Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
Telefon, dass ich es von meinem Ohr weghalten musste.
    »Harry, du machst mich noch wahnsinnig. Was willst du?«
    »Ich sitze gerade vor der FBI-Zentrale in Westwood. Eigentlich sollte ich reingehen und mich mit einem gewissen Nunez treffen. Einem FBI-Mann. Aber irgendwie habe ich kein gutes Gefühl bei der Sache. Deshalb würde ich gern wissen, ob das die Leute sind, die in der Sache Angella Benton ermitteln. Vor denen du mich gewarnt hast? Ein gewisser Nunez? Hat das Ganze etwas mit Martha Gessler zu tun, der Agentin, die vor ein paar Jahren spurlos verschwunden ist?«
    Aus dem Hörer kam langes Schweigen. Zu lange.
    »Kiz?«
    »Ich bin noch dran. Hör zu, Harry, es ist genau so, wie ich dir heute Morgen gesagt habe. Ich darf über den Fall nicht mit dir sprechen. Alles, was ich dir sagen kann, ist das, was ich dir bereits gesagt habe. Der Fall ist offen und aktiv und du solltest die Finger davonlassen.«
    Jetzt war es an mir, nicht zu antworten. Sie war wie eine Fremde. Noch vor weniger als einem Jahr wäre ich mit ihr in den Kampf gezogen und hätte ihr genauso mein Leben anvertraut wie sie mir das ihre. Jetzt war ich nicht mal sicher, ob ich von ihr erwarten konnte, dass sie mir ohne vorherige Rücksprache mit dem fünften Stock sagen würde, ob die Sonne aufgegangen war.
    »Harry, bist du noch dran?«
    »Ja, ich bin noch dran. Es hat mir nur die Sprache verschlagen, Kiz. Ich dachte, wenn es bei der Polizei jemanden gibt, der immer ehrlich zu mir sein wird, dann wärst du das. Mehr nicht.«
    »Hör zu, Harry, hast du im Zuge deiner kleinen Privatoperation irgendetwas Verbotenes getan?«
    »Nein, aber nett von dir, dass du fragst.«
    »Dann hast du von Nunez nichts zu befürchten. Geh rein und schau, was sie wollen. Über Martha Gessler weiß ich nichts. Und das ist alles, was ich dir sagen kann.«
    »Okay, Kiz, danke.« Jetzt nahm ich jeden Ausdruck aus meiner Stimme. »Pass gut auf dich auf da oben im fünften Stock. Und ich melde mich später bei dir.«
    Bevor sie das letzte Wort einwerfen konnte, machte ich das Handy aus. Ich erhob mich von der Bank und ging auf den Eingang des Gebäudes zu. Drinnen musste ich durch einen Metalldetektor gehen, meine Schuhe ausziehen und für die Durchsuchung mit dem Zauberstab die Arme vom Körper heben. Ich konnte den Mann mit dem Stab kaum verstehen, als er mich aufforderte, die Arme zu heben. Er sah mehr wie ein Terrorist aus als ich, aber ich protestierte nicht. Man muss aufpassen, mit wem man sich anlegt. Schließlich erreichte ich den Lift und fuhr zum zwölften Stock hoch. Ich betrat einen Wartebereich, in dem eine große Scheibe aus vermutlich kugelsicherem Glas den allgemein zugänglichen Bereich vom Allerheiligsten trennte. Ich sagte meinen Namen und den der Person, die ich sprechen wollte, in ein Mikrofon, und die Frau hinter der Scheibe forderte mich auf, Platz zu nehmen.
    Ich stellte mich jedoch ans Fenster und sah auf den Soldatenfriedhof auf der anderen Seite des Wilshire Boulevard hinab. Ich erinnerte mich, dass ich an der genau gleichen Stelle gestanden hatte, als ich vor über zwölf Jahren zum ersten Mal der Frau begegnet war, die später meine Frau, Exfrau und anhaltende große Liebe wurde.
    Ich wandte mich vom Fenster ab und setzte mich auf die Plastikcouch. Auf einem abgenutzten Couchtisch lag eine Zeitschrift mit Brenda Barstows Foto auf dem Titel. Unter dem Bild stand ›Brenda, Amerikas Liebling‹. Ich wollte gerade nach dem Heft greifen, als die Tür aufging, die zu den Büros führte, und ein Mann in weißem Hemd und Krawatte herauskam.
    »Mr Bosch?«
    Ich stand auf und nickte. Er streckte mir die rechte Hand entgegen, während er mit der linken die Sicherheitstür aufhielt, damit sie nicht zufiel.
    »Ich bin Ken Nunez. Danke, dass Sie gekommen sind.«
    Der Handschlag war kurz, und dann drehte sich Nunez um und führte mich nach drinnen. Er sagte nichts, während wir gingen. Er war nicht, was ich erwartet hatte. Am Telefon hatte er geklungen wie ein müder Veteran, der alles schon zweimal gesehen hatte. Aber er war jung, höchstens ein, zwei Jahre über dreißig. Und er ging den Flur nicht hinunter. Er schritt. Er war ein junger Macher, der es noch darauf angelegt hatte, sich und anderen etwas zu beweisen. Ich war nicht sicher, was mir lieber gewesen wäre – ein alter oder ein junger Agent.
    Er öffnete eine Tür auf der linken Seite und machte einen Schritt zurück, um mich eintreten zu lassen. Als ich sah, dass die Tür nach außen aufging und

Weitere Kostenlose Bücher