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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Pfeilspitze ihm die Haut am Oberarm aufgerissen hatte, Schonka eine Beule von dem Schlag mit einer Kriegskeule, dem er eben noch hatte so weit ausweichen können, daß ihm nicht der Schädel zertrümmert wurde. Die beiden hatten sich tapfer gehalten, und jedermann wußte, daß ihre Schande, nachts beim Angriff der Wölfe den Posten verlassen zu haben, nun ausgelöscht war. Harka massierte und schwang seinen Arm, den ein Pferd mit den Hufen getroffen hatte. Der Junge hatte nicht wenig Schmerzen.
    Allein wichtig aber war ihm, daß er den Arm noch gut bewegen konnte.
    Die Bärenbande hatte auch Verluste an Kriegern zu beklagen. Vier Männer waren gefallen, zwei junge Krieger und zwei ältere, deren Frauen und Kinder nun verwaist waren. Die Mütter, Frauen und Kinder klagten. Es waren schon die Lederdecken bereitgelegt, in die die Toten eingeschlagen wurden.
    Der Abschied war kurz, denn die Bärenbande wollte sich nicht am Kampfplatz aufhalten. Sie wollte ihren Sieg ausnutzen und sogleich weiterziehen.
    Harka, Uinonah und Harpstennah standen mit Untschida zusammen bei der toten Mutter. Uinonahs große Augen wurden dunkel, und alle drei Kinder, auch Harka und Harpstennah, hätten sich am liebsten weinend über die Mutter geworfen, die ihnen durch einen einzigen fehlgegangenen Schuß für immer entrissen war. Gewiß hatte der Panihäuptling mit seiner Zauberwaffe, die sich jetzt als Beute im Besitz Harkas befand, einen Krieger töten wollen und hatte mit der sonderbaren Waffe schlecht gezielt. Nun war die Mutter tot, und die Kinder sahen sie zum letztenmal, ehe auch sie in die bergende Decke eingeschlagen wurde und in der Luft und dem weithin wehenden Wind trocknete, ohne daß die Wölfe die Tote aus einem Grab hervorzerren und zerfleischen konnten. Untschida strich Uinonah sacht über das Haar, und das Kind schmiegte sich an die Hüfte der Großmutter. Die beiden Jungen hatten sich an der Hand gefaßt. Alle wollten spüren, daß sie nun noch enger zusammengehörten, weil sie den Kampf und das Leid miteinander erlebt hatten. Endlich legte Untschida die Mutter behutsam in die haltbare, schützende Büffelhautdecke und schlug diese zu. Harka wandte sich um und schaute in die Ferne. Die Kehle war ihm zugeschnürt, aber er zuckte mit keiner Wimper. Nur wer ihn gut kannte, wußte, daß er allen Ruhm und alle Beute, die er als Junge aus diesem Kampf davongetragen hatte, gern dahingegeben haben würde, um seine Mutter wieder lebendig zu machen. So gut, um dies zu wissen, kannte ihn nur Untschida. Als Harka sich den anderen wieder zuwandte, war sie auch die einzige, der er in die Augen sah und mit einem Blick seinen Schmerz offenbar werden ließ. Untschida teilte die herbe Zurückhaltung des Jungen. Sie verriet mit keiner Gebärde und keinem Wort, daß sie wußte, was in ihm vorging. Nur ihre Augen hatten gesagt, daß sie Harka verstand. Der Junge strich noch mit einem Blick über Uinonah, das kleine Mädchen, die Schwester, die der Mutter so ähnlich sah und die er an diesem Tag noch stärker brüderlich zu lieben begann als bisher. Aber auch dies brauchte niemand zu erfahren, nicht einmal Untschida, falls sie es in ihrem großen Denken und Fühlen nicht doch von selbst erriet.
    Als Harka sich wieder mit seinen Altersgefährten, den Jungen Hunden, zusammenfand, wurde er von allen bewundert und umjubelt, da er sich wie ein Krieger verhalten und Beute gemacht hatte. Auch Sonnenregen, der Rabe, und Alte Antilope lobten ihn sehr. Aber so, wie sich bei dem Knaben Siegesfreude und Schmerz mischten, so wich bei allen Mitgliedern der Bande das Triumphgefühl des Sieges allmählich wieder den sorgenden Gedanken um die Zukunft. Niemand konnte sagen, was dieser erste Zusammenstoß mit den Pani für Folgen haben würde und ob man sich in den Prärien, die zur neuen Heimat erkoren waren, endgültig behaupten konnte.
    Mattotaupa sandte wieder nach allen Richtungen Späher aus. Dann setzte die Bärenbande ihren Zug in Richtung der Quellflüsse des Plattestromes fort. Die Prärie, auf der man sich jetzt befand, war sehr hoch gelegen und das Klima rauh. Die braunen Wiesen trugen noch einzelne Schneeflecke. Weit und breit war kein Baum und kein Strauch zu sehen. Der Wind strich ungehindert dahin. Als der Abend kam, wich das Sonnenlicht sehr rasch. Am Firmament leuchteten unzählige Sterne auf.
    Stürmisch und kalt war dieser Abend, an dem die Zelte wieder an einem kleinen Gewässer aufgeschlagen wurden. Alles verkroch sich in den Tipi. Nur die

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