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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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Für Selene sind andere zuständig. Lassen Sie die ihre Arbeit tun und konzentrieren Sie sich auf Ihre eigene!«
    Liren hasste Selene. Sie hasste die Kompromisse, die sie jeden Tag eingehen mussten. Kompromisse waren gefährlich. Um Selene zu einer Welt umzuformen, die genügend Vielfalt bot, um Fertigungsanlagen zu erstellen und eine Gesellschaft Tausender Menschen am Leben zu erhalten, die sie brauchten, um den Teilchenbeschleuniger zu bauen, benötigten sie zu viel Nanotechnik. Das Astronaut-Programm besaß zu viele Freiheiten und hatte zu viel zu sagen. Es war zu verlockend – die KI konnte komplexe mathematische Berechnungen und Entwürfe besser durchführen als ein Mensch oder ein standardmäßiges Computerprogramm. Und so lockerten Gabriel und Captain Hunter die Fesseln, die dafür sorgen sollten, dass Astronaut in seiner kleinen Welt der interstellaren Navigation eingesperrt blieb, fortwährend weiter.
    Noch immer gedankenversunken ging Liren den Korridor zu ihrem Büro hinunter. Die John Glenn konnte nicht ewig hier kreisen. Die ehemals glatten Flanken des Schiffes waren mittlerweile durch die Einschläge von Weltraumtrümmern schon pockennarbig. Im Laufe der Jahre hatten sie zwei Gondelschiffe verloren. Die Terraformer hatten Sensoren und Material gestohlen, um sie auf Selene zu verwenden. Die schiffsinternen Systeme benötigten mit zunehmender Regelmäßigkeit Reparaturen. Es war eine Sisyphusarbeit, ihre kleine Gruppe vor der doppelten Versuchung der Technologie und der selbstzufriedenen Trägheit zu bewahren. Sie durften nicht riskieren, noch mehr Technologie einzusetzen. Die entsprechenden Möglichkeiten standen ihnen zur Verfügung; Nano hätte sie zu Göttern machen können. Aber was würde außer Kontrolle geratenes Nano auf Selene anrichten? Oder auf der John Glenn? Das war der Weg, den die arme, untergegangene Erde eingeschlagen hatte.
    Egal wie sehr sie es versuchte, Liren sah keinen Weg, die gefühlsmäßige Hinwendung der Mannschaft zu den Mondkindern abzumindern. Ratsmitglieder und Kolonisten auf der Oberfläche waren auf die Unterstützung aus den Ressourcen der John Glenn angewiesen. Die Warmen an Bord der John Glenn langweilten sich so sehr, dass sie Unterhaltung benötigten. Sie waren Gefangene der Umstände.
    Liren betrat ihren Büroraum. Der Raum war ordentlich aufgeräumt und wies glänzende Oberflächen auf, farblich in Schwarz und Weiß gehalten. Es gab so gut wie keine Dekorationsgegenstände. Liren setzte sich in ihren hohen Lehnsessel und starrte an die Wand. Sie rief auf, was sie als ihre »Erinnerungshilfen«, bezeichnete. An der Wand erschienen Artikel, Bilder und Aufzeichnungen; eine Collage, mit deren Zusammenstellung sie Jahre verbracht hatte.
    Auf Phobos: KIs mit mehr Macht als Menschen. Nachrichtenphotos von Besatzungsmitgliedern, die auf dem Weg zur John Glenn getötet worden waren. Ein Asteroid, der von entarteten Nanos in einen Albtraum von Escher verwandelt worden war – nichts als Winkel und Kanten, und keine Spur mehr von der Expedition, die eigentlich die Vorgänge dort hatte überwachen sollen. Bilder der Leif Eriksson und der Lewis & Clark, der beiden Schwesterschiffe der John Glenn. Bestimmt hatten beide Schiffe Ymir erreicht und erschufen dort eine richtige Welt. Jedes neue Bild traf Liren wie ein Hieb und bestärkte sie in ihrer Entschlossenheit, durchzuhalten. Es brachte auch ihren Magen dazu, sich stärker zusammenzukrampfen, und sie spürte den Geschmack saurer Milch im Mund.
    »Astronaut«, rief sie im Befehlston, »wie schlimm ist die Eruption? Gib mir eine Schätzung der zu erwartenden Schäden.«
    Die Stimme der KI erklang in ihrem Ohr. »Die Auswertung der Datenströme deutet darauf hin, dass es sämtlichen Personen gelungen ist, rechtzeitig die Schutzräume aufzusuchen.«
    »Ich möchte so schnell es geht einen Bericht über die Schädigung der Vegetation.«
    »Das Zusammenstellen detaillierter Informationen wird einige Momente dauern. Gabriel und Ali hatten Glück, dass sie und die Schüler den Schutzbunker rechtzeitig erreicht haben. Vielleicht sollte man den Bau weiterer Bunker in Erwägung ziehen.«
    »Ich will einen Bericht, keinen Standpunkt«, bellte Liren.
    »Ich werde eine Analyse über Aufwand und Nutzen weiterer Schutzräume erstellen«, verkündete die Stimme, »und eine verbesserte Konstruktion für die Zugangstüren entwickeln.«
    »Ich habe einen Bericht über Pflanzenschäden verlangt! Über die Schutzräume kann mich Gabriel

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