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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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deren Make-up in Churchs Apartment gefunden wurde. Es steht für mich und für jeden in der Fahndungsgruppe zweifelfrei fest, daß Church diese neun Frauen ermordete.«
    Chandler erhob Einspruch dagegen, daß Bosch eine Erklärung für die anderen Mitarbeiter der Fahndungsgruppe abgab, und der Richter stimmte ihr zu. Danach wechselte Belk das Thema, um sich nicht zu weit in bezug auf Opfer Sieben und Elf hinauszuwagen. Seine Strategie war es, jede Erwähnung eines zweiten Mörders zu vermeiden. Er überließ diesen Punkt Chandler, falls sie ihn sich im Kreuzverhör aufs Korn nehmen wollte.
    »Sie wurden gemaßregelt, weil Sie ohne Unterstützung ins Apartment gingen. Glauben Sie, daß das polizeiliche Disziplinarverfahren korrekt war?«
    »Nein.«
    »Wieso?«
    »Wie ich schon sagte, ich glaube nicht, daß ich eine andere Wahl hatte. Wenn ich wieder in der gleichen Lage wäre – selbst wenn ich wüßte, daß man mich deswegen versetzen würde –, würde ich genauso handeln. Ich müßte so handeln. Wenn eine andere Frau in der Wohnung gewesen wäre, ein anderes Opfer, und ich sie gerettet hätte, hätte man mich wahrscheinlich befördert.«
    Als Belk nicht sofort die nächste Frage stellte, fuhr Bosch fort.
    »Ich glaube, die Versetzung war aus PR-Gründen notwendig. Schließlich hatte ich einen unbewaffneten Mann erschossen. Es spielte keine Rolle, daß es ein Serienmörder, ein Monster, war. Außerdem hatte ich einige Auseinandersetzungen …«
    »Danke, das reicht.«
    »… mit Vorgesetzten …«
    »Detective Bosch.« Bosch stoppte. Er hatte ausgesprochen, was er wollte.
    »Sie sagen also, Sie würden nicht bedauern, was in dem Apartment geschah. Richtig?«
    »Nein, das ist nicht richtig.«
    Anscheinend überraschte Belk die Antwort. Er schaute auf seine Notizen. Auf diese Frage hatte er eine andere Antwort erwartet. Aber er begriff, daß er nachfragen mußte.
    »Was bedauern Sie?«
    »Daß Church die Bewegung machte und so den Schuß verursachte – ich mußte reagieren. Ich wollte die Morde stoppen, aber ich wollte ihn nicht töten, um das zu erreichen. Aber so ist es ausgegangen. Es war sein Zug.«
    Belk atmete sichtlich erleichtert und hörbar ins Mikrofon aus und sagte dann, er habe keine weiteren Fragen.
    Richter Keyes erklärte, es werde vor dem Kreuzverhör eine zehnminütige Pause geben. Bosch kehrte zum Tisch der Verteidigung zurück, und Belk flüsterte ihm zu, sie hätten sich seines Erachtens gut geschlagen. Aber Bosch antwortete nichts darauf.
    »Ich schätze, alles hängt vom Kreuzverhör ab. Wenn Sie das ohne großen Schaden durchstehen, denke ich, daß wir gewonnen haben.«
    »Was ist, wenn sie den Nachahmungstäter anspricht und das Schreiben ins Spiel bringt.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Wenn Sie das tut, würde sie blind fliegen.«
    »Nein, das würde sie nicht. Sie hat eine Quelle bei der Polizei, von der sie Information über das Schreiben bekommen hat.«
    »Wenn Sie das Thema anschneidet, werde ich um eine Besprechung am Richtertisch bitten.«
    Das war nicht gerade sehr ermutigend. Bosch sah auf die Uhr, ob er noch Zeit für eine Zigarette hatte. Es sah nicht so aus. Auf dem Weg zum Zeugenstand kam er hinter Chandlers Stuhl vorbei, die auf ihrem gelben Anwaltsblock Notizen machte.
    »Es wird immer ein großes Rätsel bleiben«, sagte sie, ohne aufzuschauen.
    »Jawohl«, sagte Bosch, ohne sich umzudrehen.
    Während er saß und wartete, sah er Bremmer hereinkommen, gefolgt von einem Typen von der Daily News und ein paar Reportern von Nachrichtenagenturen. Anscheinend hatte sich herumgesprochen, daß gleich die große Nummer beginnen würde. Da Kameras in Bundesgerichten nicht erlaubt sind, hatte einer der Fernsehsender einen Zeichner hergeschickt.
    Vom Zeugenstand aus beobachtete Bosch Chandler bei der Arbeit. Er nahm an, daß sie die Fragen an ihn formulierte. Deborah Church saß neben ihr. Ihre Hände lagen gefaltet auf dem Tisch, ihre Augen waren von Bosch abgewandt. Nach einer Minute öffnete sich die Tür vom Jury-Raum, und die Geschworenen nahmen wieder ihre Plätze ein. Dann erschien der Richter. Bosch atmete tief ein und bereitete sich vor, als Chandler mit ihrem gelben Block zum Pult ging.
    »Mr. Bosch«, begann sie, »wie viele Leute haben Sie getötet?«
    Belk erhob sofort Einspruch und bat um eine Besprechung am Richtertisch. Die Anwälte und die Stenografin traten nach vorne und flüsterten fünf Minuten lang. Bosch hörte nur einzelne Wortfetzen und Sätze, meistens

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