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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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keine Beschwerde einreichen. Die Rechnung betrug diesen Monat $1855,05 und umfaßte zwei Seiten. Bosch sah zwei Posten für Flüge nach Las Vegas und drei von Victoria’s Secret. Bosch kannte Victoria’s Secret, er hatte die Kataloge für Reizwäsche bei Sylvia gesehen. In einem Monat hatte Cerrone Mieder und Strapse im Wert von fast $400 bestellt. Das Geld, das die arme Frau ihm als Miete für die Wohnung zahlte, die er als Deckadresse benutzte, subventionierte die Spitzenhöschen von Cerrones Huren. Es machte ihn wütend, aber es brachte ihn auf eine Idee.
     
    Die Grandview Apartments verwirklichten eine kalifornische Utopie. Das Gebäude war neben einem Einkaufszentrum errichtet worden, so daß die Mieter nur aus der Wohnungstür treten mußten, um alles mögliche einkaufen zu können. Weg fiel dadurch der zuvor unerläßliche Grundstein südkalifornischer Kultur und Interaktion: das Auto. Bosch parkte seinen Wagen in der Garage des Einkaufszentrums und betrat durch den Hintereingang das Vestibül des Apartmenthauses. Überall war italienischer Marmor, und in der Mitte stand ein mechanisches Klavier, das automatisch spielte. Bosch erkannte die Melodie, es war eine Nummer von Cab Calloway, »Everybody That Comes to My Place Has to Eat«.
    Neben der verschlossenen Sicherheitstür hing eine Liste der Mieter und ein Haustelefon. Der Name für P-1 lautete Kuntz. Es sollte wohl ein privater Witz sein, dachte Bosch. Er nahm den Hörer ab und wählte. Eine Frau antwortete, und er sagte: »UPS. Ich habe ein Paket.«
    »Oh, von wem?«
    »Hm, ich kann die Schrift nicht lesen … Sieht aus wie Victoria’s Sekretärin oder so.«
    »Oh«, sagte sie und kicherte, »muß ich unterschreiben?«
    »Ja, Madam, ich brauche eine Unterschrift.«
    Sie ließ ihn nicht herein, sondern sagte, sie würde selbst nach unten kommen. Bosch wartete schon zwei Minuten vor der Glastür, als ihm aufging, daß seine List keinen Erfolg haben würde. Er trug einen Anzug und hatte kein Paket dabei. Der Aufzug auf der anderen Seite der Tür öffnete sich schon, als er sich umdrehte.
    Er ging zum Flügel und musterte ihn, als wäre er fasziniert und hätte nicht die Ankunft des Aufzugs bemerkt. Hinter sich hörte er, wie sich die Sicherheitstür öffnete, und er wandte sich um.
    »Sind Sie von UPS?«
    Sie war blond und sah umwerfend aus, sogar in Blue Jeans und hellblauem Herrenhemd. Sie sahen sich an, und Bosch war klar, sie wußte, daß er sie angeführt hatte. Sie versuchte, die Tür gleich wieder zu schließen, aber er war sofort da und drängte sich hinein.
    »Was tun Sie? Ich …«
    Bosch hielt ihr den Mund mit der Hand zu, weil er dachte, sie würde gleich schreien. Angst lag in ihren Augen. Sie wirkte auf Bosch nicht mehr so umwerfend.
    »Es ist okay. Ich werde Ihnen nicht wehtun, ich will nur mit Tommy reden. Gehen wir nach oben.«
    Langsam nahm er die Hand von ihrem Mund, und sie schrie nicht.
    »Tommy ist nicht da«, sagte sie im Flüsterton, als wolle sie ihre Kooperationsbereitschaft signalisieren.
    »Dann warten wir.«
    Er schob sie sanft zum Aufzug und drückte auf den Knopf.
    Es stimmte, Cerrone war nicht da. Aber Bosch mußte nicht lange warten. Er hatte sich kaum in dem luxuriösen Apartment mit zwei Schlafzimmern, zwei Badezimmern und privatem Dachgarten umgesehen, als sein Mann erschien.
    Cerrone kam gerade mit einer Pferderennzeitung in der Hand durch die Wohnungstür, als Bosch vom Balkon, von dem aus man den Sepulveda Boulevard und den überfüllten Ventura Freeway sehen konnte, wieder ins Wohnzimmer trat.
    Zuerst lächelte Cerrone, dann wurde sein Gesichtsausdruck leer. Das passierte Bosch oft bei Ganoven. Er glaubte, der Grund dafür war, daß sie dachten, sie würden ihn kennen. Und das stimmte wohl auch. Sein Bild war in den letzten Jahren mehrere Male in der Zeitung oder im Fernsehen gewesen. Einschließlich dieser Woche. Er war der Ansicht, daß die meisten Gauner Zeitung lasen oder Nachrichten sahen und sich die Fotos von Polizisten einprägten. Wahrscheinlich dachten sie, es würde ihnen einen Vorteil verschaffen, wenn sie wüßten, auf wen sie achten müßten. In Wirklichkeit gewöhnten sie sich an die Gesichter. Cerrone hatte ihm zugelächelt, als hielte er ihn für einen alten Freund, dann merkte er, daß es wahrscheinlich ein Cop war.
    »Richtig geraten«, sagte Bosch.
    »Tommy, er hat mich gezwungen, ihn mit nach oben zu nehmen«, sagte das Mädchen. »Er hat auf der …«
    »Halt’s Maul«, fuhr Cerrone sie an.

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