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Harpyien-Träume

Titel: Harpyien-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
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allergrößte Demütigung angetan, indem er ihre am leic h testen zu erkennenden Merkmale unberührt ließ, so daß jeder ihrer Schande gewahr werden konnte.
    Sie kehrte zur Hintertür zurück, öffnete sie und schob ihren u n ansehnlichen Körper hindurch. Sie war durstig. Vielleicht fand sie hier einen Schluck Wasser. Müde war sie auch; vielleicht gab es hier ja ein bißchen Heu, um sich darauf zu betten. Immer vorau s gesetzt, daß sie sich mit diesem tolpatschigen, klobigen Witz von einem Körper überhaupt hinlegen konnte.
    »Wer ist da?«
    Oh! Sie hatte geglaubt, die Scheune sei leer. Cynthia versuchte, sich hinauszuschleichen, schlug dabei aber mit ihrem riesigen, ha a rigen Rumpf gegen den Türpfosten und machte einen Lärm, der nicht zu überhören war. Sie versuchte zu wenden, um mit dem Kopf voran zu fliehen, doch in diesem schmalen Gang war nicht genug Platz. Sie steckte fest, während der Bauer aus dem Innern der Scheune auf sie zukam.
    Da erschien er auch schon um die Ecke. »Sag was, sonst spieß' ich dich mit meiner Mistgabel auf«, knurrte er und blinzelte in ihre düstere Ecke hinüber.
    »Oh, bitte, Herr, tu mir nicht weh!« flehte sie. »Ich versuche g e rade, aus deiner Scheune zu kommen!«
    »Das ist ja ein Mädchen!« sagte der Bauer überrascht.
    »Nein, ein Ungeheuer. Bitte, laß mich gehen, dann werde ich dich auch ganz bestimmt nie wieder belästigen.«
    »Du hörst dich aber mächtig nach einem Mädchen an. Laß mich dich mal ansehen.«
    »Nein, bitte! Bitte schau mich nicht an! Ich bin furchtbar haarig und sehe ganz scheußlich aus.« Sie versuchte, ihr Gesicht zu ve r bergen, obwohl das nun gerade nicht der haarige Teil war.
    Der Bauer erschien vor ihr. Er gaffte. »Aber du bist ja ein Ze n taurenfohlen! Was hast du denn hier zu suchen?«
    Cynthia stutzte. »Ein… was?«
    »Ein Zentaur. Kennst du etwa deine eigene Art nicht? Was willst du in meiner alten Scheune?«
    Ein Zentaur! Plötzlich begriff sie, daß der Mann recht hatte. Die vier pelzigen Beine mit ihren Huf-Füßen! Der haarige Schweif! Der riesige Bauch! Der Menschenkopf und -oberkörper!
    »Das war mir gar nicht klar«, sagte sie. »Der Böse Magier hat mich in eine Zentaurin verwandelt. Nur… und was ist das hier?« Sie breitete die angelegten weißen, gefiederten Auswüchse an i h rem Rücken aus.
    »Das sind ja Flügel«, meinte der Bauer staunend. »Du bist eine fliegende Zentaurin!«
    »Dann werden mich nicht einmal die Zentauren als ihresgleichen akzeptieren«, sagte Cynthia, als ihr klar wurde, wie durch und durch bösartig der Magier sie bestraft hatte. Nun war sie eine Au s gestoßene, sowohl unter den Menschen als auch beim Zentaure n volk, weil es in ganz Xanth kein anderes Wesen ihrer Art gab.
    »Der Böse Magier hat dir das angetan? Warum denn?«
    »Ich habe versucht, ihn zu täuschen, weil ich nicht wollte, daß er unser Land an sich reißt. Aber er hat sich nicht reinlegen lassen und mich statt dessen verwandelt. Damit ist mein Leben endgültig verpfuscht!«
    Der Bauer nickte. »Sieht ganz so aus. Also gut, du kannst die Nacht hier verbringen. Ich habe hier einen Stall, den ich im A u genblick nicht brauche. Ich bringe dir was zu essen. Wasser gibt es im Stall.« Er zeigte ihr den Weg in die Scheunenmitte.
    Dort fand sie einen Eimer mit frischem, kühlem Wasser und tauchte die Hände ein, um ein paar Schluck zu schöpfen. Es war wunderbar erfrischend. Dann kehrte der Bauer mit Murrbrot z u rück. Der Laib war verzerrt und schien eine Grimasse zu ziehen, aber das gehörte bei dieser Sorte Brot nun mal dazu. Mit Hei ß hunger biß sie hinein, und es schmeckte sehr gut.
    »Ach, wie kann ich dir jemals danken?« fragte sie, als sie sich – etwas spät – auf ihre Manieren besann.
    »Was kannst du denn?«
    »Früher konnte ich gut mit Kindern umgehen. Die Kinder haben mich genauso ernst genommen wie ihre Eltern, deshalb konnte ich gut auf sie aufpassen.«
    »Na ja, ich habe einen kleinen Jungen. Aber der ist so ein Laus e bengel, daß sich niemand mehr um ihn kümmern mag. Er hat die Gabe, alle Dinge scheitern zu lassen. Vielleicht hat er einfach nur zuviel Murrbrot gegessen. Das hier ist schließlich ein Murrhof. Wir backen es und essen es auch selbst.«
    »Alle Kinder machen mal Ärger«, erwiderte Cynthia. »Das bin ich gewöhnt.«
    »Morgen muß ich ins Dorf, um Vorräte zu holen. Meine Frau ist nicht da. Sie besucht gerade ihre bucklige Verwandtschaft. Wenn du morgen auf den Jungen aufpassen

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