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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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hereingefahren, und leise klapperte es von Dingen, die an Schlangenhäuten und Büffelsehnen im Zelt aufgehängt waren. Harka blieb nahe am Eingang stehen. Im Hintergrund rührte es sich, und der Schatten des mageren, alten Hawandschita kam herbei.
    Harka hielt ihm die Flinte hin.
    »Das ist es, was ich, Harka Steinhart Nachtauge
    Wolfstöter, dem Großen Geheimnis opfere«, sagte er dabei fest und als habe er den Wunsch, diese Angelegenheit rasch zu Ende zu bringen. »Ich habe gesprochen.«
    Der alte Zaubermann nahm die Waffe an sich. »Es ist gut so. Sie gehört dem Zauberzelt, hau.«
    Harka wartete nicht, ob Hawandschita noch mehr zu sagen habe. Er drehte sich schnell um und verließ das Tipi.
    Draußen tanzten die Frauen noch immer. Die Szene wirkte gespenstisch.
    Harka ging nicht sogleich zurück zum väterlichen Zelt. Er lief hinüber zu der Pferdeherde. Sein Freund Tschetan, der nur leicht verwundet war, hatte um diese Zeit die Wache. Die Wölfe jaulten in der Ferne den aufsteigenden Mond an.
    Harka gesellte sich zu Tschetan und streichelte den Schecken, den er nicht hatte opfern müssen, weil das Tier gebraucht wurde. Das Tier legte die weichen Nüstern an die Wange seines jungen Herrn.
    Harka sagte nichts, und Tschetan sagte auch nichts.
    Aber Harka dachte nach. Sein Pferd mußte er nicht opfern, weil es jetzt dringend gebraucht wurde. Seine Beute hatte er opfern müssen, aber es war eine Waffe, eine von den Feinden gefürchtete Waffe. Brauchte man sie etwa nicht? Und was tat der Alte im Zauberzelt damit? Warum hatte er sie sofort, in dieser Nacht noch, haben wollen, ehe Harka irgendeine Möglichkeit fand, sich damit vertraut zu machen? Harka ertappte sich selbst zuweilen bei Gedanken, durch die er sich von den anderen Knaben und Männern unterschied. Manchmal fürchtete oder verabscheute er sich selbst dabei geradezu, aber er konnte es nicht lassen, zu denken und zu fragen. Was tat der alte Zauberer mit der Waffe? Verstand er sie zu handhaben, kannte er ihr Geheimnis? Dann hatte er ein Recht darauf, denn kein anderer kannte es. Oder mußte jedes Geheimnis zu dem Großen Geheimnis gegeben werden, das dem Mann im Zauberzelt am besten bekannt war? Aber die Waffe war in der Hand des Panihäuptlings gewesen, dieser hatte sie benutzt, obgleich er kein Zaubermann war.
    Harka konnte sich über diese Fragen noch nicht allein klar werden, aber er mochte sie auch Tschetan nicht gestehen. Die Fragen bohrten in ihm wie ein Wurm im Holz. Er hatte die Waffe nicht gern hergegeben, und vielleicht lag hier der Fehler. Aber er konnte diesen Fehler in sich selbst nicht ausmerzen. Er hätte die Waffe lieber behalten. Er wollte ein Krieger werden, der mit einem Mazzawaken viel weiter schießen, treffen und töten konnte als alle pfeilbewehrten Männer. Mit überwältigender Kraft hatte sich beim Tod der Mutter dieser eine Wunsch in ihm festgefressen. Er hatte das Mazzawaken erbeutet, er, ein Knabe! Da er die Waffe jetzt aber hatte hergeben müssen, so entstand in Harka der heftige Wunsch, ein anderes Mazzawaken zu erlangen, irgendwann auf irgendeine Weise. Tag und Nacht mußte er daran denken, wie er sich wieder ein Mazzawaken verschaffen könne.
    So gestimmt verließ Harka stillschweigend seinen Freund und sein Pferd und kehrte ins Zelt zu den Seinen zurück.
    Der Vater lobte Harka wiederum, daß er nicht nur tapfer gekämpft, sondern auch das Opfer gebracht hatte. Aber Harka ließ dieses Lob viel gleichgültiger als je eine Anerkennung des Vaters vorher. Wenn er recht darüber nachdachte, so konnte der Vater auch nicht von selbst auf den Gedanken gekommen sein, daß Harka dieses Opfer bringen müsse. Dieser Gedanke war dem Kopf des alten Zauberers entsprungen. Es war nicht das erste Mal, daß Harka sich von Hawandschita ungerecht behandelt fühlte. Einst hatten die Knaben gespielt, und Harka war ihr »Zauberer« gewesen. Der Alte hatte die Kinder überrascht und Harka verdächtigt, daß er Böses plane.
     
     
     

 
Der Fremdling
     
    Als die Bärenbande an den folgenden Tagen die Wanderung fortsetzte, waren den Männern die Wunden noch fühlbarer und hinderlicher als in der Erregung des Kampfes und unmittelbar nach dem Triumph des Sieges und in der nachfolgenden Erschöpfung. Die Nachtruhe schien die Glieder steif gemacht zu haben. Mattotaupa bemerkte, daß er mit seinem verwundeten Schenkel den Hengst nicht so leicht regieren konnte wie sonst, und Sonnenregen war völlig kampfunfähig; mit Mühe hielt er sich auf dem

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