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Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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zarten Hall, der fast schon etwas Tröstliches hatte,
vergleichbar mit dem Klang großer alter Trommeln in der Ferne. Obwohl die
Gräber sehr gepflegt waren, entdeckte ich im ältesten Teil ein paar umgestürzte
Grabsteine mit Inschriften, die im Lauf der Zeit verblasst waren. Diese Steine
gehörten bestimmt Familien, die inzwischen ausgestorben waren. Es gab keine
lebenden Nachkommen mehr, die sich um die Gräber kümmern konnten. Ich vertrieb
mir die Zeit, indem ich von Grab zu Grab ging, in die Tiefe spürte, um von
jeder Ansammlung von Knochen so viele Informationen wie möglich zu bekommen.
Das Bild, das ich mir von den dazugehörenden Gesichtern machen konnte, war oft
verschwommen oder unkenntlich, so als hätten die Toten selbst vergessen, wer
sie eigentlich waren. Manchmal sah ich ihre Züge klar und deutlich vor mir,
hörte einen Namen und begriff, woran der Betreffende in der Vergangenheit
gestorben war.
    »Im
Kindbett«, rief ich Tolliver zu, der halb im, halb außerhalb des Autos saß und
ein Kreuzworträtsel löste.
    »Schon
wieder«, sagte er, ohne von seinem Rätselheft aufzusehen. Es war der dritte Tod
im Kindbett, auf den ich gestoßen war.
    »Ganz schön
gruselig.« Ich ging zum nächsten Grab. Da ich es nur zum Zeitvertreib tat und
auch, weil ich in Übung bleiben wollte, ließ ich die Schuhe an. Es war ein
kühler Tag, und ich wollte mich nicht erkälten, schon gar nicht, während ich
einfach nur herumspielte. »Wusstest du eigentlich, dass Männer damals noch
nicht an Herzinfarkten starben, Tolliver?«
    »Ach ja?«
    »Zumindest
habe ich das neulich in den Nachrichten gehört. Oh! Der hier wurde von einem
Baum erschlagen, den er gerade fällen wollte.«
    »Hm, hm«,
machte Tolliver. Wahrscheinlich hörte er mir gar nicht mehr richtig zu. Ich
ging nach rechts. »Ein Asthmaanfall«, murmelte ich. »Eine Blutvergiftung von
einer Messerwunde. Scharlachfieber. Die Pocken. Grippe. Eine Lungenentzündung.«
Ich schüttelte den Kopf. Vieles davon war inzwischen heilbar oder konnte zumindest
gelindert werden. Ich verstehe die Leute nicht, die die Vergangenheit
verklären. Sie vergessen eindeutig, dass es damals noch keine Antibiotika gab.
    Das folgende
Grab war eines der ältesten. Der Grabstein war entzweigebrochen, und jemand
hatte versucht, ihn wieder zusammenzufügen. Ich konnte den Namen darauf nicht
entziffern.
    »He, eine
Schussverletzung«, rief ich Tolliver zu.
    »Das ist
Leutnant Pleasant Early«, sagte Hollis Boxleitner etwa einen Meter hinter mir.
»Er starb im amerikanischen Bürgerkrieg.«
    Wenn dort
ein offenes Grab gewesen wäre - ich wäre hineingesprungen. Tolliver riss den
Kopf hoch und ließ sein Rätsel sinken. »Wo kommen Sie denn her?«, fragte er
nicht besonders freundlich.
    »Ich habe
gerade Unkraut auf dem Grab meiner Urgroßmutter da drüben gejätet.« Hollis wies
mit dem Kopf nach Norden. Bestimmt stand da irgendwo ein Eimer mit Unkraut und
einer kleinen Schaufel neben einem Grab mit schiefem Grabstein.
    »Mitten in
den Ermittlungen zu einem Mordfall haben Sie Zeit zum Unkrautjäten?« Tollivers
Stimme klang schärfer als notwendig.
    »Das
entspannt mich.« Hollis' breites Gesicht blieb gelassen. »Außerdem ist die
Staatspolizei gekommen.«
    Ein Windstoß
wehte trockenes Laub über die Gräber. Als es über den gewundenen Kiesweg glitt,
machte es ein zischendes Geräusch. Das gefiel mir.
    »Das ist
also eine Art... Freizeitbeschäftigung für Sie?«, fragte Hollis und zeigte auf
die Gräber um uns herum.
    »Ja. So
bleibe ich in Übung.« Die meisten Menschen denken, ich müsste mich für meine
Arbeit schämen. Aber warum eigentlich?
    »Waren Sie
jemals auf einem wirklich alten Friedhof? In England zum Beispiel?«
    Ich senkte
den Kopf. »Selten. Dafür haben wir die Indianergrabhügel sowie Grabstätten von
noch älteren Völkern. Die sind ziemlich interessant. Und wir waren mal auf
einem sehr alten amerikanischen Friedhof. In Massachusetts.«
    »War es
dasselbe? Macht es einen Unterschied, ob sie schon sehr lange tot sind oder
erst vor kurzem verstorben?«
    Die Frage
gefiel mir. Nur sehr wenige wollen so genau wissen, was ich tue. »Ja,
durchaus«, sagte ich. »Ich bekomme blassere Bilder, weniger genaue
Informationen. Irgendwann möchte ich mal nach Westminster Abbey. Und nach
Stonehenge.« Da liegen bestimmt viele, die schon seit Urzeiten tot sind.
    »Meinen Sie,
Sie könnten an zusätzliche Informationen kommen, wenn Sie bei Helen Hopkins'
Haus vorbeischauen?« Der Polizist

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