Harpyien-Träume
Katastrophe. Solltet ihr uns also nicht helfen können, werden dieses Dorf und ganz Xanth schon bald bis zu den Knien in Dung stehen.«
»Was ist denn das für ein Problem?« wollte Trent wissen. »Und wieso glaubt ihr, daß eine Harpyie es für euch lösen könnte?«
»Dazu müßt ihr zunächst einmal den Auftrag unseres Dorfs begriffen haben«, erläuterte Pa. »Dies ist die Stelle, wo das magische Gestein aus den unerforschten Tiefen der Magie aufsteigt. Wir zermahlen es zu Staub, und unser Vogel Rokh flattert dann mit den Flügeln, um es hoch an den Himmel zu wehen, damit der Staub sich ausbreiten und das ganze Land Xanth durchdringen kann. Ohne diese unsere Dienste würde Xanth nach und nach seine Magie einbüßen und wieder – verzeiht den schlimmen Ausdruck – mundanisch werden. Nur deshalb arbeiten wir hier alle zusammen, obwohl unter uns viele Kreaturen sind, die es normalerweise vorziehen würden, sich zu streiten und Fremde kurzerhand aufzufressen.« Er warf wieder einen Blick auf Gloha und fuhr sich auf eine Weise mit der Zunge über die dünnen Troll-Lippen, die ihr einen Eisesschauer über den Rücken jagte. »Dazu verwenden wir nur wenig Magie. Statt dessen ziehen wir es vor, die Aufgabe mit Hand und Fuß zu erledigen, weil der Gebrauch von Magie in dieser Gegend nicht ungefährlich ist.«
Er holte tief Luft. »Nun hat sich vor kurzem aber an einem nahen Berg eine neue Ritze aufgetan. Aus der strömt aber kein magisches Gestein hervor, sondern eine giftige dicke Flüssigkeit, die sich nun langsam auf unser Dorf zuwälzt und alles Leben vernichtet, das sich ihm in den Weg stellt. Wir können die Flüssigkeit weder entfernen noch ablenken, weil auch die Dämpfe an ihrer Oberfläche schon tödlich wirken. Unser einziges Gegenmittel besteht darin, uns möglichst von ihr fern zu halten. Aber schon bald wird sie ins Dorf einsickern und hier Pfützen ausbilden. Dann müssen wir fliehen, und niemand wird unsere Arbeit fortsetzen können. Das bedeutet, daß die Magie Xanths verblassen wird, bis unser ganzes Land schließlich genauso öde sein wird wie das öde Gebiet dahinter.« Die Dorfbewohner quittierten die Ausführungen mit weiteren Oh-Rufen. Gloha mußte ihnen zustimmen – die Aussicht war entsetzlich.
»Deshalb haben wir eine Vertreterin zum Guten Magier Humfrey geschickt, um ihn zu fragen, wie wir diese Katastrophe verhindern können. Sie leistet gerade ihren Jahresdienst bei ihm ab. Aber wir können nicht behaupten, daß wir mit Hunfreys Antwort gänzlich zufrieden sind.«
»Wen habt ihr denn geschickt?« fragte Gloha, die ihre Neugier nicht zu zügeln vermochte.
»Ein Flügelungeheuer, von anderer Art als du es bist. Eine Glyphe.«
»Die habe ich kennengelernt!« rief Gloha in fröhlichem, kleinem Entzücken. »Eine Kreuzung zwischen Pferd und Drache, nicht wahr? Sie war eine meiner Herausforderungen auf dem Weg ins Schloß.«
»Ich hoffe, sie wird dort gut behandelt«, sagte Pa väterlich.
»O ja. Ich dachte erst, das wäre nicht der Fall, aber das gehörte zur Herausforderung. Sie ist ganz glücklich dort.«
»Wie lautet denn Humfreys Antwort?« fragte Trent. »Weiterzumachen bis zur Harpyienzeit?«
»Genau. Ich muß sagen, daß die Antworten des Guten Magiers doch etwas zu wünschen übriglassen, wenn man bedenkt, wie kostspielig sie sind.«
»Aber sie sind immer genau und themenbezogen«, erinnerte Trent ihn.
Pa warf einen Blick auf Gloha, wobei er es sich diesmal schenkte, sich mit der Zunge über die Lippen zu fahren. »Warst du mit deiner eigenen Antwort zufrieden?«
»Hm, nein. Genaugenommen hat Humfrey mir gar keine Antwort gegeben. Deshalb brauchte ich ihm auch keinen Jahresdienst abzuleisten.«
»Dann kannst du unsere Unzufriedenheit sicherlich verstehen.«
»Ja, ich glaube schon. Und ich muß auch gleich hinzufügen, daß ich wahrscheinlich nicht die Harpyie bin, auf die ihr wartet. So ziemlich das einzige, was an mir harpyienhaft ist, sind meine Flügel. Davon abgesehen habe ich viel größere Ähnlichkeit mit einem Kobold, anders als mein Bruder Harglo. – Tja, ich habe auch keine Ahnung, wie ich diesen Giftstrom aufhalten sollte. Der würde auch mir den Garaus machen.«
»Und es gibt auch nichts, das ich verwandeln könnte«, ergänzte Trent. »Warum habt ihr denn keinen Damm gebaut, um den Strom aufzuhalten?«
»Das haben wir. Aber das Gift sickert zwischen die Steine und löst sie auf, und dann fließt die Masse unaufhörlich weiter. Wir könnten sie nur
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