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Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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starrte auf meinen Teller. Mary Nell
entschuldigte sich abrupt, um auf die Toilette zu gehen. Ich hatte nicht vor,
sie zu begleiten - was sie ohnehin nicht gewollt hätte. Also stocherten
Tolliver und ich schweigend in unserem Essen herum, bis sie mit rot verweinten
Augen und hoch erhobenem Haupt zurückkehrte.
    »Danke für
das Abendessen«, sagte sie steif. Wir hatten darauf bestanden, sie einzuladen.
»Hat mich gefreut.« Dann lief sie mit weit aufgerissenen Augen aus dem
Speisesaal und bemühte sich, nicht zu blinzeln.
    Ich sah, wie
sie aus der Parklücke fuhr. Ich war etwas überrascht, dass ich mir tatsächlich
Sorgen um das Mädchen machte. Ihr ganzes Leben war ein einziger Trümmerhaufen,
und das machte sie vielleicht unvorsichtig. Mädchen, die nicht auf sich achten,
kann so einiges passieren. Ich finde jedes Jahr aufs Neue ihre Leichen.
    Wir kehrten
so früh in unser Motel zurück, dass mir vor meiner Verabredung noch genügend
Zeit blieb, mir die Haare zu kämmen und ein bisschen Parfüm aufzulegen.
Tolliver sah mir wortlos dabei zu, sein Gesicht wirkte im Halbdunkel des
Zimmers besonders markant. »Hast du dein Handy dabei?«, fragte er. »Ich lasse
meines an.«
    »Ist gut«,
sagte ich. Tolliver ging in sein Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich.
    Hollis war
pünktlich zur Stelle. Als ich ihm aufmachte, sagte er: »Sie sehen hübsch aus.«
Er klang überrascht, was nicht sehr schmeichelhaft für mich war. Ich hatte
Jeans an, eine schwarze Bluse und schwarze Schuhe mit hohen Absätzen. Um den
Hals trug ich eine goldene Kette mit einem Anhänger aus Jade, die ich mir selbst
geschenkt hatte, nachdem ich eine Bonuszahlung von einem verzweifelten Ehemann
erhalten hatte, der vier Jahre lang nach der Leiche seiner Frau gesucht hatte.
    Hollis sah
ebenfalls sehr gut aus, solide und blond, in einer neuen Jeans und einem
beige-braun karierten Hemd. Er hatte sich rasiert und duftete nach irgendeinem
Aftershave. Er hatte sich Mühe gegeben. Vielleicht wurde das doch noch eine
richtige Verabredung.
    Wir fuhren
zu einer kleinen Kneipe im Norden der Stadt. Sie war mit dunklem Holz
verkleidet und mit Plastikbändern geschmückt, die zwischen dem Gebäude und
einigen Bäumen sowie Laternenpfosten im umgebenden Kiesgarten gespannt worden
waren. Hätten die bunten dreieckigen Fähnchen im Wind geflattert, so hätte das
bestimmt ganz heiter und festlich gewirkt. Aber in der kühlen, ruhigen
Nachtluft wirkten die Fähnchen eher deprimierend, wie einsame Zeugen eines
abgesagten Festes.
    Die
Inneneinrichtung war schöner, als ich es von außen erwartet hätte. Die Bar
selbst bestand aus poliertem Holz, und der Boden war erst vor kurzem mit
Eichenlaminat renoviert worden, was wirklich gut aussah. Die Tische und Bänke
waren sauber. Die Kneipe war im Stil einer Jagdhütte dekoriert, mit Geweihen
und riesigen Fischen an den Wänden, die sich mit Spiegeln und alten Nummernschildern
abwechselten. Aus der Jukebox kamen Country- und Westernsongs.
    Das Lokal
gefiel mir, und ich lächelte. Hollis fragte, ob ich in einem der kleinen
Separees oder an einem Tisch Platz nehmen wollte, und ich entschied mich für
ein Separee. Er fragte, was ich trinken wolle, und als ich meinte, ein Bier
wäre gut, ging er zur Bar und kehrte mit zwei Flaschen und Gläsern zurück. Er
brachte auch zwei Servietten mit, von denen er eine feierlich auf dem Resopal
vor mir ausbreitete, bevor er mein Glas darauf abstellte. Ich verkniff mir ein
Lächeln.
    So viel zum
Vorspiel.
    »Was machen
Sie sonst noch gern?«, fragte er. »Wenn Sie so unterwegs sind?«
    Nicht gerade
die Gesprächseröffnung, die ich erwartet hatte. »Ich lese gern«, meinte ich.
»Manchmal versuchen wir, uns einen Film anzusehen. Ich jogge. Ich sehe fern.
Ich schau mir gern Basketball an, da ich in der Highschool selbst etwas
gespielt habe. Und ich plane mein Traumhaus.«
    »Erzählen
Sie mir von Ihrem Traumhaus«, sagte Hollis lächelnd.
    »Na gut«,
meinte ich zögernd. Ich rede nicht sehr oft darüber. »Es muss natürlich auf dem
Land liegen. Ich will, dass es wie ein Blockhaus aussieht, aber ohne die
Unbequemlichkeiten eines echten Blockhauses. Ich habe einen Bauplan im Internet
gefunden, und den habe ich gekauft. Aber natürlich will ich ihn ein wenig
abändern.«
    »Natürlich«,
sagte er und nahm einen Schluck von seinem Bier.
    »Es soll ein
Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer und ein Arbeitszimmer haben. Und eine Küche, von
der es direkt in den Waschraum geht.« Ich sah auf den Tisch

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