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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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von Belk, der am lautesten war. An einer Stelle argumentierte er, daß es hier nur um einen Schuß ginge – der, der Church tötete – und daß alles andere irrelevant sei. Chandler hielt dagegen, daß die Information relevant sei, da sie die Geisteshaltung des Beklagten veranschauliche. Bosch konnte die Antwort des Richters nicht verstehen, aber, nachdem die Anwälte und die Stenografin wieder ihre Plätze eingenommen hatten, sagte er: »Der Beklagte hat die Frage zu beantworten.«
    »Ich kann nicht«, antwortete Bosch.
    »Detective Bosch, das Gericht verfügt, daß Sie antworten.«
    »Ich kann nicht antworten, Richter. Ich weiß nicht, wie viele Leute ich getötet habe.«
    »Sie hatten Gefechtseinsatz in Vietnam?« fragte Chandler.
    »Ja.«
    »Wie wurden Sie eingesetzt?«
    »Als Tunnelratte. Ich stieg in die Tunnel des Feindes hinunter. Manchmal gab es direkte Kampfhandlungen. Manchmal benutzte ich Sprengstoff, um die Tunnelsysteme des Feindes zu zerstören. Ich konnte unmöglich wissen, wie viele Leute unten waren.«
    »Okay, Detective. Wie viele Leute töteten Sie, nachdem Sie Ihren Militärdienst beendeten und als Polizist anfingen?«
    »Drei, einschließlich Norman Church.«
    »Können Sie uns von den zwei Fällen erzählen, die nicht Mr. Church betrafen? – Kurz gefaßt.«
    »Ja, der eine war vor Church, der andere danach. Das erste Mal, daß ich jemanden tötete, geschah im Verlaufe einer Mordermittlung. Ich wollte einen Mann vernehmen, von dem ich dachte, er sei ein Zeuge. Es stellte sich heraus, er war der Mörder. Als ich klopfte, schoß er durch die Tür, aber traf nicht. Ich trat die Tür auf und ging hinein. Dann hörte ich, daß er in den hinteren Teil den Hauses lief. Ich folgte ihm zum Hof, wo er über einen Zaun kletterte. Als er gerade oben drüberstieg, drehte er sich um, um wieder auf mich zu schießen. Ich schoß zuerst, und er fiel hinunter.
    Das zweite Mal, das war nach Church. Ich arbeitete mit dem FBI zusammen in einem Raubmordfall. Es kam zu einer Schießerei zwischen zwei Verdächtigen und meinem Partner, einem FBI-Agenten, und mir. Ich erschoß einen der Verdächtigen.«
    »In diesen beiden Fällen waren also die Männer, die Sie töteten, bewaffnet?«
    »Ja, das ist korrekt.«
    »Drei Tote infolge Schußwaffengebrauchs ist ziemlich viel, selbst für jemanden, der zwanzig Jahre bei der Polizei ist. Nicht wahr?«
    Bosch wartete einen Moment darauf, daß Belk Einspruch erheben würde, aber der fette Anwalt war mit seinem Block beschäftigt. Er hatte es nicht mitbekommen.
    »Ich kenne Cops mit zwanzig Dienstjahren, die nie ihre Waffe gezogen haben, und andere, die bis zu sieben Personen erschossen haben. Es hängt von den Fällen ab, die man bekommt. Es ist Glückssache.«
    »Gutes oder schlechtes Glück?«
    Diesmal erhob Belk Einspruch, der vom Richter angenommen wurde. Chandler fuhr prompt fort.
    »Bedauerten Sie es hinterher, daß Sie Mr. Church töteten, der unbewaffnet war?«
    »Nicht wirklich. Nicht bis ich verklagt wurde und hörte, daß Sie die Anwältin sein würden.«
    Es gab Gelächter im Gerichtssaal, und sogar Honey Chandler lächelte. Nachdem er im Saal mit dem Hammer wieder energisch Ruhe hergestellt hatte, wies der Richter Bosch an, nur die Fragen zu beantworten und sich persönlicher Spitzen zu enthalten.
    »Nein, es tat mir nicht leid«, sagte Bosch. »Wie ich schon vorhin erklärt habe, ich hätte Church lieber lebend als tot gehabt. Aber ich wollte ihm das Handwerk legen, so oder so.«
    »Aber Sie fädelten die ganze Sache ein, taktisch gesehen. Es mußte mit seinem Tod enden, nicht wahr?«
    »Nein, ich habe nichts eingefädelt. Es ist einfach so passiert.«
    Bosch vermied die Falle, sich ihr gegenüber zu wütenden Ausbrüchen hinreißen zu lassen. Statt dessen war es besser, jede Frage so zu beantworten, als spräche man mit einer Person, die sich schlicht irrte.
    »Sie waren jedoch befriedigt, daß Mr. Church getötet wurde, während er unbewaffnet, nackt und schutzlos war.«
    »Befriedigung hat mit der Sache nichts zu tun.«
    »Euer Ehren«, sagte Chandler. »Dürfte ich mit einem Beweisstück zum Zeugenstand treten. Es ist gekennzeichnet ›Klägerseite 3A‹.«
    Sie händigte Kopien eines Schreibens an Belk und den Gerichtsdiener, der es zum Richtertisch brachte. Während der Richter es durchlas, trat Belk zum Pult und erhob Einspruch.
    »Euer Ehren, ich kann nicht sehen, wie damit die Glaubwürdigkeit des Zeugens angefochten werden soll. Es ist nicht zulässig.

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