Harpyien-Träume
heran, wie es ihm möglich war, ohne mit dem Stalagmiten zusammenzust o ßen. Mit einer Flügelspitze strich er an dem Loch vorbei – und verschwand. An seiner Stelle war nun ein winziger Kolibri zu s e hen.
Gloha hatte halbwegs mitgehalten und darauf geachtet, daß sie nicht von dem gewaltigen Abtrieb der Schwingen des Rokhs erfaßt wurde. Nun flog sie selbst durch das Loch.
Und da standen schon Trent und Cynthia und warteten auf sie.
»Siehst du? Reine Routinesache«, sagte das Zentaurenfohlen be i läufig, während es den Mann fallen ließ. Trent mußte sie bei der Transformation festgehalten haben, vielleicht hatte sie sich aber auch nur an ihn geklammert, um ihr Gleichgewicht zurückzufi n den.
Trent lächelte unsicher. »Routinesache«, stimmte er zu.
Doch Gloha fragte sich langsam, wie viele weitere solcher hei k len Verwandlungen sie wohl noch durchstehen mußten. Das Ga n ze kam ihr nicht gerade sonderlich sicher oder einfach vor. Es ha t te eher Ähnlichkeit mit dem Problem, sich Zutritt zum Schloß des Guten Magiers zu verschaffen. Doch sie wollte die anderen nicht beunruhigen; deshalb hielt sie den Mund.
Sie setzten die Reise fort. Diesmal führte der Weg sie zu einem dösenden Kobold.
»Ahem«, machte Trent.
Der Kobold wälzte sich auf seiner Matte herum.
»Hau ab, Blödmann«, murmelte er, ohne die Augen zu öffnen.
»Ich nehme an, das hier ist die Kobold-Kontrollstation«, sagte Trent. »Wir wollten dir nur Bescheid sagen, daß wir einen Passie r schein besitzen.«
Der Kobold zwang sich, ein Auge zu öffnen. Dann riß er plöt z lich beide auf. »Was habt ihr Kreaturen denn hier zu suchen?«
»Wir sind auf dem Weg aus der Unterwelt«, erklärte Trent gela s sen. »Wir folgen dem üblichen Ausgangsweg, für den wir einen Passierschein haben.« Er zeigte den Schein vor.
»Aber das ist unmöglich! Wir haben den Weg geändert, damit niemand durchkommt.«
Trent, Gloha und Cynthia blickten sich bestürzt an. Die Sache ergab plötzlich einen furchtbaren Sinn. Kobold-Unheil.
Der Magier wandte sich wieder dem Kobold zu. »Und weshalb habt ihr den Pfad geändert?« fragte er mit trügerischer Freundlic h keit.
»Weil wir uns nicht an irgendwelche Abmachungen halten, die von den verweichlichten Schnöseln getroffen wurden, die dieses Gebiet geleitet haben, bevor wir hier eintrafen. Aber wir wollten es nicht sofort ausposaunen, bevor wir uns hier nicht ordentlich ei n gerichtet hatten. Damit wir immer behaupten konnten, daß die Reisenden sich einfach nur verirrt hätten – nur für den Fall, daß die Dämonen zum Schnüffeln vorbeikommen sollten.«
»Und der gewöhnliche Pfad ist leichter zu bereisen?«
»Natürlich, Blödmann. Der führt geradewegs an den Kontrol l punkten vorbei an die Oberfläche. Aber wir werden dem jetzt ein Ende setzen und alle weiteren Reisenden verputzen, die hier en t lang kommen – Passierschein hin, Passierschein her.«
»Das könnte die Unterwelt nach einem jahrzehntelangen Frieden in einen neuen Krieg stürzen!«
»Genau«, bekräftigte der Kobold eifrig. »Und jetzt bereitet euch auf den Topf vor, weil wir euch drei nämlich fürs Abendessen kochen werden. Nehmt schon mal eure Rucksäcke ab und zieht die Kleider aus, die schmecken nämlich nicht besonders.« Er bli n zelte sie an. »Ein blöder Menschenmann, ein doofes Flügelk o boldmädchen – oh, mit dir werden wir noch unseren Spaß haben, bevor wir dir die Flügel abschneiden! – und eine idiotische Flüge l zentaurenjungstute.« Plötzlich fuhr der Kobold zusammen. »Ein Flügelzentaur! Wir hassen geflügelte Zentauren, seit dieser kleine Schnüffler in den Koboldberg gekommen ist und es ermöglicht hat, daß ein Mädchen Häuptling werden kann. So was Widerliches! Wir echten Männer-Kobolde mußten uns da einfach verziehen und uns einen Ort suchen, wo wir uns wieder sammeln konnten. O ja, wir werden euch die Federn eine nach der anderen ausrupfen und euch immer schrecklichere Schmerzen zufügen, bis ihr darum bettelt, in den Kochtopf geworfen zu werden! Oh, was werden wir für einen Spaß mit euch haben!«
Gloha verspürte einen gräßlichen Eisesschauer. Sie wußte, daß es Cynthia nicht besser erging. Nur der Magier wirkte merkwürdig ungerührt.
»Und dieser Pfad führt von hier aus direkt an die Oberfläche?« erkundigte sich Trent im Plauderton. »Ohne weitere Gefahren?«
»Na klar. Aber du wirst den nicht mehr nehmen, weil wir nämlich das Tor versperren. Vielleicht frißt du deinen
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