Harold Shea 03 - Die Stählerne Festung
Kreuz hervor und begann zu murmeln.
»Schon gut«, sagte Shea. »Ich bin kein Sarazene, und außerdem bin ich ein Freund des Eremiten in den Bergen.« Er zeigte auf seinen Gefangenen. »Sehen Sie? Wir haben Roger von Carena gefangen genommen.«
Der Priester musterte Rogers Gesicht aus nächster Nähe. Roger spie aus, mit dem Erfolg, daß das schmutzige Gewand einen weiteren Flecken aufwies. Der Priester watschelte auf Shea zu.
»Ehrenwerter Herr«, sagte er, »ich erkenne, daß Ihr ein mächtiger Mann seid und ein guter Christ. Sir, vielleicht könnt Ihr uns in Eurer Macht helfen. Wir haben hier einen Dämon aus den tiefsten Tiefen der Hölle in Gestalt eines Ungeheuers, aber sein Herr, Beelzebub, der Feuerfürst, läßt nicht zu, daß er verbrennt. Wir haben schon eine Menge wertvolles Holz vergeudet, und ihm raucht noch nicht einmal das Fell.«
»Ich bin nicht sicher, daß er so böse ist, wie ihr glaubt«, entgegnete Shea. »Ist euch nicht der Gedanke gekommen, daß es sich vielleicht um einen braven Mann handelt, der verzaubert wurde?« Er trat vor und sprach mit lauter Stimme den Wolf an:
»Bist du Vaclav Polacek?«
Der Wolf bellte zweimal und nickte heftig, dann hob er zur Bekräftigung eine Pfote und zerriß die halbverbrannte Fessel. Ein allgemeines »Ooooh« ertönte aus der ängstlich zurückweichenden Menge.
»Ich dachte, Doc Chalmers hätte dir geraten, die Finger davon zu lassen«, sagte Shea zornig. »Kannst du dich losmachen?«
»Ouu! Ouuouu! Ouuouu!« antwortete der Wolf.
»Gut, halt dich eine Minute zurück, bis ich dich da raushole!« Er wandte sich an den Priester. »Wie ich gesagt habe: ein christlicher Junker unter einem Zauberbann. Ich bin Sir Harold de Shea.« Er tat sein Bestes, sich möglichst affektiert zu benehmen. Der Priester blickte ihn mit kurzsichtiger Skepsis an.
»Votsy!« rief Shea. »Der Knabe hier nimmt dir den braven Mann nicht ab. Wenn deine Fesseln durchgeschmort sind, kommst du hierher und leckst ihm die Füße.«
»Wrrrau!« heulte der Wolf und stemmte sich gegen die Fesseln. Sie gaben nach. Die Menge gab einen einstimmigen Schrekkensschrei von sich, und die Bauern wetzten auseinander, als das Tier durch die züngelnden Flammen sprang, und glühende Holzstücke in alle Richtungen flogen. Der Priester wich keinen Zentimeter, aber sein Gesicht wirkte verzerrt. Heftig befingerte er seinen Rosenkranz, als der Wolf sich niederlegte und seine Füße leckte. Nach ein oder zwei Sekunden streckte der Priester eine Hand aus und tätschelte vorsichtig seinen Kopf. Doch er zog seine Hand wieder zurück, als aus dem Tal unter ihnen das
>Rääte-tää-tät< eines Waldhorns erklang. Es klang jedenfalls wie ein Waldhorn.
Alle wandten den Blick in die Richtung. Den Hang herauf kam eine Gruppe von Reitern, angeführt von drei Männern, die schmalschäftige Lanzen mit schmutzigen Wimpeln aus gefärbter Wolle trugen. Die Fähnlein waren zu schwer, um bei dem langsamen Ritt im Wind zu flattern. Dahinter folgte der Hornbläser, und wieder dahinter drei Ritter in voller Rüstung, die Helme am Sattel festgeschnallt. Shea erkannte Graf Roland d'Anglante und Reinald von Montalban; der dritte hatte weichere Gesichtszüge und trug über der Rüstung einen Umhang, der in der Mitte rotweiß gefärbt war und von einer goldenen Spange gehalten wurde. Ihnen folgten zwanzig oder mehr bewaffnete Reiter mit Eisenhelmen und Kettenhemden. Sein Blick wurde abgelenkt, als Roger aufgrunzte. Der Paladin schien plötzlich Atemschwierigkeiten zu haben, obwohl die Schlinge lose um seinen Hals lag.
Es hatte keinen Zweck, irgend etwas zu verbergen. Kühn trat Shea in die Mitte der Straße, hob die Hand wie ein Verkehrspolizist und rief: »Hee!«
Der Hornbläser gab ein Signal, die Reiter blieben stehen. Reinald rief: »Der Turbanritter! Wie heißt er doch gleich? Sir Harold de ... du Chaile? Egal! Heil, edle Belphegor!«
»Seht nur!« sagte der Ritter mit dem Umhang mit hoher Stimme. »Roger von Carena, und in Banden. Das kann ich nicht zulassen.« Der Ritter sprang vom Pferd, und Shea bemerkte, daß >er< eine hübsche Brünette von der Größe eines Showgirls war.
Sie riß einen Dolch aus dem Gürtel. Roger versuchte offenbar, mit einem Fuß ein Loch in den Boden zu scharren, in das er sich hineinstürzen konnte. Seine Augen waren auf den Boden geheftet. Shea warf sich zwischen die beiden. »Hören Sie!« sagte er.
»Dieser Mann ist mein Gefangener.«
Graf Roland blickte gütig auf die Szene hinab.
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