Harka der Sohn des Haeuptlings
wie das erstemal, und Harka hörte etwas pfeifen. Zugleich brüllte Sonnenregen: »Mazzawaken, Mazzawaken!« Das hieß »Geheimniseisen«, und Harka erschrak, aber zugleich erfüllte ihn eine maßlose und furchtbare Erbitterung, weil die Feinde seine Mutter getötet hatten. Er schaute auf den Vater und die anderen Krieger, die seine Mutter rächen sollten.
Die Feinde waren inzwischen auf einen Pfeilschuß nahe gekommen. Der Reiterkampf stand bevor. Auch die Männer der Bärenbande hatten sich in einer Linie ausgerichtet. Jede Partei konnte die andere leicht übersehen und zählen. Mit zweiundvierzig Kriegern standen die Dakota siebenundsechzig Kriegern der Pani gegenüber.
Die Männer der Bärenbande mußten sich hüten, daß sie in dem bevorstehenden Kampfe von der Übermacht nicht überflügelt wurden.
Harka starrte die Schar der Feinde an. Die Pani waren ebenso wie die Dakota in diesem Augenblick, in dem sie in den Kampf zogen, nur mit dem Gürtel bekleidet. Die eingesalbte Haut glänzte in der Sonne. Die rote Bemalung, die den Kampfeswillen bezeugte, verzerrte die Gesichter. Die Schädel waren im Unterschied zur langen Haartracht der Dakota kahl geschoren. Nur am Wirbel jedes Pani wippte herausfordernd die Skalplocke. Einige der feindlichen Reiter spannten die Bogen und legten die Pfeile an, andere schwenkten wieder drohend die Speere.
Harka suchte nach dem Häuptling der Feinde und erkannte ihn auch rasch an dem Bündel von Adlerfedern, das er im Schöpfe trug, und an der gefährlichen Waffe, mit der er Harkas Mutter getötet hatte. Es war ein langes Rohr mit einem großen Holzgriff, und Harka beobachtete, wie der feindliche Häuptling mit einem Stock etwas in das Rohr stieß. Der Junge sah hier zum erstenmal eine Feuerwaffe, einen Vorderlader.
Mattotaupa erhob als Antwort auf den Schuß des Pani den schrillen Kriegsruf der Dakota: »Hi-jip-jip-jip-hi-jaa!«
Alle Krieger der Bärenbande stimmten ein, so daß das Geschrei die stille Luft der Prärie aufregte wie ein Windstoß das Wasser. Die Feinde antworteten brüllend, und die Schreie brandeten widereinander. Die Hundemeute jaulte und verstärkte den allgemeinen Lärm.
»Ihr Hunde der Pani!« schrie Sonnenregen und übertönte mit seiner Stimme das unartikulierte Brüllen. »Glaubt nicht, daß ihr uns mit eurem Mazzawaken schrecken könnt! Ihr Feiglinge und räudigen Kojoten! Ihr Weibermörder! Kommt heran! Wir wollen euch zeigen, wie Männer kämpfen!«
»Ihr schmutzigen Oglala!« antwortete der Panihäuptling herausfordernd. »Geht dahin, wo ihr hergekommen seid, oder wir wollen euch den Rückweg weisen! Eure Zöpfe werden unsere Trophäenstangen zieren, und ihr werdet euch winselnd in Löchern verkriechen wie kleine Präriehunde!«
Darauf erhob sich wieder das Kriegsgeschrei, mit dem sich jeder selbst Mut machen und den anderen erschrecken wollte.
Der Panihäuptling hatte eine neue Kugel ins Rohr gestoßen und wollte die Flinte an die Wange nehmen. Da stürmte Mattotaupa schon auf seinem Schecken voran, im gestreckten Galopp direkt auf den Gegner zu.
Alle begriffen, daß zuerst die furchtbare und geheimnisvolle Waffe des gegnerischen Häuptlings, mit der er auf eine so weite Strecke einen Menschen töten konnte, unschädlich gemacht werden mußte. Wenn es gelang, sie zu erbeuten, war der Erfolg ungeheuer! Alle blickten mit äußerster Spannung auf Mattotaupa. Der Häuptling schleuderte mitten im Reiten den Speer, noch ehe der Pani zum Schuß kam.
Der Speer traf den Pani an der Schulter. Der Getroffene verlor den Halt, und die Flinte entfiel ihm. Fast wäre er rücklings vom Pferd gefallen. Ein herbeigaloppierender Reiter stützte ihn. Mattotaupa drang weiter vor, um seinen Sieg zu vollenden. Alte Antilope, der Rabe und dessen ältester Sohn ritten zu ihm heran. Auf der anderen Seite fanden sich weitere Pani bei ihrem Häuptling ein, um diesen und die wertvolle Waffe zu schützen. Die Reiterlinien gerieten dadurch in Unordnung. Diese Situation erkannte Sonnenregen schnell und nutzte sie aus. Er brach mit einigen Kriegern durch die entstandenen Lücken in die Linie der Feinde ein und griff die Pani im Rücken an. Er schoß mit dem gefiederten Pfeil einen Feind vom Pferd herunter, und ein Triumphgeschrei der Dakota begleitete diesen Kampferfolg.
Die beiden Häuptlinge und ihre Gefolgschaft waren unterdessen aneinandergeraten und kämpften brüllend miteinander. Antilope hatte die Flinte, die dem Pani entfallen war, vom Boden aufgehoben und an sich
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