Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 04 - Das Julius-Haus
mehr viele, die sich daran erinnern, wie die Dinge früher waren.“
„Danke, dass Sie es mir erzählt haben“, sagte ich.
„Oh, wir alten Leute sind eigentlich nur dazu gut, uns zu erinnern“, sagte Neecy mit einer abwertenden Handbewegung.
Natürlich widersprach ich, wie sie es von mir erwartete. Ich dankte ihr aufrichtig für die duftende „Gästeseife“ in Muschelform, die sie mir geschenkt hatte, und auch das freute sie.
Sie stand auf, doch ehe sie ging, fiel ihr noch etwas ein. „Der Mann, den du heiratest, Aurora – stimmt es, dass er aus Chicago, Illinois stammt?“
„Er ist aus Chicago hergezogen. Er ist aber in Ohio aufgewachsen.“
Neecy Dawson schüttelte langsam den Kopf. Sie klopfte mir zerstreut auf die Schulter und machte sich auf den Weg zu meiner Mutter. Ich sah, wie sie Mutter in eine ernste Diskussion verstrickte.
Später, als wir die Geschenke in Mutters Kofferraum luden, fragte ich sie, was Neecy gesagt hatte. Mutter lachte.
„Wenn du es wirklich wissen musst – sie hat gefragt, ob es wirklich stimmt, dass du einen Yankee heiratest. Ich sagte ihr: ‚Nun, Miss Neecy, er stammt aus Ohio’, und sie sagte: ‚Arme Aida. Ich weiß, du machst dir Sorgen. Aber einige von ihnen sind nett. Aurora wird es schon gutgehen.’“
KAPITEL F ÜNF
Nun, da ich mit den Renovierungsarbeiten am Julius-Haus -ich konnte es einfach nicht das Zinsnerhaus nennen – begonnen hatte, verflog die Zeit vor der Trauung wie im Flug. Ich renovierte zuerst die Wohnung über der Garage. Der Teppich kam drei Tage, nachdem der Maler mit der Verkleidung fertig war. Ich reinigte die Möbel, die ich erstanden hatte, stellte sie so auf, dass sie einladend wirkten, sanierte die Küchenregale, säuberte den Herd und machte das Bett. Ich hatte bei Wal-Mart ein Porzellanservice für vier Personen gekauft, und einige Töpfe und Pfannen, die Hochzeitsgeschenke gewesen waren, die ich aber nicht brauchte, wanderten in die Küchenschränke. Ich legte Handtücher ins Bad, hängte einen Duschvorhang auf und platzierte ein paar Muschelseifen in einer Seifenschale. Es sah entzückend aus, gastfreundlich und sauber, und ich hoffte, Martins Freunden würde es gefallen.
Die Arbeit am großen Haus lief langsamer. Einige Handwerker, die ich beauftragen wollte, waren beschäftigt, der Teppich kam später als geplant, und es fiel mir schwer, die Farben und Tapeten auszuwählen. Ich wollte es unbedingt fertig haben; mein Haus und Mutters Gästezimmer quollen über vor Hochzeitsgeschenken und den Möbeln, die ich aus Jane Engles Haus behalten hatte. Martins Möbel standen immer noch in einem Lager in der Nähe von Atlanta, und ich fuhr hin, um mir anzusehen, was er besaß. Wenn ich nicht gerade Entscheidungen traf, mich wegen der Verzögerungen ärgerte und mir stundenlang Sorgen machte, musste ich das passende Kleidungsstück finden und pünktlich zu den verbleibenden Feiern zu meinen Ehren erscheinen.
Das waren natürlich alles angenehme Probleme, ich weiß. Aber ich war allmählich fertig, gereizt und verzweifelt. Martin wirkte auch ungewöhnlich ernst, auch wenn seine schlechte Laune nichts mit der Hochzeit zu tun zu haben schien.
Ich war also wirklich froh, die Youngbloods willkommen heißen zu dürfen, als sie aus Florida kamen. Ich war im Julius-Haus, als sie eines Tages etwa eineinhalb Wochen vor der Hochzeit zur Mittagszeit vorgefahren kamen.
Angel Youngblood stieg als erste aus dem staubigen, alten Camaro. Ihre Beine erschienen, erschienen, erschienen, und dann folgte der Rest von ihr. Ich starrte. Angel war locker so groß wie ihr Ehemann. Sie war athletisch und geschmeidig wie ein Gepard und hatte hellblonde Haare, die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Sie trug lose Jogginghosen, wie sie Gewichtheber bevorzugen, wenn sie trainieren, und ein graues Trägerhemd. Sie hatte einen breiten Mund, dünne Lippen, eine gerade Nase und strahlend blaue Augen in einem schmalen Gesicht. Sie trug kein Make-up. Sie blickte sich sorgfältig um, ihr Blick glitt über mich hinweg und kehrte dann zu mir zurück, als sie mich bemerkte. Wir betrachteten einander interessiert.
„Aurora“, sagte ich und schüttelte ihre Hand, was für uns beide ein Erlebnis war. „Sie sind bestimmt Angel?“
„Ja“, nickte sie. „Es war eine lange Fahrt. Es tut gut, aus dem Wagen rauszukommen.“
Sie streckte sich, was ein eindrucksvoller Vorgang war und Muskeln offenbarte, von denen ich nicht einmal wusste, dass Frauen sie
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