Harry Bosch 09 - Letzte Warnung
und Jack, daraufhin unternommen?«
»Naja, nichts Besonderes. Das waren eine Menge Nummern – ganze sechs Seiten voll. Wir dachten, wir hätten vielleicht eine falsche erwischt. Du weißt schon, dass dem Typen, der die Scheine registriert hat, ein Fehler unterlaufen ist, dass er eine Nummer falsch aufgeschrieben hatte oder irgendwas. Wir hatten damals längst wieder einen neuen Fall. Jack wollte ein bisschen rumtelefonieren – bei der Bank und bei Global Underwriters. Ob er es allerdings auch getan hat, weiß ich nicht. Und dann, kurz darauf, ist uns diese Scheiße in dieser Kneipe passiert und das Ganze rückte mehr oder weniger in den Hintergrund … bis ich plötzlich wieder an Angella Benton denken musste und dich anrief. Jetzt kommen diese ganzen Geschichten plötzlich wieder hoch, weißt du?«
»Mhm. Weißt du den Namen dieser Agentin noch?«
»Tut mir Leid, Harry, ich weiß nicht mehr, wie sie hieß. Möglicherweise wusste ich das auch nie. Ich habe nicht mit ihr gesprochen, und ich glaube nicht, dass Jack mir ihren Namen gesagt hat.«
Ich schwieg, während ich überlegte, ob das ein Anhaltspunkt war, dem nachzugehen sich lohnte. Ich dachte an das, was Kiz Rider gesagt hatte: dass wieder jemand an dem Fall arbeitete. Vielleicht war das der Ansatzpunkt. Vielleicht waren diese Leute, die sie mir gegenüber erwähnt hatte, FBI-Agenten. Während ich mir darüber den Kopf zerbrach, begann Cross wieder zu sprechen.
»Ich weiß nicht, ob dir das groß weiterhilft, aber so, wie Jack es mir geschildert hat, entstand für mich der Eindruck, als ob diese Agentin sozusagen außerdienstlich auf diese Sache gestoßen wäre. Dieses Programm, das hatte sie selbst entwickelt. Gewissermaßen in ihrer Freizeit. Sie fand das Ganze nicht mit dem offiziellen Computer raus.«
»Okay. Kannst du dich vielleicht erinnern, ob ihr sonst noch irgendwelche Treffer mit den Nummern hattet? Vor dieser?«
»Ja, einen. Aber das hat zu nichts geführt. Diese Nummer tauchte übrigens sogar ziemlich schnell auf.«
»Ja?«
»Bei einer Bankeinzahlung. In Phoenix, glaube ich. Mein Gedächtnis ist wie Schweizer Käse. Jede Menge Löcher.«
»Kannst du dich überhaupt an etwas in Zusammenhang mit dem Schein erinnern?«
»Nur, dass die Zahlung irgendwo erfolgte, wo die Geschäfte vorwiegend in bar abgewickelt werden. In einem Restaurant zum Beispiel. Deshalb konnten wir die Spur nicht weiter zurückverfolgen.«
»Aber es war ziemlich kurz nach dem Überfall?«
»Ja, ich weiß noch, dass wir uns richtig darauf stürzten. Jack fuhr sogar hin. Aber es führte zu nichts.«
»Wie lange nach dem Überfall war das, weißt du das noch?«
»Ein paar Wochen danach? Aber wenn du mich darauf festnageln würdest …?«
Ich nickte. Sein Erinnerungsvermögen kehrte zurück, aber es war noch nicht zuverlässig. Das erinnerte mich daran, dass ich ohne das Mordbuch – die Dokumentation des Falls – massiv gehandikapt war.
»Okay, Law, danke. Wenn dir sonst noch irgendwas einfällt, sag bitte Danny, dass sie mich anruft. Und egal, ob dir noch was einfällt oder nicht, werde ich auf jeden Fall wieder vorbeikommen.«
»Und du bringst den …«
Er sprach den Satz nicht zu Ende und brauchte es auch nicht.
»Klar, ich bringe dir was mit. Willst du auch wirklich nicht, dass ich sonst noch jemanden mitbringe? Einen Anwalt zum Beispiel, der mit dir reden könnte, was …«
»Nein, Harry, keinen Anwalt, noch nicht.«
»Möchtest du, dass ich mit Danny rede?«
»Nein, Harry, rede nicht mit ihr.«
»Wirklich nicht?«
»Nein.«
Ich nickte zum Abschied und ging aus dem Zimmer. Ich wollte zu meinem Auto, damit ich mir schnell ein paar Notizen über den Anruf machen konnte, den Jack Dorsey von der FBI-Agentin erhalten hatte. Aber als ich vom Flur ins Wohnzimmer kam, wartete dort Danielle Cross auf mich. Sie saß auf der Couch und sah mich vorwurfsvoll an. Ich schaute genauso vorwurfsvoll zurück.
»Ich glaube, gleich beginnt auf Court TV eine Sendung, die er gern sehen möchte.«
»Ich sehe gleich nach ihm.«
»Gut. Dann gehe ich jetzt.«
»Es wäre mir lieber, wenn du nicht wieder kämst.«
»Möglicherweise muss ich das aber.«
»Er befindet sich in einem äußerst labilen Zustand – mental wie physisch. Der Alkohol bringt ihn völlig aus dem Gleichgewicht. Es dauert Tage, bis es sich wieder eingependelt hat.«
»Ich hatte eigentlich eher den Eindruck, als wäre es ihm hinterher um einiges besser gegangen.«
»Dann komm morgen noch mal
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