Harry Dresden 08 - Schuldig
was eine Zeitreise.“
„So eine Zeitreise kommt ziemlich oft vor“, erwiderte ich. „Wir waren einfach eine Weile auf der Überholspur.“
Sie war schließlich fertig damit, an ihrer Uhr herumzunesteln und verzog das Gesicht. „Ist ja auch egal.“
Ich musterte sie stirnrunzelnd. „Alles klar?“
Ihr Blick schweifte über die Kinder und ihre Mutter. „Ich werde viel zu erklären haben, wo zum Geier ich die letzten vierundzwanzig Stunden gesteckt habe. Ist ja nicht so, als könnte ich meinem Boss erzählen, dass ich auf einer Zeitreise war.“
„Ja, das würde er dir nie abkaufen. Sage ihm doch einfach, du bist im Feenland eingefallen, um ein Mädchen aus einer Burg zu befreien, in der es vor Ungeheuern nur so gewimmelt hat.“
„Natürlich“, sagte sie. „Warum habe ich nicht gleich daran gedacht?“
Ich grunzte. „In wie großen Schwierigkeiten steckst du?“
Sie sah mich nachdenklich an und meinte dann: „Hm, wahrscheinlich ein Disziplinarverfahren innerhalb der Abteilung. Sie können mir keine kriminelle Verfehlung anhängen, also kein Gefängnis.“
Ich blinzelte. „Gefängnis?“
„Ich war für die gesamte Sache verantwortlich, wenn du dich recht erinnerst“, wies mich Murphy hin. „Ich habe ziemlich viel riskiert, indem ich das vernachlässigt habe, um dir zu helfen. Wenn man jetzt noch einen ganzen Tag drauflegt …“ Sie zuckte die Achseln.
„Bei den Glocken der Hölle“, seufzte ich. „Das war mir nicht klar.“
Sie zuckte erneut die Achseln.
„Wie schlimm kann es werden?“, fragte ich.
Sie runzelte die Stirn. „Das hängt von vielen Dingen ab. Vor allem davon, was Rick und Greene zu sagen haben und wie sie es sagen. Darauf, was andere Polizisten erzählen, die da waren. Ein paar von denen sind ganz schöne Arschlöcher. Denen wird es eine Freude sein, mir Probleme zu bereiten.“
„Wie Rudolph“, sagte ich.
„Wie Rudolph.“
Ich ahmte meinen besten Slang aus der Bronx nach: „Soll ich ihnen für dich eins überbraten?“
Sie warf mir ein kurzes, unwirkliches Lächeln zu. „Am besten lässt du mich erst mal darüber schlafen.“
Ich nickte. „Mal ganz im Ernst. Wenn es irgendetwas gibt, was ich tun kann …“
„Lass dich einfach die nächste Zeit nicht blicken. Du bist in der Abteilung nicht beliebt. Es gibt Leute, denen es übel aufstößt, dass ich dich immer wieder engagiere. Andererseits können sie mir auch nicht befehlen, damit aufzuhören, da Fälle, an denen du dran bist, mit neunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit gelöst werden.“
„Meine Effizienz ist also irrelevant? Ich dachte, ihr müsst eine gewisse Erfolgsquote aufweisen oder so.“
Sie schnaubte. „Ich liebe meinen Beruf“, sagte sie. „Aber manchmal beschleicht mich das Gefühl, wir haben einen unnötig hohen Idiotenfaktor.“
Ich nickte. „Was werden die tun?“
„Dies ist das erste Mal, dass ich offiziell Scheiße baue“, antwortete sie. „Wenn ich die Sache richtig angehe, werden sie mich nicht feuern.“
„Aber?“, fragte ich.
Sie strich sich das Haar aus den Augen. „Sie werden mir eine Menge Spaß wie Sitzungen beim Seelenklempner und alle möglichen Auswertungen bescheren.“
Ich versuchte, mir Murphy auf der Couch eines Therapeuten vorzustellen.
Mein Hirn hätte beinahe die Flucht durch meine Ohren ergriffen.
„Dann werden sie alle erdenklichen Tricks probieren, um mich dazu zu bringen, dass ich von mir aus gehe“, fuhr sie fort. „Wenn ich das nicht tue, werden sie mich degradieren. Ich werde die Sondereinheit verlieren.“
Ein Bleigewicht bildete sich in meinem Magen. „Murph“, sagte ich.
Sie versuchte zu lächeln, doch es misslang. Sie sah angespannt und grün um die Nase aus. „Niemand ist daran schuld. So liegen die Dinge nun mal. Es musste sein, und ich würde es jederzeit wieder tun. Damit kann ich leben.“
Sie versuchte, ruhig und gelassen zu klingen, doch sie war zu erschöpft, als dass ich es ihr abgenommen hätte. Murphys Position war höchstwahrscheinlich nicht die einfachste auf der Welt. Ihre Stellung war manchmal ganz schön verzwickt, wenn nicht gar ausgesprochen hässlich. Doch sie gehörte ihr. Sie hatte für ihren Rang gekämpft, sich den Arsch abgearbeitet, um ihn zu erreichen, und dann war sie in die Sondereinheit abgeschoben worden. Statt sich jedoch mit ihrer Verbannung in das abteilungsmäßige Äquivalent Sibiriens abzufinden, hatte sie nur umso verbissener gearbeitet, um es den Leuten zu zeigen, die sie dorthin geschickt
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