Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Harper Connelly 04 - Grabeshauch

Titel: Harper Connelly 04 - Grabeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
anonyme
     Anrufer jemand, der mit mir und Cameron die Highschool besucht hat? Jemand, der sich aufrichtig getäuscht hat? Oder war es
     nur irgendein Verrückter, der uns an der Nase herumführen will?«
    »Und warum ausgerechnet jetzt?«, fragte Tolliver und sah mich an. Aber diese Frage konnte ich ihm auch nicht beantworten.
    »Ich wüsste nicht, was das mit Rich Joyce und seiner Pflegerin zu tun haben sollte«, sagte ich. »Aber das Timing ist wirklich
     eigenartig.«
    Wir wussten nicht, was wir sonst noch zu dieser merkwürdigen Häufung von Vorfällen sagen sollten. Nach einer Weile fand ich
     Tollivers Kamm in einer Tasche seiner Jeans, die im Schrank hing. Sie war etwas fleckig. Ein neues Hemd brauchte er sowieso.
     Ich nahm mir vor, frische Sachen mitzubringen, wenn er aus dem Krankenhaus entlassen würde.
    Als ich begann, seine Haare zu kämmen, merkte ich natürlich, dass sie ungewaschen waren. Ich überlegte, wie ich sie waschen
     konnte. Mit etwas Fantasie, einer sauberen Bettpfanne, zusätzlichem Verbandsmaterial, das man gebracht hatte, falls seine
     Schulter nachblutete, und einem kleinen Fläschchen Shampoo vom Krankenhaus gelang es mir schließlich. Ich half ihm auch beim
     Rasieren und Zähneputzen und wusch ihn mit einem Schwamm, was zu meiner Überraschung in eine ziemlich obszöne Aktion ausartete.
    Danach war er sehr entspannt, schläfrig und glücklich und meinte, dass er sich schon viel besser fühle. Ich kämmte sein feuchtes,
     dunkles Haar und küsste ihn auf seine glatte Wange. Er hatte gerade eine seiner bartlosen Phasen.
    Ich war kaum damit fertig, als eine Schwester hereinkam, um ihn zu baden. Als ich sagte, das wäre bereits erledigt, zuckte
     sie nur die Achseln.
    Im Krankenhaus vergeht die Zeit unendlich langsam. Doch bevor ich Tolliver von Victorias Anruf erzählen konnte, schlief er
     ein. Ich wollte ihn auf keinen Fall wecken, da der überwiegende Teil des Tages noch vor uns lag. Ich machte selbst ein Nickerchen
     und wurde mühsam wach, als um halb zwölf Tollivers Tablett mit dem Mittagessen gebracht wurde.
    Noch so eine aufregende Abwechslung. Ich schnitt sein Essen klein – viel gab es da ohnehin nicht zu schneiden – und steckte
     einen Strohhalm in sein Glas. Er freute sich dermaßen, wieder feste Nahrung zu sich nehmen zu können, statt nur am Tropf zu
     hängen, dass ihm sogar das Krankenhausessen hochwillkommen war. Als ich mir sicher war, dass er genügend gegessen hatte, rollte
     ich den Tisch weg und reichte ihm die Fernbedienung für den Fernseher. Es wurde Zeit, dass ich mir selbst etwas zu essen besorgte.
    »Du musst hier nicht den ganzen Nachmittag herumsitzen«, sagte Tolliver.
    »Nachdem ich etwas gegessen habe, werde ich den Nachmittag mit dir verbringen«, sagte ich in einem Ton, der keine Widerrede
     zuließ. »Um halb sieben treffe ich Victoria zum Abendessen und werde wahrscheinlich nicht noch mal wiederkommen.«
    »Gut. Ich will nicht, dass du hier den ganzen Tag eingepfercht bist. Du willst bestimmt laufen gehen, den Fitnessraum des
     Hotels ausprobieren oder so.«
    Da hatte er nicht ganz unrecht. Ich bin es zwar gewohnt, länger still zu sitzen, ganz einfach, weil wir so oft im Auto unterwegs
     sind. Aber ich bin es auch gewohnt, jeden Tag zu trainieren, und meine Muskeln waren steif.
    Ich holte mir einen Salat in einem Fastfoodlokal und genossdas geschäftige Treiben um mich herum. Es fühlte sich komisch an, allein dort zu sein, was mir allerdings gleich weniger ausmachte,
     als ich sah (und hörte), wie sich am Nebentisch eine Mutter mit drei Vorschulkindern herumplagte. Ob sich Tolliver wohl Kinder
     wünschte? Ich wollte keine. Ich hatte bereits zwei Babys gehabt, um die ich mich kümmern musste, nämlich meine kleinen Schwestern.
     Ich hatte keine Lust, das noch einmal zu erleben. Und obwohl ich nicht aus dem Leben meiner Schwestern verbannt werden wollte,
     wollte ich auch nicht für sie verantwortlich sein.
    Nicht einmal, als ich sah, wie der kleinste Junge seine Mutter spontan umarmte und küsste, bekam ich Lust, ein fremdes Wesen
     in meinem Körper zu beherbergen. Musste ich deswegen ein schlechtes Gewissen haben? Wünschte sich nicht jede Frau ein eigenes
     Kind, das sie lieben konnte?
    Nicht unbedingt, dachte ich. Außerdem gibt es wahrhaftig genügend Kinder auf der Welt. Da muss ich nicht auch noch welche
     kriegen.
    Tolliver war wach und sah sich ein Basketballspiel an, als ich wieder in sein Zimmer kam. »Mark hat angerufen, während

Weitere Kostenlose Bücher