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Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Titel: Harper Connelly 04 - Grabeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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halb fünf Uhr morgens. Ich hatte das Abendessen und die ganze Nacht verschlafen. Kein Wunder, dass ich jetzt hellwach
     war. Ich stapelte Kissen in meinem Rücken und machte den Fernseher an, den ich bewusst leise laufen ließ. Die Nachrichten
     kamen nicht infrage: Es sind immer schlechte Nachrichten, und ich wollte kein weiteres Blutvergießen oder andere Grausamkeiten
     sehen. Ich fand einen alten Western. Es war unheimlich beruhigend zu sehen, wie die Guten siegten. Wie die verhärteten Saloon-Flittchen
     ihr goldenes Herz offenbarten und Leute, wenn sie angeschossen wurden, wie durch ein Wunder nicht bluteten. Diese Welt gefiel
     mir deutlich besser als die, in der ich lebte, und ich genoss es, sie zu besuchen, vor allem in den frühen Morgenstunden.
    Nach einer Weile muss ich wieder eingeschlafen sein, denn um sieben wachte ich erneut auf. Der Fernseher lief immer noch,
     und die Fernbedienung lag lose in meiner Hand.
    Nachdem ich geduscht und mich angezogen hatte, ging ich nach unten zum Frühstücksbuffet, das im Preis inbegriffen war. Wenn
     ich nicht bald regelmäßiger aß, würde ich noch zusammenklappen. Ich verzehrte eine große Portion Haferflocken mit Obst und
     trank anschließend zwei Tassen Kaffee. Dann ging ich wieder auf mein Zimmer, um mir die Zähne zu putzen. Make-up kam nicht
     infrage, da mein Gesicht so viele Schnittwunden aufwies. Aber ich schaffte es, ein wenig Lidschatten und Wimperntusche aufzutragen.
     Als ich das Resultat im Badezimmerspiegel begutachtete, verzog ich das Gesicht. Ich sah aus wie ausgespuckt. Am besten, ich
     gab es auf, mein Aussehen verbessern zu wollen.
    Es wurde Zeit, aufs Polizeirevier zu gehen, um die Bänder aus dem Einkaufszentrum in Texarkana anzuschauen. Mein Magen zog
     sich nervös zusammen. Ich hatte mich bemüht, zu verdrängen, dass Cameron gesehen worden war. Aber als ich meine Vitamintabletten
     nahm, sah ich, dass meine Hände zitterten. Ich hatte im Krankenhaus angerufen, um mich nach Tolliver zu erkundigen. Die Schwester
     hatte gesagt, dass er die Nacht mehr oder weniger durchgeschlafen hätte, also konnte ich den Krankenbesuch guten Gewissens
     auf später verschieben.
    Der Schlaf und das Essen hatten mir gutgetan, und ich fühlte mich wieder mehr wie ich selbst, trotz meiner Nervosität. Das
     Polizeirevier befand sich in einem einstöckigen Gebäude, das aussah, als hätte es klein angefangen und anschließend Wachstumshormone
     genommen. Man hatte einige Anbauten hinzugefügt, trotzdem platzte es eindeutig aus allen Nähten. Ich tat mich schwer, einen
     Parkplatz zu finden, und als ich gerade aus dem Wagen stieg, begann es zu regnen.Erst nieselte es nur, aber als ich überlegte, ob ich den Schirm mitnehmen sollte oder nicht, begann es zu schütten. Ich nahm
     den Schirm und spannte ihn in Rekordzeit auf. So gesehen war ich nicht allzu nass, als ich die Empfangshalle betrat.
    Auf die eine oder andere Art habe ich schon viel Zeit auf Polizeirevieren verbracht. Egal, ob sie nun neu oder alt sind –
     sie ähneln sich alle. So wie Schulen und Krankenhäuser.
    Es gab keinen geeigneten Ort, um meinen Schirm zu verstauen, also musste ich ihn mitnehmen. Ich hinterließ überall Tropfspuren
     und wusste, dass der Hausmeister heute noch viel zu tun haben würde. Die Latina hinter dem Tresen war schlank, muskulös und
     sehr professionell. Über eine Gegensprechanlage rief sie Detective Flemmons, und ich musste nur wenige Minuten auf ihn warten.
    »Guten Morgen, Miss Connelly«, sagte er. »Kommen Sie mit.« Er führte mich in ein Labyrinth aus Arbeitsplätzen, die durch brusthohe
     Trennwände voneinander abgeschirmt waren. Als wir hindurchgingen, merkte ich, dass jeder Arbeitsplatz nach dem Geschmack seines
     Benutzers dekoriert war. Sämtliche Computer waren schmutzig: Die Tastaturen waren verklebt, die Bildschirme dermaßen eingestaubt,
     dass man die Augen zusammenkneifen musste, um überhaupt etwas zu erkennen. Stimmengewirr hing über dieser Arrestzelle wie
     eine Rauchwolke.
    Das war kein angenehmer Ort. Obwohl mich die Polizei oft für eine Betrügerin und Schwindlerin hält, weshalb ich mit einzelnen
     Beamten oft nicht gut klarkomme, bin ich insgesamt schon sehr froh, dass es Leute gibt, die diesen Job machen. »Sie müssen
     sich den ganzen Tag Lügen anhören«, dachte ich laut. »Wie halten Sie das bloß aus?«
    Rudy Flemmons drehte sich um und sah mich an. »Dasgehört einfach dazu«, sagte er. »Irgendjemand muss sich ja zwischen die

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