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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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sich hinter einer Stütze im Schlafzimmer.
    Unten ging das Licht an, und chinesische Stimmen füllten die Wohnung. Den Rücken gegen die Stütze gedrückt, unterschied Bosch die Stimmen von zwei Männern und einer Frau. Einer der Männer dominierte die Unterhaltung, während der andere Mann und die Frau nur hin und wieder Fragen zu stellen schienen.
    Bosch spähte um den Rand der Galerie und riskierte einen Blick nach unten. Er sah den Mann, der vorwiegend redete, auf die Möbel deuten. Er öffnete eine Schranktür unter der Treppe und machte eine weit ausholende Handbewegung. Bosch merkte, er zeigte dem Paar die Wohnung. Sie wurde bereits wieder vermietet.
    Das hieß, früher oder später kämen die drei Personen ins Schlafzimmer hoch. Bosch schaute zum Bett. Es bestand aus einer unbezogenen Matratze auf einem dreißig Zentimeter hohen Bettgestell und war das einzige Versteck, in dem er eine realistische Chance hatte, nicht entdeckt zu werden. Sein Brustkorb streifte die Unterseite des Lattenrosts, als er sich rücklings auf dem Boden liegend unter das Bett schob und in der Mitte liegen blieb. Er wartete und verfolgte anhand der Stimmen den Fortgang der Wohnungsbesichtigung.
    Schließlich kamen die drei die Treppe zum Schlafzimmer herauf. Bosch hielt den Atem an, als das Paar im Zimmer herumging. Er wartete darauf, dass sich jemand aufs Bett setzte, aber dazu kam es nicht.
    Plötzlich spürte Bosch in seiner Tasche etwas vibrieren und merkte, dass er das Handy nicht ausgeschaltet hatte. Zum Glück wurde das leise Vibrieren von der Stimme des Maklers übertönt, der den Interessenten die Wohnung überschwenglich anpries. Hektisch schob Bosch eine Hand in seine Tasche und holte das Handy heraus, um zu sehen, ob der Anruf vom Handy seiner Tochter kam. Wäre das der Fall, würde er ihn auf jeden Fall entgegennehmen müssen.
    Um auf das Display sehen zu können, musste Bosch das Handy zwischen den Sprungfedern anheben. Der Anruf war von Barbara Starkey, der Videotechnikerin, und er drückte die Stummtaste. Das hatte Zeit bis später.
    Als er das Handy wieder zuklappen wollte, wurde im schwachen Lichtschein des Displays eine Pistole sichtbar, die hinter eine der Holzlatten des Rosts geklemmt war.
    Boschs Herz begann schneller zu schlagen, als er die Pistole sah. Aber er beschloss, sie nicht anzufassen, bis die Wohnung wieder leer war. Er klappte das Handy zu und wartete. Bald hörte er die Besucher die Treppe hinuntergehen. Wie es sich anhörte, schauten sie sich unten noch einmal kurz um, bevor sie schließlich die Wohnung verließen.
    Als Bosch hörte, wie die Tür von außen abgeschlossen wurde, kroch er unter dem Bett hervor.
    Er wartete kurz, um sicherzugehen, dass der Makler und das Paar tatsächlich weg waren, dann machte er die Deckenbeleuchtung wieder an. Er ging zum Bett, hob die Matratze vom Lattenrost und lehnte sie an die Schlafzimmerwand. Dann hob er den Rost heraus und lehnte ihn gegen die Matratze. Er beugte sich zu der Pistole hinab, die noch im Bettgestell festgeklemmt war.
    Weil er sie immer noch nicht gut genug sehen konnte, holte er das Handy wieder heraus, klappte es auf und hielt es wie eine Taschenlampe an die Waffe.
    »Scheiße.«
    Er suchte eine Glock, eine Pistole mit einem rechteckigen Schlagbolzen. Aber die Waffe in Changs Bett war eine Smith & Wesson.
    Das brachte ihn nicht weiter. Er merkte, dass er wieder einmal am Nullpunkt angelangt war. Wie um diese Einsicht zu unterstreichen, gab seine Armbanduhr ein leises Piepen von sich. Er fasste an sein Handgelenk und stellte es ab. Um seinen Flug nicht zu verpassen, hatte er sich den Wecker gestellt. Zeit, zum Flughafen zu fahren.
    Nachdem er das Bett wieder zusammengebaut hatte, machte er im Schlafzimmer das Licht aus und schlüpfte aus der Wohnung.
    Zunächst würde er nach Hause fahren, um seinen Pass zu holen und seine Pistole wegzuschließen. Im Ausland durfte er seine Dienstwaffe nur mit einer Genehmigung des betreffenden Landes mitführen – und eine solche zu beantragen konnte Tage, wenn nicht Wochen dauern. Kleider würde er keine mitnehmen, weil er nicht glaubte, dass er in Hongkong Zeit hätte, sich umzuziehen. Er war in einer Mission unterwegs, die in dem Moment begänne, in dem er das Flugzeug verließ.
    Er nahm in Monterey Park den Freeway 10, um dann auf dem 101er durch Hollywood hoch nach Hause zu fahren. Unterwegs überlegte er, wie er die Polizei auf die Spur der in Changs Wohnung versteckten Pistole bringen könnte. Denn

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