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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Reportern nichts gesagt.«
    »Wir sind uns noch nicht ganz sicher. Zuerst müssen wir herausbekommen, womit wir es zu tun haben. Entweder er war es oder ein Nachahmungstäter … oder er hatte vielleicht einen Komplizen, von dem wir nichts wußten.«
    »Wann wißt ihr, in welche Richtung ihr ermitteln müßt?«
    Es war die indirekte Art zu fragen, wann er wüßte, ob er einen unschuldigen Menschen erschossen hatte.
    »Ich weiß nicht, morgen wohl. Die Autopsie sollte uns weiterhelfen. Aber erst die Identifizierung wird ihren Tod zeitlich festlegen.«
    »Harry, es war sicher nicht der Puppenmacher. Keine Sorge.«
    »Danke, Sylvia.«
    Ihre absolute Loyalität war etwas Schönes. Sogleich bekam er jedoch Schuldgefühle, weil er ihr gegenüber nie ganz offen gewesen war, was ihre Beziehung anbetraf. Er hatte einiges zurückgehalten.
    »Du hast immer noch nicht gesagt, wie es heute im Gericht war oder warum du nicht herkommst wie versprochen.«
    »Es ist dieser neue Fund. Es betrifft mich und ich muß darüber nachdenken.«
    »Du kannst überall nachdenken, Harry.«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Okay, ich versteh’ dich. Und im Gericht?«
    »Es ging ganz gut, glaube ich. Heute gab es nur die Eröffnungsplädoyers. Die Zeugen kommen erst morgen dran. Aber dieser neue Fall … Irgendwie hängt es über der ganzen Sache.«
    Während er sprach, wechselte er die Kanäle, aber er hatte die Berichte über den Leichenfund in den anderen Nachrichtenprogrammen verpaßt.
    »Was sagt dein Anwalt dazu?«
    »Nichts. Er will nichts davon wissen.«
    »Was für ein Arschloch.«
    »Er will den Prozeß schnell durchziehen und hofft, falls der Puppenmacher oder ein Komplize noch frei herumlaufen sollten, daß nichts vor Ende des Verfahrens bestätigt wird.«
    »Aber Harry, das ist unmoralisch. Selbst wenn es ein Beweis ist, der für die Klägerin günstig ist, muß er es nicht trotzdem offenlegen?«
    »Ja, falls er davon weiß. Das ist der Punkt. Er will nichts davon wissen. Auf diese Weise ist er abgesichert.«
    »Wann mußt du aussagen? Ich will kommen. Ich kann mir einen Tag frei nehmen und dort sein.«
    »Nein. Mach dir keine Sorgen. Es ist eine reine Formalität. Ich will nicht, daß du von dieser Geschichte mehr mitbekommst, als du schon ohnehin weißt.«
    »Warum? Es ist deine Geschichte.«
    »Das ist es nicht. Es ist seine.«
    Nachdem er ihr versichert hatte, er würde sie am nächsten Tag anrufen, legte er auf. Danach starrte er lange das Telefon vor ihm an. Er und Sylvia verbrachten seit fast einem Jahr drei, vier Abende und Nächte in der Woche zusammen. Sylvia war diejenige, die vorgeschlagen hatte, ihr Arrangement zu ändern, und hatte sogar ihr Haus zum Verkauf angeboten. Bosch hatte jedoch aus Angst, das zerbrechliche Gleichgewicht und die Vertrautheit ihrer Beziehung zu zerstören, nie darüber sprechen wollen.
    Er fragte sich, ob er nicht ausgerechnet gerade das tat – das Gleichgewicht zerstören. Er hatte sie belogen. In gewisser Weise hatte man ihn bei dem neuen Fall hinzugezogen, aber er war jetzt fertig mit der Arbeit und würde nach Hause gehen. Er hatte sie angelogen, weil er allein sein mußte. Mit seinen Gedanken. Mit dem Puppenmacher.
    Er blätterte den zweiten Hefter bis zum Ende durch, wo die Plastikhüllen mit den Beweisschriftstücken abgeheftet waren. Darunter waren drei frühere Briefe des Puppenmachers. Der Killer hatte angefangen sie zu schicken, als der Medienrummel im vollen Gange war und man ihn auf den Namen Puppenmacher getauft hatte. Einer war an Bosch geschickt worden – vor dem elften und letzten Mord. Die zwei anderen waren an Bremmer bei der Times gegangen – nach dem siebten, bzw. elften Mord. Harry studierte die Kopie des Umschlags, auf dem seine Adresse in Druckbuchstaben geschrieben war. Dann sah er sich das Gedicht auf dem gefalteten Blatt an. Es war ebenfalls mit den gleichen, eigenartig schiefen Druckbuchstaben geschrieben worden. Er las den Text, den er inzwischen auswendig kannte.
     
    Es tönet der Ruf zu warnen und zu entsagen
    Heut nacht will ich für meine Lust was jagen
    Für mein Kabinett noch eine Puppe mit Ritze
    Ihr brechet der Atem – grad wenn ich spritze
     
    Ein bißchen Mammi und Pappi Geturn
    Eine schöne Maid unter meinem Glockenturm
    Reiß ich sie am Riemen, bevor ich’s vernosch
    Vernehm ich den letzten Seufzer – es klinget wie Boschhhhh!
     
    Bosch schloß die Hefter und legte sie in seine Aktentasche. Nachdem er den Fernseher abgestellt hatte, ging er nach

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