Harrison, Kim - Hollows 7 - Blutkind
fahren lassen. Du warst ohne Bewusstsein.« Er zögerte. »Hast du wirklich Mr. Rays Wunschfisch gestohlen?«
Ich blinzelte. »Äh, schon, obwohl ich dachte, er würde den Howlers gehören.« Ich wandte meinen Blick von seinen besorgten Augen ab und schaute stattdessen auf die Blumensträu-
ße. Einer bestand aus Gänseblümchen, der andere aus Nelken und Chrysanthemen. »Danke«, sagte ich und berührte sie leicht. »Du musstest mir keine Blumen bringen. Sie sind wunderschön. Hatten sie ein ›Kauf eins, nimm zwei‹-Angebot im Blumenladen unten?«
Marshal lächelte. »Bild dir jetzt bloß nichts ein, weil ich dir Blumen gebracht habe. Hätte ich es nicht getan, würde meine Mom mir die Haut abziehen. Die Sommerblumen standen unten, und dein Name stand drauf, also habe ich sie mitgebracht.«
Meine Augen glitten zur Karte des Blumenladens in einem Umschlag, und ich nickte. Vielleicht Robbie? »Danke«, sagte ich, und er zuckte leicht zusammen, als hätte er sich gerade an etwas erinnert.
»Ich habe dir auch das hier gebracht«, sagte er und griff in eine Manteltasche, aus der er eine vom Winter fahle Tomate zog. Es war eine Inderlander-Tradition, und ich musste einfach grinsen. »Für die Gesundheit«, sagte er, dann warf er einen Blick zur geschlossenen Tür. »Du, ähm, liegst auf der Menschenstation, also pass auf, wo du sie hinlegst.«
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Die Frucht war kalt in meinen Fingern, und mein Lächeln verblasste. Warum liege ich auf der Menschenstation ?
Jenks’ Flügelgeräusch wurde höher, und er hob ab. »Ähm, ich habe Ivy versprochen, dass ich ihr sage, wenn du aufgewacht bist«, sagte er. »Ich muss los.«
»Jenks, ist sie in Ordnung?«, fragte ich, aber er war schon weg. Ich rollte mit den Augen und lehnte mich vor, um die Tomate auf den Tisch zu legen. Dabei streifte ich Marshal.
Meine Augen schossen zu den Blumen, und all meine Warnsignale schalteten sich ein. Er saß irgendwie ziemlich nah.
»Ähm, es war wirklich sehr nett von dir, zu kommen und mich zu besuchen«, sagte ich nervös. »Ich werde nicht lange hier sein. Ich war gerade so weit, aufzustehen und die Krankenschwestern zu nerven.«
Ich wusste, dass ich mit meinem Geplapper nur die Stille füllte, und mit einer ausladenden Bewegung warf ich die Decke zur Seite und zog die Beine an, um sie an ihm vorbeizuschieben und meine Füße auf den Boden zu stellen. Dann erstarrte ich und betrachtete eingehend diese dämlichen rosafarbenen Krankenhaussöckchen, die sie einem immer anziehen. Verdammt, ich hatte einen Katheter. Und noch schlimmer, sogar von diesem bisschen Bewegung wurde mir schwindlig.
»Immer mit der Ruhe, Rachel«, sagte Marshal. Er war bereits aufgestanden und legte jetzt seine Hände schwer auf meine Schultern. »Ich glaube nicht, dass du schon so weit bist.
Deine Aura ist wirklich zerfetzt worden.«
Der schwere Duft von Rotholz ergoss sich über mich, in den sterilen Gerüchen des Krankenhauses anscheinend noch mächtiger. »Mir geht’s prima. Marshal, mir geht’s prima«, beschwerte ich mich, als der Schwindel vorbeiging. Es war fast, als ließe ich einen Teil von mir zurück, wenn ich mich bewegte, und bis es mich wieder einholte, war ich nackt. Erschöpft saß ich auf der Bettkante. Meine Beine baumelten in der Luft, und ich lehnte meinen Kopf gegen seine Brust, während ich 239
versuchte, nicht in Ohnmacht zu fallen. Es fühlte sich gut an, seine Hände auf meinen Schultern zu spüren. Nicht sexuell gut
- Gott, ich saß mit einem Vogelnest auf dem Kopf in einem Krankenhausbett und trug ein Rautenmuster -, es war eher, als könnte ich aus seiner einfachen Sorge Kraft ziehen.
Ich legte mich unter dem Druck seiner nervösen, beharrli-chen Hände wieder zurück. Er zog die Decke wieder hoch und steckte sie fest. Ich lag einfach nur da und ließ es geschehen, obwohl ich damit wahrscheinlich seinen Weißer-Ritter-Komplex noch unterstützte. Aber was für eine Wahl hatte ich schon? Wenn meine Aura abgezogen war, dann gewann ich wahrscheinlich etwas durch ihn. Echte Sorge half bei der Heilung von Rissen, genauso wie die negative Energie von jemandem, der mich wirklich nicht mochte, mich momentan verletzen konnte.
»Wirklich«, sagte ich, als er mir die große Tasse mit kaltem Wasser gab, als würde das alles besser machen. »Ich bin okay.
Ich muss mich nur langsamer bewegen.« Aber meine Hände zitterten, und mir war schlecht. Das Wasser schien zu helfen, und ich nahm noch einen großen Schluck. Ich fühlte ihn, bis
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