Harry Dresden 08 - Schuldig
weißt doch, wie verwirrend dieses ganze Konzept von Gut und Böse für mich ist.“
„Ich glaube, ich werde das einfach in der nächsten Zeit durch ‚wir‘ und ‚sie‘ ersetzen, um die Dinge einfach zu halten“, beruhigte ich ihn. „Mir gefällt der Plan. Da muss es doch einen Haken geben.“
„Allerdings“, gab Bob zu. „Was wirklich haarig sein wird, ist, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Du wirst das magische Leuchtfeuer erst fühlen können, wenn die Fresser aus dem Niemalsland herüberwechseln und beginnen, körperliche Gestalt anzunehmen. Wenn du sie dann nicht umgeleitet hast, ist es zu spät.“
Ich nickte stirnrunzelnd. „Das lässt mir wie viel Zeit? Zwanzig Sekunden vielleicht?“
„Nur, wenn es sich um echt lahme Fresser handelt“, meinte Bob. „Eher zehn Sekunden. Vielleicht sogar weniger.“
Ich runzelte die Stirn noch stärker. „Das ist ein verdammt winziges Zeitfenster.“ Ein weiteres Problem schoss mir durch den Kopf. „Außerdem gebe ich einen Schuss ins Blaue ab. Ich habe keine Ahnung, wie ich herausfinden könnte, wem ich die Furchtfresser an den Hals hetze. Was passiert, wenn derjenige gerade in einer Menschenmasse steht?“
„Der wird zu diesem Zeitpunkt damit beschäftigt sein, Grausamkeiten aus dem Niemalsland zu beschwören, um Tod und Verderben zu verbreiten“, wies mich Bob mit geduldiger Stimme hin. „Da wird es ihm schwerfallen, unauffällig mit einer Ansammlung von Conventionbesuchern zu verschmelzen.“
„Gutes Argument. Er wird wahrscheinlich an einem abgeschiedenen, ruhigen Ort sein.“ Ich schüttelte den Kopf. „Dennoch wäre es mir um einiges lieber, wenn nicht derart viel auf dem Spiel stünde. Aber ich sehe keinen anderen Weg zu verhindern, dass noch weitere Leute zu Schaden kommen.“
„Ehe uns nicht mehr Informationen zur Verfügung stehen, fällt mir auch nichts ein, was wir sonst tun könnten.“
Ich schnaubte. „Also ziehe ich am besten einmal das Netz hoch.“
Die Marke an Mouses Halsband stieß mit einem metallischen Klingen an die Schnalle, und ich warf einen Blick über meine Schulter. Der Hund hatte den Kopf vom Boden erhoben und starrte aufmerksam auf die Tür. Augenblicke später klopfte es.
Mouse hatte nicht zu knurren begonnen, und sein Schwanz donnerte ein paar Mal an die Wand, als ich zur Tür schlich. Seine Art, mich wissen zu lassen, dass die Luft rein war. „Das ging aber schnell“, sagte ich, noch während ich die Tür öffnete. „Ich hätte eigentlich gedacht, dass du eine halbe Stunde fort sein würdest, Murph …“
Molly stand auf dem Flur, und eine kleine Reisetasche hing von ihrer Schulter. Sie ließ den Kopf hängen und sah genauso armselig aus, wie meine Zimmerpflanzen es getan hatten, solange ich noch optimistisch genug gewesen war, mir immer wieder neue zu kaufen. Ihr rosablaues Haar hing strähnig herab, und auf ihren Wangen waren verschmierte Tränenspuren aus Wimperntusche zu sehen. Sie sah zerknautscht, zerschlagen, unsicher und einsam aus.
„Hi“, stotterte sie. Ihre Stimme war wenig mehr als ein Flüstern.
„Hey“, antwortete ich. „Ich war eigentlich der Meinung, du würdest auf deine Mama warten.“
„Das habe ich“, sagte sie. „Das tue ich immer noch. Aber … ich bin irgendwie fertig.“ Sie wies mit einer fahrigen Handbewegung auf sich selbst. „Ich wollte mich ein wenig frisch machen, aber sie lassen mich das Bad in Nelsons Hotelzimmer nicht benutzen. Ich hatte gehofft, ich könnte deines kurz in Beschlag nehmen. Nur für eine Minute.“
Es wäre einfacher gewesen, einem Hundewelpen einen Tritt zu verpassen, als das Mädel rauszuwerfen. „Klar“, sagte ich. „Aber mach bitte keinen Lärm.“
Ich machte einen Schritt zurück in den Raum, und Molly trat ein. Sie hielt inne, um Mouse hinter den Ohren zu kratzen, dann sah sie an mir vorbei auf das Stück Teppichboden, das ich freigeräumt und die Dinge, die ich dort aufgestellt hatte.
„Was tust du da?“, erkundigte sie sich.
„Magie“, sagte ich. „Wonach sieht es denn aus?“
Sie lächelte schwach. „Oh. Richtig.“
Mit einer ausladenden Geste wies ich auf die Gegenstände, die ich für den Zauber vorbereitet hatte. „Ich werde versuchen, einen weiteren Angriff zu verhindern, damit niemand mehr zu Schaden kommt.“
„Kannst du das?“, staunte sie.
„Möglicherweise“, entgegnete ich. „Ich hoffe es.“
„Ich kann immer noch nicht glauben … ich meine, ich habe schon gewusst, dass es da draußen Dinge gibt,
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