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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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schenkt. Daß Church die verdächtige Bewegung machte und daß er der Puppenmacher war.«
    Er klopfte Bosch auf den Rücken. Wahrscheinlich wartete er auf Harrys Dankeschön. Aber es kam nichts.
    »Was ist mit Chandler?«
    »Nun das ist sozusagen der Haken bei der Sache. Da die Jury für die Klägerin entschieden hat, müssen wir ihre Rechnung bezahlen. Wahrscheinlich verlangt sie hundertachtzig oder zweihundert. Wir werden uns wohl auf neunzigtausend einigen. Nicht schlecht, Harry. Wirklich nicht.«
    »Ich muß weg.«
    Bosch stand auf und schob sich durch die Ansammlung von Zuschauern und Reportern, um nach draußen zu gelangen. Eilig begab er sich zur Rolltreppe und fischte nach der letzten Zigarette in der Schachtel. Bremmer stellte sich mit gezücktem Notizblock auf die Stufe über ihn.
    »Gratuliere, Harry«, sagte er.
    Bosch sah ihn an. Der Reporter schien es ernst zu meinen.
    »Wozu? Sie haben mich eine Art verfassungsmäßigen Schläger genannt.«
    »Ja, aber sie haben dich nur um zwei Dollar erleichtert. Das ist nicht schlecht.«
    »Ja, hm …«
    »Irgendein Kommentar für die Presse? Ich nehme an, ›verfassungsmäßiger Schläger‹ war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Richtig?«
    »Ja, behalt das für dich. Hm, paß auf, laß mich erst mal nachdenken. Ich muß jetzt gehen, aber ich werde dich später anrufen. Warum gehst du nicht zurück und sprichst mit Belk. Er möchte gern seinen Namen in der Zeitung sehen.«
    Draußen steckte er sich die Zigarette an und holte den Rover hervor.
    »Edgar, bist du da?«
    »Hier.«
    »Wie sieht’s aus?«
    »Du kommst besser her, Harry. Hier wimmelt es schon.«
    Bosch warf die Zigarette in den Aschenkübel.
     
    Die Bemühungen, die Sache geheimzuhalten, waren erfolglos gewesen. Als Bosch die Carmelina Street erreichte, kreiste schon ein TV-Hubschrauber über dem Haus und zwei andere Fernsehstationen waren mit Wagen da. Es würde nicht lange dauern, bis sich das Ganze in einen Zirkus verwandelte. Der Fall hatte zwei Attraktionen: der Jünger und Honey Chandler.
    Bosch mußte wegen der vielen Polizeifahrzeuge, die auf beiden Straßenseiten standen, zwei Häuser weiter parken. Verkehrspolizisten waren gerade dabei, die Straße mit Leuchtfackeln abzusperren.
    Das Grundstück war durch gelbe, polizeiliche Plastikbänder abgesperrt. Bosch trug sich in die Anwesenheitsliste ein, die ein uniformierter Polizist bereithielt, und schlüpfte unter die Absperrung. Es war ein zweistöckiges Haus im Bauhausstil, das an einem Abhang errichtet worden war. Bosch sah sich das Haus von draußen an; die wandhohen Fenster im oberen Stock würden eine großartige Aussicht auf die tiefer gelegene Umgegend bieten. Er zählte zwei Kamine.
    Ein nettes Haus in einer netten Nachbarschaft, in der nette Rechtsanwälte und Professoren wohnten. Nicht mehr, dachte er. Als er hineinging, wünschte er, er hätte eine Zigarette.
    Edgar stand direkt hinter der Tür im Eingangsflur. Er sprach in ein mobiles Telefon, und es hörte sich an, als forderte er von der Presseabteilung Leute an, die sich um den Rummel kümmern sollten. Als er Bosch sah, deutete er die Treppe hinauf.
    Die Treppe ging gleich vom Eingangsflur hoch, und Bosch begab sich nach oben. Im ersten Stock gab es einen breiten Flur, von dem vier Türen abgingen. Eine Gruppe Detectives stand vor der hintersten Tür, ab und zu sahen sie hinein. Bosch ging zu ihnen.
    Bosch wußte, daß er sich in gewisser Weise die Sichtweise eines Psychopathen angeeignet hatte. An einem Tatort übte er sich in der Psychologie der Verdinglichung. Tote Menschen waren keine Menschen, sondern Objekte. Er betrachtete Körper als Leichen, als Beweisstücke. Nur so wurde er damit fertig und konnte seine Arbeit machen. Nur so konnte er es durchstehen. Aber das war leichter gesagt oder gedacht als getan. Manchmal kam er ins Stolpern.
    Als Mitglied der Fahndungsgruppe im Puppenmacher-Fall hatte er mindestens sechs der Opfer des Serienmörders gesehen. Er hatte sie »in situ«, wie es hieß, gesehen. In der Lage, wie sie gefunden wurden. Ihr Anblick war schwer zu ertragen. Die Opfer schienen eine Hilflosigkeit auszudrücken, die seine Versuche, sie als Objekte zu betrachten, scheitern ließen. Zu wissen, daß sie als Prostituierte gearbeitet hatten, machte das Ganze noch schlimmer. Es war, als ob die Tortur, die ihnen durch den Killer widerfahren war, nur die letzte Schmach in einem Leben voller Erniedrigung war.
    Jetzt schaute er hinunter auf den nackten und

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