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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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Kraters entlangführte, und schaute über Camp Clarke hinweg. Ein großer Teil dessen, was er sah, war immer noch Regolithwüste; da waren die blauen Linien der Aquädukte, das geordnete Grün von Feldern, gefolgt von dem ungeordneten Grün des Urwalds, der sich jenseits der Industriestadt in die Ferne erstreckte. Auf dem Dach des Lagerhauses waren vier Gestalten damit beschäftigt, die Leichen abzutransportieren und zur Beerdigung vorzubereiten.
    Sie würden nicht das Einzige bleiben, was gestorben war. In dem Grün, das er sah, hatte ein gewaltiger Strahlungssturm Verheerungen angerichtet.
    Ymir war seinem unmittelbaren Blickfeld entglitten … er war zu einer Fata Morgana geworden, die stets außerhalb seiner Reichweite blieb. Wie wollten sie eine solche Entfernung überwinden, wenn sie nicht einmal einen Mond erschaffen konnten?
    Zögerlich begannen von überall die Datenströme wieder zu fließen. Das Datengitter als Ganzes heilte sich selbst, seine Ströme routeten sich zu einem vollständigen Netz um. Der John Glenn hatte die Eruption nichts anhaben können. Das Schiff war gegen weitaus Schlimmeres abgeschirmt – gegen interstellaren Staub bei relativistischen Geschwindigkeiten.
    Die Safe Harbor dümpelte unter ihm an der Anlegestelle; sie waren auf ihr herübergefahren und hatten sich zu fünft auf dem großen Schiff winzig gefühlt. Die Zuflucht war nicht zu sehen, sie war bedeckt von Wasser und beherbergte die paar tausend Flüchtlinge, die zuvor Camp Clarke bevölkert hatten.
    Gabriel bewegte sich in einem Kreis, schaute sich um, fühlte die warme feuchte Luft, dehnte geistesabwesend seine Arme. Er kam sich vor wie eingefroren, ohne eine klare Richtung. Wo war sein Platz auf dieser neuen Selene, auf der er von hochgeheimen Verschwörungen ausgeschlossen wurde und alte Frauen ihn als nützliches, aber fehlerhaftes Werkzeug betrachteten?
    Er dachte daran, wie berauschend es gewesen war, diesen Ort erschaffen, das Meer geformt, die Zuflucht perfekt gelandet zu haben. Und noch immer besiegte ihn Selene. Apollo mit seinen Eruptionen ebenso wie Selene selbst mit ihren Erdbeben und ihrer empfindlichen Atmosphäre.
    Die stille warme Luft trug ein Rasseln von abrutschenden Steinen zu ihm. Andere kamen in seine Richtung den Hang herauf. Gabriel beobachtete sie. John und Treesa hielten Händchen. Rachel und Ali gingen mit gesenkten Köpfen nebeneinander her und redeten; von Zeit zu Zeit machte eine von beiden eine fahrige Handbewegung.
    Rachel kam zu ihm, nahm seine Hand und führte ihn wieder hinauf, fort von den anderen. Als sie den Kamm des Kraters erreichten und hinunter auf das Meer der Zuflucht blickten, legte sie einen Arm um ihn, bevor er die Chance hatte, selbst etwas zu sagen oder zu tun.
    »Geht es dir wieder einigermaßen?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf.’ »Diese Frage treibt mich noch zum Wahnsinn. Es wird mir wiedergutgehen, okay? Es muss mir gutgehen.«
    Wo nimmst du bloß deine Hoffnung her? »Warum?«
    »Wenn meine Leute wieder unter dem Wasser hervorkommen, dann müssen sie etwas vorfinden … irgendetwas Gutes, das auf sie wartet. Beth – Beth ist tapfer und wundervoll und fürsorglich. Sarah braucht mich; sie hat ebenso viel verloren wie ich. Harry hat seinen Sohn verloren. Und ich könnte noch weiter aufzählen …« Einige Schritte lang blieb sie stumm. »Und du brauchst mich auch, glaube ich. Vielleicht nicht mich im Speziellen, aber hiernach werden wir uns alle gegenseitig brauchen; Räte, Mondkinder und Erdgeborene, alle miteinander.«
    Gabriel schaute sie verwundert an. Sie hatte ihr Gesicht dem Meer zugewandt und schaute hinunter auf die schwimmende Anlegestelle über der Zuflucht. Eine Strähne ihres roten Haars hatte sich gelöst und schwebte vor ihrem Gesicht.
    »Und die KIs auch, Gabriel. Sie sind furchteinflößend, aber sie sind auch lebendig … oder zumindest haben sie ein Bewusstsein.«
    »Aber … aber …«
    »Wenn ihr jemals von hier wegfliegen wollt, werdet ihr Astronaut brauchen.«
    »Ich dachte, du wolltest, dass wir bleiben.«
    »Und wir werden Untertan brauchen.«
    Rachel verstummte erneut, und sie gingen weiter, näherten sich wieder den Ratshöhen. Sie hatte ihn überflügelt; hatte selbst dann noch an Lösungen gearbeitet, als diese unerreichbar schienen. Gemessen daran, was sie gerade durchgemacht hatte –, einen Geliebten begraben, ebenso wie einen Feind aus Kindertagen –, sah sie ruhig und erfrischt und schön aus. Jung. Und er mit seinen 60.000 Jahren

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