Harpyien-Träume
haben?«
»Tun sie doch gar nicht«, wandte Mark ein. »Die erwarten von uns, daß wir scheitern und uns vor ihnen lächerlich machen.«
»Ja, jetzt erinnere ich mich«, steuerte Metria bei. »Die haben die Leute von der Schwarzen Welle angeheuert, um dieses Stadion zu bauen, und nun locken sie Fremde hierher und zwingen sie dazu, etwas vorzuführen. Danach bestrafen sie die Fremden, wenn die Vorführung nicht gut genug war. So bringen die ein wenig Abwechslung in ihren langweiligen Alltag.«
»Und Fracto ist mit von der Partie!« stieß Gloha hervor. »Natürlich!«
»Wie bestrafen sie denn die Versager?« wollte Mark wissen.
»Indem sie einen ihrer Gesamtflüche auf sie loslassen. Die Opfer sind davon so benommen, daß sie kaum noch davontorkeln können. Und es kann sehr lange dauern, bis sie wieder voll funktionstüchtig sind.«
Trent runzelte die Stirn. »Ich glaube, die Fluchungeheuer haben noch eine kleine Lektion vor sich.«
»Andererseits ist das auch nicht schlimmer als das, was Drachen oder Kobolde ihren Gefangenen antun«, wandte Griesbogen ein. Er blickte Gloha an. »Anwesende ausgenommen.«
Trent nickte wieder. »Deine Toleranz ehrt dich. Aber wenn wir nicht in der Lage sind, eine Vorstellung zu bieten, die sie zufrieden stellt, noch dazu in einer unzulässig kurzen Frist, wie ich finde, werde ich bestimmt nicht stillsitzen und Däumchen drehen, während sie ihren Fluch loslassen. Dann werde ich etwas unternehmen müssen!«
»Ja. Beispielsweise könntest du einen von ihnen in eine Sphinx verwandeln, die dann die anderen zu Brei zertrampelt«, meinte Metria begeistert.
»O nein, das wäre nicht nett«, protestierte Griesbogen. »Wir müssen dem Problem einfach dadurch aus dem Weg gehen, daß wir eine anständige Vorstellung bieten.«
»Ich habe noch nie einen so friedlichen Riesen gesehen wie dich«, versetzte die Dämonin, und das meinte sie nicht als Kompliment.
»Das liegt nur daran, daß die anderen Riesen unsichtbar sind. Deshalb konntest du sie gar nicht sehen«, wandte Griesbogen durchaus vernünftig ein. »Die wenigsten von uns möchten den kleinen Leuten Unbehagen antun. Deshalb zertrampeln wir ja auch nicht ihre Dörfer und Äcker. Wir möchten nur in gegenseitiger Harmonie leben.«
Je mehr Gloha über die Riesen zu hören bekam, um so mehr wuchs ihr Respekt. Doch jetzt war nicht die Zeit für Nebensächlichkeiten. »Was sollen wir denn auf die Schnelle für ein Stück spielen? Noch dazu eins, in dem jeder von uns eine Hauptrolle hat? Dazu fällt mir überhaupt nichts ein.«
»Etwas Schlichtes, würde ich sagen«, meinte Trent. »Vielleicht sollten wir eine bekannte Fabel oder Geschichte vorführen. Es müßte doch eine geben, in der für jeden von uns eine geeignete Rolle vorkommt.«
»Auch für einen Riesen?« fragte Griesbogen interessiert.
»Jakob und die Bohnenstange!« rief Gloha. »Nur daß da ein bösartiger Riese mitspielt.«
»Na ja, vielleicht könnte ich ja mal so einen Riesen darstellen, solange es nur im Theaterstück ist.«
»Aber in dieser Geschichte kommen keine Dämonen vor«, protestierte Metria.
»Dann vielleicht Aladin und die Wunderlampe«, schlug Gloha vor. »Da könntest du den Lampengeist spielen. Und Trent wäre der Aladin.«
»Oder das Märchen vom Flaschengeist«, stimmte die Dämonin genüßlich zu. »Mit einem weiblichen Geist. Jedesmal, wenn er die Flasche entkorkt, kommt sie hervorgeraucht und küßt ihn.«
»Aber in diesen Geschichten kommt kein Riese vor«, wandte Griesbogen ein.
»Und überhaupt keine Koboldmädchen«, fügte Gloha hinzu.
»Und auch kein wandelndes Skelett«, ergänzte Mark.
Trent kratzte sich den Hinterkopf. »Kennt denn irgend jemand eine Geschichte, in der ein Riese, eine Dämonin, ein Mensch, ein Skelett und ein Flügelkobold vorkommen?«
Darauf wußte keiner eine Antwort. »Vielleicht könnte ich ja ein anderes Mädchen spielen«, schlug Gloha schließlich vor. »Eine Fee vielleicht, oder sogar ein Menschenmädchen, wenn ich so tue, als wären meine Flügel ein weißer Mantel.«
»Oder eine Prinzessin«, warf Griesbogen ein. »Prinzessinnen kommen in vielen Geschichten vor. Und die Dämonin könnte auch irgendeine andere Gestalt annehmen, beispielsweise die eines Frosches in ›Der Froschprinz‹.«
»O ja«, willigte Metria ein. »Vielleicht die Froschprinzessin, die den kleinen Prinzen heiratet.« Wieder sah sie Trent an.
»Aber welche Gestalt soll ich denn dann annehmen?« fragte Mark in einem etwas
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