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Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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vorbei und sieh dir an, wie es ihm dann geht.«
    Ich nickte. Sie hatte Recht. Ich hatte eine halbe Stunde mit ihrem Mann verbracht, nicht mein Leben. Ich merkte, dass sie auf etwas ganz Bestimmtes hinauswollte.
    »Wahrscheinlich hat er dir erzählt, dass er sterben will und dass ich es bin, die ihn am Leben hält. Wegen des Geldes.«
    Ich nickte.
    »Er hat gesagt, ich behandle ihn schlecht.«
    Ich nickte wieder.
    »Das erzählt er jedem, der zu Besuch kommt. Den ganzen Cops.«
    »Stimmt es denn?«
    »Was? Dass er sterben will? An manchen Tagen. An anderen nicht.«
    »Und was ist damit, dass er schlecht behandelt wird?«
    Sie wandte den Blick von mir ab.
    »Es ist frustrierend, ihn zu pflegen. Es geht ihm sehr schlecht. Er lässt es an mir aus. Einmal habe ich es an ihm ausgelassen. Ich habe den Fernseher ausgemacht. Er fing zu heulen an wie ein kleines Kind.«
    Sie sah zu mir auf.
    »Das ist das Einzige, was ich mal getan habe, aber auch das war schon zu viel. Ich finde schrecklich, was ich getan habe, was in diesem Moment aus mir wurde. Mir wuchs einfach alles über den Kopf.«
    Ich versuchte, ihren Blick, ihre Kinnstellung, ihren Mund zu deuten. Sie hielt die Hände vor sich aneinander, und die Finger der einen Hand machten an denen der anderen herum. Ausdruck ihrer Nervosität. Ich beobachtete, wie ihr Kinn zu zittern begann, und dann kamen die Tränen.
    »Was soll ich bloß tun?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ich schnellstens von hier wegmusste.
    »Das weiß ich nicht, Danny. Ich weiß nicht, was irgendjemand von uns tun soll.«
    Es war alles, was mir einfiel. Ich ging rasch zur Haustür und nach draußen. Ich kam mir vor wie ein Feigling, einfach wegzugehen und die beiden allein miteinander in diesem Haus zurückzulassen.

7
     Es hat sich schon so mancher um Kopf und Kragen geredet. Die Theorie, die Cross und Dorsey vier Jahre zuvor ihren Ermittlungen zugrunde gelegt hatten, war einfach. Sie glaubten, dass Angella Benton infolge ihres Jobs sehr genau über die zwei Millionen, die an den Set geliefert werden sollten, Bescheid wusste und den Raubüberfall sowie ihren eigenen Tod herbeigeführt hatte, weil sie entweder ganz bewusst oder versehentlich über das Geld gesprochen hatte. Die Tatsache, dass sie zu viel geredet hatte, hatte alles in Bewegung gesetzt, zunächst den Überfall und danach ihre Ermordung. Als internes Bindeglied zu den Räubern hatte sie beseitigt werden müssen, um deren Spuren zu verwischen. Da sie vier Tage vor dem Überfall ermordet worden war, hatten die zwei Ermittler angenommen, dass sie nicht absichtlich an der Sache beteiligt gewesen war. Sie hatte die Information, die zu dem Raubüberfall führte, irgendwie in Umlauf gebracht und hatte deshalb aus dem Weg geräumt werden müssen, bevor ihr klar wurde, was sie getan hatte, und zwar so, dass kein Zusammenhang mit der bevorstehenden Bargeldlieferung hergestellt werden konnte. Deshalb waren die psychosexuellen Komponenten am Tatort – die zerrissenen Kleider und die Masturbationsspuren – in gewisser Weise nur Schaufensterdekoration zum Zweck der Irreführung.
    Wäre sie dagegen aktiv an dem Raubüberfall beteiligt gewesen, hätte ihre Ermordung nach Auffassung der Ermittler eher nach der Durchführung des Raubüberfalls erfolgen müssen.
    Mir war diese Theorie durchaus einleuchtend erschienen, als Lawton Cross sie mir im Zuge meines ersten Besuchs bei ihm auseinander gelegt hatte. Es war wahrscheinlich die Richtung, die ich eingeschlagen hätte, wenn ich den Fall hätte behalten dürfen. Aber letzten Endes führte die Theorie zu nichts. Cross erzählte mir, er und sein Partner seien bei ihren Ermittlungen im Fall Benton jeder nur erdenklichen Spur nachgegangen, seien aber nie auf den einen entscheidenden Hinweis gestoßen, der den Durchbruch bedeutet hätte. Sie hatten sich ganze fünf Monate mit Angella Benton beschäftigt. Sie rekonstruierten ihre beruflichen und privaten Aktivitäten, ihre Gewohnheiten, ihren Tagesablauf. Sie studierten ihre Kreditkarten-, Bank- und Telefonunterlagen. Sie sprachen mehrmals mit allen Familienmitgliedern und Freunden und Bekannten. Sie verbrachten allein acht Tage in Indianapolis. Dorsey flog wegen eines einzigen Hundertdollarscheins nach Phoenix. Sie verbrachten so viel Zeit bei Eidolon Productions, dass sie einen Monat lang bei Archway Pictures ein Büro zur Verfügung gestellt bekamen, um darin ihre Vernehmungen durchzuführen.
    Und es kam nichts dabei

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