Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11
Job.« Davon abgesehen, litt ich regelmäßig unter
Kopfschmerzen und zitternden Händen, und ich hatte ein merkwürdiges
Spinnennetzmuster am rechten Bein, welches schwächer als mein linkes war.
Obwohl ich regelmäßig jogge, um meine Muskeln zu trainieren, war ich wegen des
vielen Rauf- und Runterkletterns heute schon ganz wackelig auf den Beinen. Ich
lehnte mich gegen einen Baum, während ich auf die Äste und das Laub zeigte, die
Teenie Hopkins' sterbliche Überreste verbargen.
Nachdem er
unter den Ästen nachgesehen hatte, musste sich Boxleitner übergeben. Das schien
ihm peinlich zu sein, aber mir war das egal. Man muss schon sehr oft mit so
etwas konfrontiert werden, um ungerührt ansehen zu können, was die Zeit und die
Natur unseren Körpern so alles antun. Und wenn ich mich nicht sehr täusche,
bekommen Kleinstadtpolizisten nur äußerst selten derart verweste Leichen zu
Gesicht. Außerdem hatte er das Mädchen vermutlich gekannt.
»Am
schlimmsten ist es, wenn sie erst halb verwest sind«, sagte ich tröstend.
Er verstand,
was ich meinte, und nickte heftig. Ich lief zurück zum Wagen und ließ ihn
allein, damit er sich zusammenreißen und seine Formalitäten erledigen konnte.
Ich lehnte
mich an die Beifahrertür, während sich Hollis Boxleitner den Hang hochkämpfte
und mit dem Handrücken über seinen Mund wischte. Um den Fundort zu markieren,
hatte er einen orangefarbenen Plastikstreifen an jenen Baum gebunden, der der
Straße und dem Auto am nächsten lag. Er zeigte auf die Autotür und bedeutete
mir, einzusteigen. Anschließend fuhr er schweigend zurück in die Stadt. »Teenie
Hopkins war meine Schwägerin«, meinte er, während wir parkten.
Ich wusste
nicht, was ich dazu sagen sollte.
Ich ließ ihn
vor mir ins Polizeirevier gehen. Wir waren höchstens eine Dreiviertelstunde weg
gewesen, und die Versammlung hatte sich noch nicht aufgelöst. An Tollivers
angespannter Miene sah ich, dass sie ihn über mich ausgefragt hatten -
vielleicht auch über meine Erfolgsquote - und er so einiges hatte erklären
müssen. Er hasste das.
Alle sahen
uns fragend an: der Bürgermeister neugierig, der Anwalt abwartend, der Sheriff
wütend. Tolliver war erleichtert. Sybil Teague war angespannt und unglücklich.
»Die Leiche
liegt am angegebenen Ort«, sagte Hollis knapp.
»Sind Sie
sicher, dass es Teenie ist?« Mrs Teague klang verblüfft, aber auch wie von
Trauer überwältigt.
»Nein,
Madam«, sagte Boxleitner. »Nein, Madam, da bin ich mir absolut nicht sicher.
Darüber wird uns der Zahnarzt Auskunft geben. Ich werde Dr. Kerry anrufen. Für
eine inoffizielle Identifizierung wird das reichen. Und dann müssen wir die
sterblichen Überreste nach Little Rock schicken.«
Ich war mir
natürlich sicher, dass es Teenie Hopkins' Leiche war, aber das wollte Sybil
Teague jetzt auf keinen Fall noch einmal hören. Stattdessen sah sie mich
angewidert an. Das habe ich schon oft erlebt. Sie hatte mich herbeordert und
würde mir eine ordentliche Stange Geld dafür zahlen, aber glauben wollte sie
mir nicht. Sie würde sich sogar darüber freuen, wenn ich mich irrte. Außerdem
war ich sowieso nicht ihr Typ, obwohl ich ihr die Information geliefert hatte,
um die sie mich gebeten hatte ... die Information, für die sie einiges auf sich
genommen hatte, ja, für die sie mich extra nach Sarne holen ließ.
Zu Beginn
meiner Laufbahn hatte ich für so ein perverses Verhalten vielleicht noch
Verständnis gehabt, aber inzwischen konnte ich das nicht mehr aufbringen. Es
ermüdete mich einfach nur.
2
Niemand
wollte oder musste mehr mit uns reden. Allein schon mein Anblick lehrte
Bürgermeister Terry Vale das kalte Grausen. Zwar war er am wenigsten in den
Fall verwickelt - ehrlich gesagt fragte ich mich, was er überhaupt hier zu
suchen hatte. Aber die anderen schienen sehr um seinen Seelenfrieden besorgt zu
sein, so dass Tolliver und ich aufbrachen.
Eine Reihe
von Telefonaten hatte ergeben, dass Teenies Zahnarzt, Dr. Kerry, die nächsten
vier Tage nicht in der Stadt sein würde. Die Leiche konnte also nur in Little
Rock identifiziert werden. Sheriff Branscom hatte das Polizeilabor des
Bundesstaats bereits benachrichtigt. Das würde die Identität der Leiche sofort
durchgeben, sobald es sie vorliegen hatte, und erst danach mit seiner
eigentlichen Arbeit fortfahren. Da das Polizeilabor von Arkansas für seine
Langsamkeit berüchtigt ist, war das eine ziemlich gute Idee. Branscom besaß
kopierte Unterlagen zu Teenies Zahnstand,
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