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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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vorerst gab es noch keinen berechtigten Grund, die Wohnung zu durchsuchen. Trotzdem musste die Waffe gefunden und untersucht werden. Im Mordfall John Li brächte sie Bosch zwar nicht weiter, aber das hieß nicht, dass Chang sie für gute Taten und wohltätige Zwecke verwendet hatte. Sie war im Dienst der Triade zum Einsatz gekommen und führte höchstwahrscheinlich zu etwas, was sich Chang anlasten ließ.
    Als Bosch auf dem Freeway 101 am Rand des Civic Center entlang in Richtung Norden fuhr, fiel ihm der Anruf von Barbara Starkey wieder ein. Er hörte die eingegangenen Nachrichten ab. Starkey bat um schnellstmöglichen Rückruf. Es hörte sich an, als hätte sie etwas Wichtiges entdeckt. Bosch drückte die Rückruftaste.
    »Barbara, hier Harry.«
    »Harry, ja. Gut dass du anrufst, bevor ich nach Hause fahre.«
    »Hättest du nicht schon vor drei Stunden Feierabend machen sollen.«
    »Na ja, schon. Aber ich habe dir doch gesagt, dass ich mir das mal ansehen werde.«
    »Danke, Barbara. Und glaub nicht, ich wüsste das nicht zu schätzen. Was hast du gefunden?«
    »Zwei Dinge. Aber zuerst, ich habe hier einen Ausdruck, der noch etwas schärfer ist als der erste, falls du ihn haben willst.«
    Bosch war enttäuscht. Es hörte sich an, als gebe es nicht wirklich mehr, als er bereits hatte, und als wolle sie ihm nur mitteilen, dass es dieses schärfere Bild von dem Blick gab, den man von dem Zimmer hatte, in dem seine Tochter festgehalten wurde. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass manche Leute, wenn sie einem einen Gefallen taten, dazu neigten, ihren Beitrag als wichtiger hinzustellen, als er tatsächlich war. Er beschloss, mit dem Bild vorliebzunehmen, das er bereits hatte. Der Umweg, um den neuen Ausdruck abzuholen, würde ihn zu viel Zeit kosten. Er musste seinen Flieger erreichen.
    »Sonst noch was?«, fragte er. »Ich muss nämlich zum Flughafen.«
    »Ja, ich habe ein paar weitere visuelle und akustische Identifikatoren gefunden, die dir weiterhelfen könnten«, sagte Starkey.
    Jetzt konnte sie Boschs uneingeschränkter Aufmerksamkeit gewiss sein.
    »Und die wären?«
    »Also, einer könnte ein Zug oder eine U-Bahn sein. Dann wäre da noch ein Gesprächsfetzen, der nicht chinesisch ist. Und der letzte ist, glaube ich, ein lautloser Hubschrauber.«
    »Ein
lautloser
Hubschrauber? Was soll das denn sein?«
    »Na ja, lautlos eben. Im Fenster spiegelt sich ganz kurz ein vorbeifliegender Hubschrauber, von dem es aber keine Audiospuren gibt.«
    Zunächst antwortete Bosch nicht. Er wusste inzwischen, was sie meinte: einen Whisper-Jet-Hubschrauber, wie sie die Reichen und Mächtigen Hongkongs benutzten. Er hatte die Dinger selbst gesehen. Per Hubschrauber zur Arbeit zu fliegen war in Hongkong nichts Ungewöhnliches, aber Bosch wusste auch, dass es in jedem Stadtteil nur wenige Gebäude gab, die auf ihrem Dach einen Landeplatz betreiben durften. Mit ein Grund, weshalb sich seine Ex-Frau für ihre Wohnung im Haus in Happy Valley entschieden hatte, war gewesen, dass es dort einen Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach gab. So brauchte sie zu ihrem Casino in Macao nur zwanzig Minuten von Tür zu Tür, während sie sonst zwei Stunden unterwegs gewesen wäre, um zunächst zum Hafen zu kommen, die Fähre zu nehmen und schließlich von der Anlegestelle zu Fuß zum Casino zu gehen oder sich ein Taxi zu nehmen.
    »Barbara, kannst du noch fünf Minuten warten? Ich komme sofort vorbei.«
    Er nahm die Ausfahrt Los Angeles Street und fuhr zum Parker Center weiter. Weil es schon spät war, gab es im Parkhaus hinter dem alten Polizeihauptquartier jede Menge freier Plätze. Bosch parkte, überquerte rasch die Straße und betrat das Gebäude durch den Hintereingang. Der Aufzug schien eine Ewigkeit zu brauchen, doch als er das fast verlassene SID -Labor betrat, waren in Wirklichkeit nur sieben Minuten vergangen, seit er das Handy weggesteckt hatte.
    »Das hat aber gedauert«, begrüßte ihn Starkey.
    »Entschuldige. Und danke, dass du gewartet hast.«
    »War doch nicht ernst gemeint. Ich weiß, du hast es eilig. Sehen wir es uns also nur ganz kurz an.«
    Sie deutete auf einen ihrer Monitore, auf dem das Fenster aus dem Handy-Video zu sehen war. Es war das Bild, das sie Bosch ausgedruckt hatte. Starkey legte die Hände auf die Drehknöpfe.
    »So«, sagte sie. »Achte mal auf den oberen Rand der Spiegelung. Das haben wir vorher nämlich nicht gesehen – beziehungsweise gehört.«
    Sie drehte langsam einen Knopf und spulte die Aufnahme zurück.

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