Harrison, Kim - Hollows 7 - Blutkind
Nicht, dass ich eine Therapie bräuchte. Ne-e-ein. Ich doch nicht.
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Das Wasser wurde plötzlich kalt, und mit einem Keuchen stieß ich mich von der Wand ab, nur um fast hinzufallen.
»Jenks!«, schrie ich wütend. »Hör auf!«
Das Wasser, das meine Füße traf, wurde wieder warm, aber meine Laune war versaut, also griff ich nach meinem Handtuch und stieg aus der Dusche. Meine Bewegungen waren gereizt, als ich mir die Haare trocknete und mich dann nach unten vor-arbeitete. Anscheinend war Jenks der Meinung, ich wäre jetzt sauber genug. Ich wickelte mich in das Handtuch und wischte den Spiegel ab, um mich zu begutachten. Nicht so übel, beschloss ich, mal abgesehen von den dunklen Ringen unter meinen Augen. Aber trotzdem, nicht allzu schlecht dafür, dass ich in zwei Tagen zweimal von einer Banshee erwischt worden war.
Vor der Tür hörte ich das Klappern von Pixieflügeln und dann ein zögerndes: »Rachel?«
Mein Handtuch verrutschte, als ich nach einem Teintamulett suchte. »Sehr witzig, Jenks. Ich hätte fallen und mir den Kopf aufschlagen können.« Das Brummen der Flügel wurde lauter, und ich riss das Handtuch wieder hoch. »Jenks!«, rief ich, als er unter der Tür durchflog. »Ich habe dir nicht erlaubt, reinzu-kommen!«
Seine Flügel waren leuchtend rot, und Jenks wandte mir den Rücken zu. »Sorry. Äh, ich dachte, du solltest vielleicht wissen, dass Marshal hier ist«, sagte er entschuldigend.
Panisch umklammerte ich mein Handtuch. »Schaff ihn hier raus, Jenks!«, zischte ich. »Ich bin gebannt worden!«
Der Pixie warf einen Blick über die Schulter, dann drehte er sich in der Luft, um mir ins Gesicht sehen zu können. »Ich glaube, das weiß er schon. Er will mit dir reden, Rache. Es tut mir leid. Er sieht sauer aus.«
Scheiße. Ich war gebannt worden. Marshal war nicht gekommen, um meine Hand zu halten und mir zu erzählen, dass 513
er alles wiedergutmachen konnte. Ich hatte ihm gesagt, ich wä-re eine weiße Hexe, und jetzt …
»Sag ihm, er soll verschwinden«, sagte ich, weil ich mich drücken wollte. »Sag ihm, er soll gehen, bevor jemand mitbe-kommt, dass er hier ist, und sie ihn auch bannen.« Aber der Pixie schüttelte nur den Kopf.
»Nein. Er hat ein Recht darauf, es dir ins Gesicht zu sagen.«
Ich holte Luft. Mein Kopf tat plötzlich weh. Das wird richtig Spaß machen . Ich drehte mich zum Spiegel und fing an, mir die Haare zu kämmen. Mit verschränkten Armen wartete Jenks auf die richtige Antwort. Die Bürste verhedderte sich in meinen Haaren, und frustriert knallte ich sie auf die winzige Ablage.
»Ich bin in drei Minuten da«, sagte ich, damit er verschwand.
Er nickte und sank auf den Boden ab. Ich sah noch ein kurzes Aufblitzen von Licht, dann war er verschwunden.
Im Trockner war noch Unterwäsche, und über der riesigen Badewanne hing noch ein Oberteil. Mein Badezimmer war eigentlich eher eine aufgemotzte Waschküche, aber so war es einfacher, als das traditionellere Bad gegenüber mit Ivy zu teilen. Außerdem konnte ich hier meistens im Trockner frische Jeans finden. Allerdings keine Socken , dachte ich, als ich ein letztes Mal die Bürste durch meine Haare zog und sie dann offen hängen ließ, feucht, wie sie waren.
Nervös öffnete ich erst einmal lautlos die Tür und spähte zögernd den Gang entlang. Hier draußen war es kühl, verglichen mit der dampfigen Wärme des Bades, und ich konnte frischen Kaffee riechen. Ich tapste barfuß und lautlos den Flur entlang und linste vorsichtig in die Küche. Marshal saß mit dem Rücken zu mir. Ich war auch außerhalb seines peripheren Blickfeldes, was mich zögern ließ.
Er wirkte ausgebrannt, oder vielleicht nur in Gedanken versunken, wie er so auf den dreckigen Boden starrte, wo der Kühlschrank gestanden hatte. Wahrscheinlich fragte er sich, was passiert war. Seine langen Beine hatte er unter dem Tisch 514
ausgestreckt, und die Sonne glitzerte auf seinem kurzen, locki-gen Haar. Das würde schwer werden. Ich machte ihm keinen Vorwurf, dass er sauer auf mich war. Ich hatte ihm gesagt, dass ich eine weiße Hexe sei, und er hatte mir vertraut. Die Gesellschaft behauptete etwas anderes.
Entschlossen löste ich mich vom Türrahmen und trat in die Küche. »Hi.«
Marshal zog die Beine an und wirbelte herum. »Hey, du hast mich überrascht«, sagte er mit weit aufgerissenen Augen. Er wurde rot. »Ich habe dich frühestens in zehn Minuten erwartet.«
Ich warf ihm ein winziges Lächeln zu und sah mich nach etwas um,
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