ich sehe keinen Grund, nicht zu verkaufen. Andrei will den Deal unbedingt machen. Aber mir sind hier zu viele Zufälle im Spiel, mi hermana."
Sarah weiß, daß Andrei einer der Leutnants des Hetman ist. Sie sieht zu, wie Michael in seiner Tasche nach einer russischen Zigarette sucht.
"Kann sein, daß jemand versucht, mir eine Falle zu stellen, aber ich habe keine Ahnung, wer oder warum." Er drückt das Ende zusammen. Zündet sie mit einem zitternden Streichholz an. Seine Hände haben Leberflecken; es sind die Hände eines alten Mannes. "Die Leute, mit denen ich da im Geschäft bin, sind kleine Fische, und wenn sie uns unterwegs überfielen und die Ware raubten, würden sie nicht alt werden. Außer wenn sie Protektion haben. Aber so stark ist niemand, und ich bin im Moment mit jedem hier an der Küste befreundet. Nichts weist darauf hin, daß jemand irgend etwas plant. Also arbeitest du vielleicht umsonst für mich."
"Das glaubst du nicht wirklich, Hetman", sagt Sarah. "Sonst würdest du mich nicht anheuern. Nicht zu diesem Preis."
Er wirft ihr einen langen, ausdruckslosen Blick zu. Das Flattern seiner Augenlider ist eine nervöse Antwort auf Sarahs Worte. Der Zigarettenrauch schwebt zur Decke. Das Video hinter ihnen fängt mit einem großen Tamtam um irgendeinen neuen Kokainersatz an, der garantiert nicht süchtig macht, aus den Lautsprechern kommt das verheißungsvolle Zischen von komprimiertem Gas, begleitet von den begeisterten Ausrufen eines jungen, offensichtlich verliebten Paares. Die Zigarette wackelt in Michaels Mundwinkel, als er spricht.
"Ich engagiere einen Panzerboy", sagt er. "Wenn sie einen Überfall versuchen wollen und damit rechnen, einen Lastwagen kaputtmachen zu können, werden sie eine Überraschung erleben. Andrei wickelt die Übergabe ab und hat auch das Geld. Er wird Freunde dabeihaben, die ihn schützen, aber ich möchte, daß du in dem Panzer mitfährst. Paß bei der Übergabe auf, paß auf den Panzerboy auf! Bist du für Schußwaffen aufgerüstet?"
"Für Pistolen und Maschinenpistolen." Sie zuckt die Achseln. "Kanonen haben doch keinen Stil", sagt sie.
Er lächelt ein bißchen wehmütig, als hätte er diese Erklärung schon oft gehört und wüßte, daß Schußwaffen am Ende immer eine Rolle spielen. "Ich werde dir eine Heckler & Koch besorgen, sieben Millimeter. Willst du damit üben?"
"Wann geht's los?"
"Samstag."
"Ich übe morgen. Wenn du mir bis dahin die Kanone besorgen kannst."
"Ich schicke dir einen Jungen, der dich abholt, dich zum Schießplatz bringt und die Waffe wieder an sich nimmt, wenn du damit umgehen kannst. Wann soll er dich abholen?"
"Morgen mittag, im Plastic Girl." Der Hetman zieht an seiner Zigarette und nickt. Sarah sieht den Reflex des Videobilds in seinen Augen und hört, wie die nervtötende südamerikanische Komödie weitergeht, das rauhe Gelächter vom Band als Reaktion auf schrille Worte in Spanisch. "Ich hoffe, ich irre mich in dieser Sache, mi hermana", sagt Michael. Seine Stimme ist von russischer Traurigkeit erfüllt, die wegen ihrer Theatralik nicht weniger aufrichtig ist. "Es täte mir leid, wenn ich einen neuen Krieg erleben würde. Gerade jetzt, wo sich alles ein bißchen beruhigt zu haben scheint."
Ein Krieg würde für Sarah Arbeit bedeuten; aber sie wünscht ihn sich auch nicht. Sie weiß, daß der einzige wichtige Krieg schon vorbei ist und daß sowohl sie als auch Michael ihn verloren haben, daß es
Weitere Kostenlose Bücher