Harpyien-Träume
»Allmählich frage ich mich, ob wir überhaupt auf dem richtigen Weg sind«, schloß sie. »Dieser hier scheint mir doch viel zu schwierig für Menschen zu sein. Ich kann kaum glauben, daß Tandy ihn allein gegangen ist.«
»Ich vermute, sie hatte ihren Ogermann dabei«, warf Trent ein. »Diese Gefahren hätten es sicherlich nicht gewagt, sich mit einem Oger anzulegen.«
Das leuchtete ein. Doch was sollten sie nun tun? Diese Höhle schien noch unpassierbarer zu sein als die anderen.
»Du sagst, da gibt es einen Fluß?« fragte Cynthia. »Meinst du, man könnte ihn ablenken?«
»Der schien ziemlich mit sich selbst beschäftigt zu sein. Ach so, du meinst, seinen Lauf verändern? Ich glaube, das wäre möglich. Das eine Ufer war sandig. Das ließe ihn dann in diese Höhle str ö men und sie ausfüllen.«
»Ja. Und dann könnte Trent vielleicht zwischen den Titen und Miten hindurchschwimmen.«
Trent überlegte. »Weißt du was? Du scheinst mir fast so klug zu sein, wie du hübsch bist. Ja, so müßte es gehen!«
Cynthias Macht des Errötens hatte sich offensichtlich schadlos erholt. Sie mochte vielleicht einmal die Gegnerin des Magiers g e wesen sein, doch das war nun vorbei. Jetzt war nicht zu übersehen, daß sie ihn faszinierend fand.
Gloha konnte es ihr nachempfinden. Trent sah gut aus. Er war intelligent, erfahren, diszipliniert und besaß eines der stärksten magischen Talente von ganz Xanth. Viel mehr konnte man von einem Mann nicht erwarten.
Gloha flog zum Fluß zurück. Sie landete am Ufer und grub mit ihren feinen kleinen Füßen einen Kanal in den Sand. Das Wasser strömte begierig hinein und stürzte in die Höhle hinunter. Dabei erweiterte es den Kanal, so daß noch mehr Wasser folgen konnte. Schon bald hielt der ganze Fluß auf dieses neue Gebiet zu und bildete einen immer größeren Teich um die Wurzel der G-Miten.
Gloha kam zurückgeflogen. »Ich habe den Fluß abgelenkt. Ich glaube, es funktioniert!« vermeldete sie.
»Sieht so aus«, versetzte Trent trocken, was ein Kunststück war, denn inzwischen stand er schon knietief im Wasser.
Der Fluß vergnügte sich mächtig, und der Wasserspiegel stieg ständig. Gloha und Cynthia schwebten darüber. »Wirst du z u rechtkommen?« fragte Gloha den Magier.
»Oh, bestimmt. Ich kann nämlich schwimmen. Ihr Mädchen könnt ruhig schon voranfliegen und auf dem trockenen Land wa r ten. Ich komme gleich nach.«
Sie taten, wie geheißen. »Er ist ein tapferer Mann«, sagte Cynthia im Flug.
»Und ein wunderbarer Magier«, stimmte Gloha ihr zu. »Man kann sich schwer vorstellen, daß er jemals als böse bezeichnet wurde.«
»Oh, das lag nur daran, weil er versuchte, Xanth an sich zu re i ßen, bevor der Sturmkönig zu verblassen bereit war. Außerdem hat er massenweise Leute verwandelt. Aber ich glaube, er war ein recht guter König, als er schließlich das Amt erhielt.«
»Ja, für Xanth war es sehr gedeihlich. Binks Sohn Dor und Trents Tochter Irene haben sich auch ganz gut gemacht. Ich gla u be, das zeigt, daß man vorher nicht sagen kann, wie sich etwas entwickelt.«
»Das kann man nie«, stimmte Cynthia ihr wehmütig zu.
Sie landeten auf dem trockenen Teil des Ufers und beobacht e ten, wie das Wasser um die G-Miten herum höher stieg. Ab und an flog eine der beiden zurück, um nach dem Magier zu sehen, der gerade damit beschäftigt war, Wasser zu treten, wie er es nannte, obwohl es so aussah, als würde er auf der Stelle schwimmen.
Schließlich bedeckte das Wasser die Spitzen der G-Miten, so daß nur noch die herabhängenden Zacken der K-Titen darüber zu sehen waren. Jetzt sah die Höhle wie ein Drachenmaul aus, das zur Hälfte mit Speichel gefüllt war. Gloha behagte dieses Bild nicht sonderlich.
Trent kam herangeschwommen. Er hatte offenbar keine Schwi e rigkeiten. Erst kurz vor dem Ziel stieß er mit dem Fuß versehen t lich gegen einen verborgenen G-Miten. Der Teich erbebte, und mit drohendem Platschen fielen mehrere K-Titen von der Decke. Doch da hatte Trent sich bereits in Sicherheit gebracht.
Nun gingen sie weiter, bis der Pfad sich in eine weitere große Höhle hinaufwand. Sie hatte die Form einer Kuppel; in der Mitte befand sich ein einziger, riesiger Stalagmit. Es war weder ein Dr a che noch ein Feuer zu sehen, und der Boden war kahl. Aber es gab auch keinen Ausgang. Der Leuchtpilzpfad führte genau bis in die Mitte der Höhle, wo er schließlich endete.
Sie sahen sich um, doch die Höhlenmauer war fest und u n durchdringlich. Die
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