Harry Dresden 08 - Schuldig
der Leinwand zugewandt. Sie sah völlig fertig und übermüdet aus. Sobald Fix durch den Riss gekommen war, wedelte sie mit einer Hand in der Luft, als wolle sie eine lästige Fliege verscheuchen. Ein Brausen erfüllte die Luft, und der Riss fiel wie ein Vorhang zu und verschwand.
Grabesstille senkte sich über den schummrig beleuchteten Kinosaal. Lily sank auf die Knie und stützte sich mit einer Hand ab. Das weiße Haar fiel ihr ins Gesicht, und sie fröstelte und schnappte nach Luft. Das Eis und der gefrorene Schnee, die sich in meinem Haar und den Falten meiner Kleidung gebildet hatten, verschwanden und wurden von den üblichen Resten an Ektoplasma ersetzt.
„Mmmmmhmmmm“, schnurrte Thomas gespielt genießerisch. „Schlabber!“
Fix ließ ihn zu Boden gleiten und ging zu Lily.
„Fix“, sagte ich. „Hast du mitbekommen, was sich da draußen abgespielt hat?“
„Machte ganz den Anschein, als hättest du in ein Wespennest gestochen.“ Er kniete sich neben Lily und stütze sie. „Ist die Garnison der Festung angerückt, um euch einen Empfang zu bereiten?“
„Nein“, antwortete ich. „Ganz offensichtlich war das jede Winterfee, die es überhaupt gibt.“
„Was?“, wollte er wissen.
„Ich, äh, glaube, ich habe in Mabs Puppenhaus ein wenig mit Sommerfeuer gezündelt. Ich hätte beinahe dieses gefrorene Brunnendingens in die Luft gejagt.“
Fix ’ Kinnlade klappte nach unten. „Du hast bitte was getan?“
„Die Vogelscheuche hat sich dahinter versteckt, also …“ Ich legte Charitys Schwert beiseite und vollführte eine ausladende Geste. „Kabumm!“
Fix starrte mich an, als hätte ich komplett den Verstand verloren. „Du hast Sommerfeuer in den Quell des Winters gegossen?“
„Wenn ich nicht ein wenig Sachbeschädigung betreibe, kann ich nachts nicht gut schlafen“, erklärte ich ernsthaft. „Aber wie auch immer. Genau das habe ich getan, und dann brach die Hölle los. Meine Patentante hat mir erklärt, jetzt hätte mich jeder von Rang und Namen im Winter auf dem Kieker und sei auf dem Weg, um mich umzubringen.“
„Mein Gott“, hauchte Fix. „Das kann ich mir vorstellen. Aber wo hast du überhaupt das Sommerfeuer …“ Seine Stimme erstarb, und er sah zu Lily hinab.
Die Sommerdame blickte auf und grinste müde von einem Ohr zum anderen. „Ich habe nur einen schwachen Trost und etwas Führung zur Verfügung gestellt, um meine Schuld der Dame Charity gegenüber zu begleichen“, flüsterte sie, wobei ein schwaches Lächeln ihre Lippen umspielte. „Wie hätte ich auch ahnen sollen, dass der Magier diese Macht für seine eigenen Zwecke stiehlt?“ Sie holte tief Luft und sagte: „Hilf mir hoch. Wir müssen weg.“
Fix tat, wie ihm geheißen. „Wohin?“
Ich sagte: „Sämtliche Kräfte des Winters sind nun im Herzen ihres eigenen Reiches versammelt, was bedeutet, dass sie nicht mehr die Grenzen des Sommerreiches belagern, was wiederum zur Folge hat, dass der Sommerhof Kräfte entbehren kann, um dem Rat zur Seite zu stehen.“
„Aber es hat doch nur Minuten gedauert, bis sie dort aufgetaucht sind“, erinnerte mich Murphy. „Könnten sie nicht ebenso schnell dorthin verschwinden, wo sie hergekommen sind?“
„Nein“, antwortete ich. „Man hat für diese Möglichkeit vorgesorgt. Dieser gesamte Vorstoß war von Anfang an ein Bluff.“ Ich fuhr zu Lily herum. „Oder liege ich da falsch?“
„Man kann es so betrachten“, erwiderte Lily leise. „Ich meinerseits würde es nicht so auslegen. Ich habe die Traumdiebe nicht hierher geholt – doch ihre Anwesenheit und die Gefangennahme von Dame Charitys Tochter hat uns sehr wohl die Gelegenheit geboten, die Präsenz von Mabs Streitkräften an unseren Grenzen zu neutralisieren.“
„Uns“, brummte ich. „Maeve arbeitet mit dir zusammen. Das ist der Grund, warum sie derart schnell in McAnallys Pub aufgetaucht ist.“
„Wie dem auch sei“, antwortete Lily und verneigte sich fast unmerklich in meine Richtung, was ich vielleicht als Respektsbekundung auffassen konnte.
Fix zwinkerte Lily entgeistert an. „Du arbeitest mit Maeve zusammen?“
„Lily hätte nie den Fluss der Zeit im Herzen des Winters verändern können“, schlussfolgerte ich mit verhaltener Stimme. „Nur eine der Königinnen des Winters konnte das.“
Fix blinzelte Lily weiter an, als hätte er mich nicht gehört. „Maeve arbeitet mit dir zusammen?“
Lily nickte. „Wie wir fürchtet auch sie Mabs momentanen Wahnsinn.“ Sie wandte sich erneut an
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