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Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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reglos da und versuchte, die Erinnerung zu fassen zu bekommen. Sie war da, nur außer Reichweite.
    Ich machte das Handy wieder an. Ich hatte mein Telefonbuch nicht dabei, und Nummern, die ich einmal im Kopf gehabt hatte, waren in den vergangenen neun Monaten weggespült worden, als wären sie am Strand in den Sand geschrieben gewesen. Ich rief bei der Auskunft an und ließ mir die Nummer der Nachrichtenredaktion der Times geben. Dann wurde ich zu Keisha Russell durchgestellt. Sie konnte sich an mich erinnern, als wäre ich immer noch bei der Polizei. Wir hatten ein gutes Verhältnis zueinander gehabt. Ich hatte ihr im Lauf der Jahre ein paar Exklusivmeldungen zugeschanzt, und zum Dank dafür half sie mir bei der Suche nach bestimmten Meldungen und berichtete über bestimmte Fälle länger als üblich, wenn es ihr möglich war. Der Fall Angella Benton war eine jener Gelegenheiten gewesen, in denen es ihr nicht möglich gewesen war.
    »Harry Bosch«, sagte sie. »Wie geht's?«
    Ich stellte fest, dass inzwischen von ihrem jamaikanischen Akzent fast nichts mehr zu hören war. Ich vermisste ihn. Ich fragte mich, ob es Absicht war oder nur eine Folge davon, dass sie zehn Jahre im so genannten Schmelztiegel gelebt hatte.
    »Gut geht's mir. Machen Sie immer noch die Polizeisachen?«
    »Klar. Manche Dinge ändern sich nie.«
    Sie hatte mir einmal erzählt, Polizeiangelegenheiten seien bei der Zeitung zwar etwas für Neueinsteiger, aber sie wolle sie trotzdem nicht abgeben. Auch wenn es höher angesehen sei, über Stadtpolitik oder Wahlen oder fast alles andere zu schreiben, sei es tödlich langweilig im Vergleich mit dem Verfassen von Storys über Leben und Tod und Verbrechen und seine Folgen. Sie war gut und gründlich und genau. Und das sogar so sehr, dass sie zu meiner Abschiedsfeier eingeladen worden war. Eine solche Einladung musste man sich als Außenstehender, und ganz besonders als Journalist, erst einmal verdienen.
    »Was man von Ihnen nicht behaupten könnte, Harry Bosch. Ich dachte, Sie würden immer in der Hollywood Division bleiben. Obwohl es inzwischen schon fast ein Jahr her ist, kann ich es immer noch nicht glauben. Übrigens rief ich vor ein paar Monaten wegen einer Story aus reiner Gewohnheit Ihre Nummer an, und als sich eine fremde Stimme meldete, musste ich einfach wieder auflegen.«
    »Wer war es?«
    »Perkins. Sie haben ihn von Autodiebstahl geholt.«
    Ich hatte mich nicht auf dem Laufenden gehalten. Ich wusste nicht, wer meinen Platz eingenommen hatte. Perkins war gut, aber nicht gut genug. Aber das sagte ich Russell nicht.
    »Und was liegt bei Ihnen an, Mon?«
    Ab und zu schaltete sie wieder ihren jamaikanischen Akzent und ihren speziellen Vortrag ein. Es war ihre Art, das Thema zu wechseln, zur Sache zu kommen.
    »Hört sich so an, als hätten Sie gerade zu tun.«
    »Ein bisschen.«
    »Dann will ich Sie nicht von der Arbeit abhalten.«
    »Nein, nein, nein, kein Problem. Was kann ich für Sie tun, Harry? Sie arbeiten doch nicht etwa an einem Fall? Sind Sie unter die Privatdetektive gegangen?«
    »Nein, nichts dergleichen. Da ist nur eine Sache, die mich ein bisschen neugierig gemacht hat, mehr nicht. Aber das eilt nicht. Ich melde mich später noch mal, Keisha.«
    »Harry, bleiben Sie dran!«
    »Sind Sie sicher?«
    »Für einen alten Bekannten bin ich nie zu beschäftigt, verstehen Sie? Was hat Sie neugierig gemacht?«
    »Mir fiel nur wieder ein … gab es da vor einiger Zeit nicht eine FBI-Agentin die spurlos verschwunden ist? Es war, glaube ich, im Valley. Sie wurde zuletzt gesehen, als sie nach Hause fuhr. Sie war …«
    »Martha Gessler.«
    Der Name zog die Erinnerung noch immer nicht heraus, aber ich war sicher, Russell hatte Recht.
    »Ja, wahrscheinlich. Wissen Sie, was mit ihr passiert ist?«
    »Soviel ich weiß, gilt sie immer noch als vermisst, vermutlich inzwischen tot.«
    »Gab es in letzter Zeit nichts über sie? Ich meine, irgendwelche Meldungen?«
    »Nein, weil ich sie geschrieben hätte, und ich habe mindestens, ähm, zwei Jahre nichts mehr über sie geschrieben.«
    »Zwei Jahre. Liegt das Ganze zwei Jahre zurück?«
    »Nein, eher drei. Ich glaube, ich habe eine Ein-Jahr-später-Story gemacht. Ein Update. Das war das letzte Mal, dass ich über sie geschrieben habe. Aber danke, dass Sie mich daran erinnern. Wird vielleicht Zeit, noch mal einen Blick reinzuwerfen.«
    »Also, wenn Sie das wirklich vorhaben sollten – könnten Sie damit vielleicht noch ein paar Tage warten, wenn es

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