Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton
davor war ich Detective am Mord-Tisch in North Hollywood und an den Raub- und Einbruch-Tischen in Van Nuys. Fünf Jahre lang war ich Streifenpolizist, hauptsächlich in den Revieren Hollywood und Wilshire.«
Belk ging mit ihm langsam die Stationen seiner Karriere bis zu dem Zeitpunkt durch, an dem er Mitglied der Puppenmacher-Fahndungsgruppe wurde. Die Befragung war langsam und langweilig – sogar für Bosch, und es war sein Leben. Ab und zu schaute er zu den Geschworenen hinüber, wenn er eine Frage beantwortete, aber nur wenige schienen ihn anzuschauen oder seine Antworten aufmerksam zu verfolgen. Bosch war nervös, und seine Handflächen waren klamm. Er hatte mindestens hundertmal vor Gericht ausgesagt, aber war noch nie in dieser Lage gewesen – zu seiner eigenen Verteidigung zu sprechen. Ihm war heiß, obwohl er wußte, daß es im Gerichtssaal sehr kühl war.
»Nun, wo hatte die Fahndungsgruppe ihr Quartier?«
»Wir benutzten einen Lagerraum im ersten Stock des Hollywood-Reviers. Dort wurden Beweisstücke und Akten aufbewahrt. Wir verstauten das Zeug vorübergehend in einem gemieteten Trailer und benutzten den Raum. Wir hatten auch ein Zimmer im Parker Center. Die Spätschicht, in der ich arbeitete, operierte gewöhnlich von Hollywood aus.«
»Sie waren näher am Ball, korrekt?«
»Das glaubten wir, ja. Die meisten Opfer verschwanden von Straßen in Hollywood. Viele wurden später in dieser Gegend aufgefunden.«
»Sie wollten also in der Lage sein, schnell auf Tips und Spuren zu reagieren. Und sozusagen mittendrin zu sein, half Ihnen dabei. Korrekt?«
»Korrekt.«
»In der Nacht als Dixie McQueen Sie anrief, wie erhielten Sie den Anruf?«
»Sie wählte die Notrufnummer, neun-eins-eins, und als der Dispatcher begriff, wovon sie sprach, verband er sie weiter zur Fahndungsgruppe in Hollywood.«
»Wer nahm den Anruf entgegen?«
»Ich.«
»Warum? Ich dachte, Sie hätten ausgesagt, Sie wären der leitende Detective der Spätschicht. Gab es keine Leute, die Telefondienst machten?«
»Ja, wir hatten Leute dafür, aber dieser Anruf kam spät. Alle waren schon gegangen. Ich war der einzige, der noch da war, weil ich den chronologischen Ermittlungsbericht auf den neuesten Stand brachte. Wir mußten ihn am Ende jeder Woche einreichen. Nur ich war noch da. Ich habe den Hörer abgenommen.«
»Als Sie losfuhren, um diese Frau zu treffen, warum haben Sie keine Unterstützung angefordert.«
»Was sie mir am Telefon gesagt hatte, reichte nicht aus, mich zu überzeugen, daß da etwas dran war. Wir erhielten Dutzende solcher Anrufe jeden Tag. Meistens kam nichts dabei heraus. Ich muß zugeben, ich fuhr los, um ihre Aussage aufzunehmen, ohne zu glauben, daß es zu etwas führen würde.«
»Wenn Sie das dachten, Detective, warum haben Sie sich dann mit ihr getroffen? Warum haben Sie sich nicht die Information übers Telefon geben lassen?«
»Der Hauptgrund war, daß sie sagte, sie wisse die Adresse der Wohnung nicht, zu der sie mit diesem Mann gegangen sei, aber sie könne mir das Haus zeigen, wenn ich mit ihr durch die Hyperion Street fahren würde. Außerdem klang ihr Anruf irgendwie echt; irgend etwas schien ihr wirklich große Angst eingejagt zu haben. Ich wollte sowieso gehen, also dachte ich mir, ich überpüf’ es auf dem Weg nach Hause.«
»Erzählen Sie uns, was passierte, nachdem Sie die Hyperion Street erreichten.«
»Als wir dort waren, sahen wir in dem Apartment über der Garage Licht brennen. Wir sahen sogar einen Schatten hinter einem der Fenster. Also wußten wir, daß der Typ noch da war. Zu dem Zeitpunkt erzählte mir Miss McQueen dann von dem Make-up, das sie in dem Schränkchen unter dem Waschbecken gesehen hatte.«
»Was für eine Bedeutung hatte das für Sie?«
»Es war von großer Bedeutung. Ich war sofort ganz Ohr; wir hatten in der Presse nie verlautbaren lassen, daß der Täter das Make-up der Opfer mitnahm. Es war durchgesickert, daß er ihre Gesichter bemalte, aber nicht, daß er außerdem ihr Make-up behielt. Als sie mir von dieser Ansammlung von Make-up erzählte, funkte es bei mir. Es gab ihrer Aussage mit einem Schlag Glaubwürdigkeit.«
Bosch trank etwas Wasser aus dem Pappbecher, den ihm der Marshal vorher gefüllt hatte.
»Okay, was taten Sie als nächstes?« sagte Belk.
»Mir kam der Gedanke, daß er wieder rausgegangen war und sich ein neues Opfer besorgt hatte, während sie mich angerufen hatte und ich mit ihr zur Hyperion Street gefahren war. Es war möglich, daß eine
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