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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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jedoch auf dem Scheitelpunkt der Bewegung die Hand auf den Boden aufsetzen, um seine Balance zu wahren – nur eine kurze Berührung, doch es genügte, um Kyu den Sieg aufgrund des perfekteren Laufs zuzugestehen.
    Sie ließen sich langsam ausrollen, während sie an dem gewaltigen Uferdamm des Flusses entlangliefen. Geißblattranken klammerten sich an den Uferdamm und verströmten ihren vollen und übermäßig süßen Geruch.
    Bänke und Gras machten den Uferbereich zu einer Parklandschaft. Die Lauf- und Skating-Strecke, auf der sie sich befanden, war für Trainingseinheiten bei hoher g-Zahl ausgelegt, und sie mussten drei Gruppen von Joggern ausweichen.
    Kyu bremste plötzlich ab und ließ sich auf eine weite Grasfläche plumpsen.
    Gabriel landete lachend neben ihr. »Guter Lauf!«
    »Danke. Werden Sie mir helfen, Rachel beizubringen, wie man die Bibliothek benutzt?«
    »Was passiert, wenn es schiefgeht?«, fragte er leise.
    »Vertrauen Sie mir?«
    »Gewöhnlich schon.«
    »Dann Kopf hoch!« Sie erhob sich, graziös aufgrund jahrelanger Übung; jede Perle und jede Naht an ihrer Kleidung fiel an ihren vorbestimmten Platz. »Bereit für den Rückweg?«
    Sie machten sich auf den langen Weg zurück hinauf; die Schwerkraft wurde ihnen nun zur Last, und erst in dem Maße, in dem sie zum Achterpol hin abnahm, nahm ihre Laufgeschwindigkeit wieder zu. Gabriel spürte ein Brennen in den Oberschenkeln. Er war der Erste, wenn es darum ging, sich für Erziehung und Ausbildung wie auch für eine gewisse Autonomie der Mondkinder einzusetzen. Warum also störte es ihn, wenn Kyu nicht nur seiner Ansicht war, sondern sein eigenes Vorhaben weiter vorantrieb, als er es selbst getan hätte?

KAPITEL 16
    ENTSCHIEDENE SCHRITTE
     
    Ma Liren saß im Hauptsitzungsraum. Sie trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte, schaute auf die Uhr an der Wand und bemühte sich, nicht nervös herumzurutschen. Captain Hunter saß am Kopfende des Tisches, Liren am Fußende. Über dem Kopf des Captains prangte auf einer leuchtenden Tafel in großen schwarzen Lettern der Schriftzug: »Oberster Rat der Menschheit«. Zwei der Wände waren mit Nanofarbbildern ausgestattet, die Motive aus dem Solsystem zeigten; sie wechselten hin und her zwischen dem frischen Grün des wiederaufgeforsteten südamerikanischen Regenwalds, weichen azurblauen und grünen Meereslandschaften und dem verwinkelten Schwarz und den hellen Lichtern der irdischen Orbitalwohnanlagen. Geister! Nichts davon existierte mehr! Es erinnerte Liren daran, wie vollkommen allein sie waren, wie klein, wie verletzlich.
    Kyu Ho glitt zu einem Sitzplatz neben dem Captain. Angesichts von Kyus freizügiger blauer und purpurner Aufmachung musste Liren eine Grimasse unterdrücken. Seit damals das Zeltdach über Aldrin abgebaut worden war, war Kyu kaum weniger als die Hälfte der Zeit warm geblieben, und Liren war sicher, dass sie wiederum die Hälfte dieser Zeit damit verbrachte, sich herauszuputzen. Wohl zum tausendsten Mal wünschte sich Liren die Uniformen zurück. Als sie die Erde verlassen hatten, waren sie uniformiert gewesen wie die Besatzung einer Marsmission, doch im Hinblick auf das Solsystem hatte vieles für die Sternenreisenden einen so üblen Beigeschmack gehabt, dass der Captain erlaubt hatte, die Uniformen zu recyceln, sobald sie die Umlaufbahn des Neptun hinter sich gelassen hatten.
    An jenem Tag hatte er sie für frei von allen irdischen Einflüssen erklärt, und für fähig, ihre eigene Gesellschaft zu gründen. Natürlich hätten sie eigentlich ihre lange Reise hindurch schlafen und dann auf Ymir Zivilisten werden sollen. Doch um eine neue Gesellschaft zu erschaffen war mehr nötig als der Verzicht auf Symbole. John Hunter war eigentlich ein guter Captain, aber er verstand den Zusammenhang zwischen starken Symbolen und Disziplin nicht. Sie selbst hingegen schon. Sie hätten die Uniformen wiedereinführen sollen, sobald sie entdeckt hatten, dass sie gestrandet waren.
    Liren sah, wie Kyu über irgendetwas lachte, das der Captain gesagt hatte; Kyus grazile Finger wanden sich wie Schlangen durch ihr purpurrotes Haar. Kyu war bei allen beliebt.
    Nach Kyu kam Gabriel herein und setzte sich ihr gegenüber. Von der vielen Zeit auf Selene war er dünner geworden, er war sonnengebräunt und wirkte gelassen und gesammelt; selbst sein Gang verriet körperliche Anmut. Die Art, wie er sich zu den Mondkindern hingezogen fühlte, war schon beinahe ein wenig beleidigend. Vielleicht hatte er es ja

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