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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Fluchkunst. Meist zumindest.
    Hölle, Schimpfwörter waren ja genau für den Fall entwickelt worden, dass die pure Bedeutung von Worten bei weitem nicht mehr ausreichte, und ich wollte meinen Worten im Moment wirklich, wirklich Nachdruck verleihen.
    Knurrend formte ich mit der linken Hand eine Schale, konzentrierte mich auf meinen rasenden Zorn, und eine kleine Kugel aus Licht und Hitze erblühte oberhalb der Handfläche. Sie war nicht groß, vielleicht vom Durchmesser einer Vierteldollarmünze. Aber sie war so hell wie eine winzige Sonne.
    „Harry“, meinte Murphy mit einem leichten Zittern in der Stimme. „Wir haben keine Zeit für so etwas.“
    „Du glaubst also, du seist bereit“, fauchte ich Molly an. „Zeig es mir.“
    Ich blies auf die Kugel, und sie waberte aus meiner Hand und glitt elegant durch die geöffnete Autotür des Käfers auf Mollys Gesicht zu.
    „W... was?“, stammelte sie.
    „Halt sie auf“, befahl ich kalt. „Falls du kannst.“
    Sie schluckte und hob die Hand. Ich sah, wie sie versuchte, ihren Atem und ihre Konzentration unter Kontrolle zu bekommen, und wie ihr die einzelnen Punkte der Liste über die Lippen quollen, die ich ihr für diesen Fall eingebläut hatte.
    Die Kugel schwebte näher an sie heran.
    „Beeil dich besser“, meinte ich. Ich gab mir nicht die geringste Mühe, die Wut und den Hohn in meiner Stimme zu verbergen.
    Schweißtropfen sammelten sich auf ihrer Haut. Die Kugel wurde langsamer, kam aber unaufhaltsam näher.
    „Sie hat etwa zwölfhundert Grad“, erläuterte ich. „Sie kann Sand zu Glas zerschmelzen. Bin mir sicher, dass sie Haut ebenfalls nicht besonders guttut.“
    Molly riss eine Hand hoch und stotterte ein Wort, doch dann begann ihre Konzentration zu wanken und brach schließlich zusammen, nur ein paar Funken fuhren von ihren Fingern in die Luft.
    „Die Bösen lassen dir nicht so viel Zeit“, spie ich.
    Molly zischte auf – und das sollte man der Kleinen zu Gute halten, sie zwang sich, nicht zu schreien –, als sie sich so weit wie möglich vom Feuer wegduckte. Sie warf einen Arm schützend über die Augen.
    Eine Sekunde lang hatte ich gute Lust, die Kugel noch ein wenig weiter voranzuschicken. „Es gibt keinen besseren Lehrmeister als eine verbrannte Hand“, flüsterte ein finsterer Teil meiner Selbst. Das wusste ich am besten.
    Doch ich ballte die Faust und konzentrierte mich darauf, den Zauber zu beenden, und die Kugel verschwand.
    Murphy, die auf der anderen Seite des Autos stand, starrte mich nur an.
    Molly senkte die Hand, und durch ihren Arm lief ein verängstigtes Zucken. Sie saß da, zitterte erbärmlich und stierte vor sich hin. Ihr Zungenpiercing klapperte gegen ihre Zähne.
    Ich sah auf beide hinunter und schüttelte den Kopf. Langsam zwang ich mein Temperament in seine Schranken. Dann beugte ich mich hinunter, steckte den Kopf durch die Tür und sah Molly in die Augen.
    „Bei diesem Spiel geht es um alles, Kleines“, flüsterte ich. „Ich habe dir schon früher gesagt, dass Magie nicht die Lösung für jedes Problem ist, und du hörst immer noch nicht zu.“
    Mollys zornige, eingeschüchterte Augen füllten sich mit Tränen. Sie wandte den Kopf ab, sagte jedoch nichts. Sie bemühte sich, nicht den geringsten Laut von sich zu geben, aber es war verflixt schwer, ein gutes Pokerface aufrecht zu erhalten, wenn es einem von einem sabbernden Irren fast vom Körper gerissen wurde. Wir hatten keine Zeit zu verlieren – trotzdem gewährte ich Molly einige Augenblicke, um einen kühlen Kopf zu bekommen.
    Die Tür zu Marcones Gebäude öffnete sich. Hendricks kam heraus.
    Wenig später folgte Marcone. Er musterte den angerichteten Schaden.
    Dann sah er zu mir herüber. Marcone schüttelte den Kopf, zog ein Handy aus seiner Anzugtasche und ging wieder ins Innere, während mich Hendricks mit einem mörderischen Blick aus seinen Schweinsäuglein durchbohrte.
    Die Nachwirkungen des Seelenblicks mit Helen waren immer noch ganz frisch – so wie sie für alle Ewigkeit unauslöschlich frisch bleiben würden. Marcone hatte so viel jünger ausgesehen, als er das Haar noch länger getragen und sich nicht wie aus dem Ei gepellt gekleidet hatte. Oder vielleicht hatte er bis zu dem Zeitpunkt jünger ausgesehen, an dem er Helens Tochter beim Sterben hatte zusehen müssen.
    Dieser Gedanke war ein gehöriger Dämpfer für die unkontrollierte Wut, die in meiner Brust tobte, und ich nutzte die Gelegenheit, mich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Ich atmete

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