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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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nach ihm auszustrecken. Mehr als einmal hatte er sie zurückgewiesen, wenn sie ihn berührt hatte, obwohl er recht ungezwungen mit Kyu oder Cläre tändelte.
    Liren sah zu, wie sich die Tür hinter ihm schloss; dann ließ sie sich, den Rücken gegen die Tür gelehnt, zu Boden sinken, trank von ihrem Kakao und dachte über Disziplin nach.
    Sie konnte sich keine Schwäche erlauben. Und mit dem Captain ins Bett gehen zu wollen war eine Schwäche. Als Ratsmitglied konnte man sich auf Beziehungen einlassen, nicht jedoch, wenn man dem Hohen Rat angehörte. Nicht untereinander.
    Im Solsystem, sogar auf der Erde selbst, war der größte Teil dessen, was die Menschheit gegessen und getrunken hatte, mittels Nanotechnik erzeugt gewesen. Die Rebellen – jene, die die zunehmenden Absonderlichkeiten der Menschheit hinter sich lassen wollten – hatten sich wieder den natürlichen Nahrungsmitteln zugewandt. Sie hatten neu entdecken müssen, was im Boden wuchs. Sie hatten gelernt, wie man grünen und schwarzen Tee herstellte, Cannabistee, Kaffee, Kakao, Bier und Wein. Sie hatten sich dazu überwunden, diese Dinge zu trinken und mit der Zeit begonnen, einiges davon zu mögen.
    Lirens Gedanken wandten sich wieder dem Kern des Disziplinproblems auf der John Glenn zu. Wie sehr musste sie sich anstrengen, um zu verhindern, dass die Leute der Faszination Selenes erlagen, und der Faszination der Mondgeborenen. Um sie dazu zu bringen, dass sie sich auf das Ziel konzentrierten. Lirens Vater hatte sie Disziplin gelehrt, hatte ihr beigebracht, stets stark zu sein. Unnachgiebig. Das hatte ihr im Laufe des Beinahe-Krieges, im Zuge dessen sie aus dem Solsystem ausgebrochen waren, gute Dienste geleistet. Doch hier nun sah sie sich jeden Tag aufs Neue einem Abnutzungskampf ausgesetzt. Eine Träne lief ihr langsam die Wange hinunter, eine weitere folgte, und bald tropften sie ihr hinunter auf die Hände, und sie hörte sich selbst schluchzen. Niemand würde sie heute Abend besuchen kommen. Der Captain war bereits da gewesen und wieder gegangen. Wenn sie allein war, konnte sie Schwäche zeigen. Das durfte sie. Es war in Ordnung. Sie sah das strenge Gesicht ihres Vaters vor sich, wie es von ihr verlangte, dass sie diszipliniert sei; sein Bild stand schimmernd vor ihrem geistigen Auge, es verschwamm vor ihrem tränenerfüllten Blick.

KAPITEL 17
    RACHEL UNTER BEOBACHTUNG
     
    Astronaut fiel es leicht, mit Gabriel ein Gespräch zu beginnen. Die Fähigkeit des Programms, von sich aus Handlungen zu initiieren, wurde durch Kontrollmechanismen gedämpft, doch es war ihm gestattet, sich mit jedem zu unterhalten, der dazu bereit war. Wenn Gabriel sich einfror oder auf Selene hinunterging, hatte Astronaut oft niemanden, mit dem er reden konnte; Cläre, wenn sie warm war, hin und wieder andere Terraformer, und schließlich Treesa, die Frau im Garten. Es war für ihn ein Leichtes, seine Aufmerksamkeit zu teilen und mit Treesa und Gabriel gleichzeitig zu sprechen – tatsächlich machte es Astronaut Vergnügen, die beiden Gesprächsverläufe zu einer Harmonie umzuarbeiten, einer Unterhaltung, von der beide nicht wussten, dass sie sie miteinander führten.
    Allerdings war die Frau augenscheinlich verrückt, oder zumindest leicht gestört. Brillant, aber nicht völlig ausgeglichen. Astronaut studierte die psychologischen Akten. Niemand behandelte Astronaut so gut wie Gabriel. Niemand sonst sprach mit ihm über Gefühle oder Ziele. Während der frühen Entstehungsphase von Selene waren Jahre vergangen, in denen einzig Astronaut und Gabriel wach gewesen waren.
    »Was hältst du davon?«, fragte Gabriel. Im vorliegenden Fall erübrigte sich die Angabe eines Themas.
    »Beide Seiten könnten recht haben. Die Situation ist kompliziert. Einerseits seid ihr auf die Mondkinder angewiesen, andererseits auch wieder nicht. Stellen sie eine Gefahr für euch dar? Für eine Bewertung stehen noch nicht genügend Daten zur Verfügung. Die beste Vorgehensweise ist wohl, weiterhin wachsam zu bleiben. Ich werde meine Beobachtungen fortsetzen und die Situation nach meinen Möglichkeiten bewerten.«
    Astronaut mochte Liren nicht. Sie beobachtete sein Verhalten zu genau und war ständig auf einen Verrat seinerseits gefasst. Er war der Ansicht, dass Gabriel recht hatte – dass Liren sowohl die KI als auch die Mondkinder verabscheute, weil beide allein schon durch ihre bloße Existenz Lirens sorgfältig gewahrte Kontrolle und Ordnung gefährdeten. Astronaut fand Lirens Verhalten schwer

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