Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
nur an mich gedacht. Dass ich
Tolliver dringend brauchte, Angst vor Panikattacken hatte und nicht wusste, wie
um Himmels willen ich ohne ihn zurechtkommen sollte. In diesem Moment begriff
ich, dass ich mich vor etwas völlig Falschem gefürchtet hatte. Ich erkannte,
dass Tolliver diesem Hilfssheriff vollkommen ausgeliefert war, einem Idioten
mit Machtbefugnis.
    Tolliver
versuchte um den Wagen herum auf mich zuzugehen, aber der Hilfssheriff riss ihn
sofort an seinen Handschellen zurück.
    Ich musste
mich schwer beherrschen und ganz darauf konzentrieren, das vollkommen
verängstigte Kind in mir dahin zurückzuschicken, wo es hergekommen war. Ich
atmete tief und gleichmäßig ein und aus. Ich musste mich auf Tolliver
konzentrieren, nicht auf mich und meine zitternden Hände. So langsam begann
mein Gehirn wieder zu funktionieren. Vielleicht noch nicht ganz optimal, aber
ich konnte immerhin wieder den ein oder anderen klaren Gedanken fassen.
    Ich sah
Bledsoe direkt in die Augen. »Wenn Tolliver in Ihrem Gefängnis auch nur das
Geringste zustößt, wäre das sehr, sehr bedauerlich.« Das war doch keine Drohung,
oder? Ich wollte ihm schließlich keinen Vorwand liefern, mich auch noch
einzulochen.
    »Ich werde
mir jetzt das Handy von meinem Bruder holen. Es steckt in seiner Jackentasche«,
sagte ich mit einer Stimme, die kaum mehr war als ein Flüstern. Ich legte meine
Handtasche auf die Motorhaube, um zu zeigen, dass ich unbewaffnet war. Niemand
rührte sich, als ich mit erhobenen Händen langsam zu Tolliver ging. Ich
wünschte dem Hilfssheriff die Pest an den Hals. Ich wollte auf seinem Grab
stehen. Die ganze Zeit sah ich ihm fest in die blauen, wässrigen Augen. Seine
Lider begannen zu flattern, und er sah schnell weg auf sein Polizeiauto, als
habe die nörgelnde Stimme aus dem Radio seine Aufmerksamkeit erregt.
    Ich ließ
meine Hand in Tollivers Jackentasche gleiten und zog das Handy heraus.
    »Ich bin
stolz auf dich«, murmelte er, und ich lächelte tapfer zu ihm hoch. Ich lehnte
kurz den Kopf an seine Schulter und richtete mich wieder auf. Ich lächelte so
breit wie möglich, während Tolliver vom Hilfssheriff auf den Rücksitz seines
Polizeiautos geschoben wurde. Dann stieg er selbst vorne ein. Ich sah zu, wie
er den Rückwärtsgang einlegte, wendete und mit Tolliver davonfuhr.
    Ich
verharrte reglos an Ort und Stelle, bis der Mann vom Autozubehörladen herauskam
und fragte, ob alles in Ordnung sei.
     

12
     
    Ich fuhr
besonders langsam und vorsichtig zum Motel zurück. Ich kam mir vor, als hätte
man mir die rechte Hand amputiert oder einen meiner Füße. Ich fühlte mich
schutzlos ausgeliefert und so verletzlich, als trüge ich eine Zielscheibe auf
dem Rücken.
    Als ich
wieder auf meinem Motelzimmer war und die Tür hinter mir abgeschlossen hatte,
spürte ich, dass ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. Mein rechtes
Bein, das vor Jahren durch den Blitz beschädigt worden war, zitterte, und ich
konnte es kaum belasten. Aber ich riss mich zusammen, wenn auch mit letzter
Kraft. Ich starrte in den Spiegel über dem Waschbecken. »Ich gebe nicht auf«,
sagte ich laut. »Ich gebe nicht auf, denn ich bin die Einzige, die Tolliver da
rausholen kann.« Nachdem ich mich etwa eine Minute lang angestarrt und mir Mut
zugesprochen hatte, fühlte ich mich schon etwas besser. Ich sah aus wie jemand,
der das durchstehen kann.
    Ich rief Art
Barfield an. Art war weder berühmt noch war er Partner einer großen Kanzlei. Da
er aus einer alteingesessenen, wohlhabenden Familie stammte, war er im Süden
gut angesehen, während er in Atlanta hauptsächlich als Exzentriker galt. Die
beiden anderen Anwälte seiner Kanzlei waren kaum traditioneller eingestellt als
Art.
    Seine
Sekretärin war ziemlich taff und gar nicht begeistert, als ich verlangte,
direkt zu Art durchgestellt zu werden. Aber nachdem sie mit ihrem Chef
Rücksprache gehalten hatte, hörte ich seine laute Stimme mit dem südlichen
Akzent, und meine Anspannung ließ gleich ein wenig nach.
    »Wo steckst
du, Liebes?«, fragte Art.
    »In Sarne,
Arkansas.«
    »Gott
Allmächtiger, was zum Teufel hast du denn da verloren?«
    Beinahe
musste ich grinsen. »Wir hatten hier einen Auftrag. Aber es gab Komplikationen.
Als wir aus dem Autozubehörladen kamen, stand plötzlich dieser verdammte
Hilfssheriff da und hat Tolliver verhaftet.« Ich erklärte ihm das mit dem
angeblichen Haftbefehl und dem kaputten Rücklicht.
    »Hm.
Tolliver sitzt also im Gefängnis?«
    »Ja.« Das
war fast

Weitere Kostenlose Bücher