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Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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sich dabei um Peppers letzte Aufnahmen. Nach den vielen Jahren, die er wegen seiner Süchte in Gefängnissen und geschlossenen Anstalten verbracht hatte, holte der Künstler das Versäumte nach. Sogar bei seiner Arbeit als Sideman. Diese Unerbittlichkeit. Er behielt sie bei, bis sein Herz stillstand. Diese Einstellung und die Musik, die mein Freund so sehr schätzte, hatten etwas Integres. Er gab mir die CDs und sagte mir, ich sollte nie damit aufhören, Versäumtes nachzuholen.
    Die Nummer war bald zu Ende, und Kiz wandte sich mir zu.
    »Wer war das?«
    »Art Pepper, Lee Konitz.«
    »Weiße?«
    Ich nickte.
    »Verdammt. Nicht übel.«
    Ich nickte wieder.
    »Und was ist unter dem Tischtuch, Harry?«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Nachdem du dich seit acht Monaten zum ersten Mal wieder blicken lässt, nehme ich an, du weißt es.«
    Sie nickte.
    »Ja.«
    »Lass mich mal raten. Alexander Taylor kennt den Chief oder den Bürgermeister oder beide und hat angerufen, ob ihr mich mal ein bisschen unter die Lupe nehmen könnt.«
    Sie nickte. Ich hatte richtig geraten.
    »Und der Chief wusste, dass wir beide früher mal ziemlich gut miteinander klarkamen, und deshalb …«
    Früher mal. Sie schien zu stolpern, während sie das sagte.
    »Jedenfalls hat er mich geschickt, um dir zu sagen, dass du auf dem Holzweg bist.«
    Sie setzte sich auf den Sessel gegenüber der Couch und schaute über das Sonnendeck. Ich konnte sehen, dass sie nicht an dem interessiert war, was dort draußen war. Sie wollte bloß mich nicht ansehen.
    »Dafür hast du also den Job beim Morddezernat aufgegeben? Um für den Chief die Botengänge zu machen?«
    Sie schaute mich scharf an, und ich konnte die Kränkung in ihren Augen sehen. Aber ich bereute nicht, was ich gesagt hatte. Ich war genauso wütend auf sie, wie sie es auf mich war.
    »Du hast gut reden, Harry. Du hast den Krieg bereits hinter dir.«
    »Der Krieg ist nie zu Ende, Kiz.«
    Fast musste ich lächeln über den nächsten Song, der ausgerechnet jetzt kam, wo Rider mir eine Botschaft übermittelte. Es war ›High Jingo‹, und Pepper begleitete immer noch Konitz. Sechs Monate nach Einspielung der Nummer war Pepper tot. Das seltsame Zusammentreffen, das mich grinsen ließ, bestand darin, dass in meiner Anfangszeit bei der Polizei die alten Hasen mit ›High Jingo‹ all diejenigen Fälle bezeichneten, an denen der fünfte Stock besonderes Interesse zeigte oder die sonst irgendwelche nicht erkennbaren politischen oder bürokratischen Gefahren bargen. Wenn ein Fall als High Jingo eingestuft wurde, war man besser auf der Hut. Dann befand man sich auf gefährlichem Terrain. Man musste sich sehr gut absichern, weil man auf keinerlei Rückendeckung zählen konnte.
    Ich stand auf und ging ans Fenster. Die Sonne brach sich in Milliarden in der Luft schwebender winziger Teilchen. Sie waren orange- und rosafarben und wunderschön anzusehen. Sie sahen nicht so aus, als könnten sie giftig sein.
    »Und wie lautet nun die Botschaft des Chief? Finger weg, Bosch, Sie sind jetzt Zivilist. Überlassen Sie das lieber den Profis?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Der Fall setzt Staub an, Kiz. Was interessiert es ihn da, wenn ich ein bisschen zu wühlen anfange, wenn niemand von seinen Leuten das tut? Hat er Angst, ich könnte ihn oder sonst jemanden blamieren, wenn ich ihn löse?«
    »Wer sagt, er setzt Staub an?«
    Ich drehte mich um und sah sie an.
    »Jetzt komm mir bloß nicht mit der ›angemessenes Engagement‹-Leier. Ich weiß doch, wie die Sache läuft. Alle sechs Monate eine Unterschrift im Log: ›Tja, nichts Neues hier.‹ Ich meine, liegt dir denn gar nichts an dieser Geschichte, Kiz? Du hast Angella Benton doch gekannt. Möchtest du nicht, dass die Sache aufgeklärt wird?«
    »Natürlich möchte ich das. Denk bloß nicht, ich gäbe mich mit weniger zufrieden. Aber es ist verschiedenes im Gang, Harry. Es ist eine Gefälligkeit, dass man mich hergeschickt hat. Halt dich da raus. Du könntest in etwas hineingeraten, in das du nicht hineingeraten solltest. Du könntest mehr Schaden anrichten als helfen.«
    Ich setzte mich wieder und sah sie an. Ich versuchte, zwischen den Zeilen zu lesen. Überzeugt war ich jedenfalls nicht.
    »Wenn tatsächlich wieder Ermittlungen angestellt werden – von wem?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Das darf ich dir nicht sagen. Ich kann dir nur sagen, dass du dich da raushalten sollst.«
    »Hör zu, Kiz, mit diesem Quatsch brauchst du mir doch nun wirklich nicht zu kommen. Selbst wenn

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