Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
ist. Wenn Sie jetzt zulassen, dass so ein großes, hässliches, ungewaschenes Ekelmonster auftaucht und ihn umbringt, nachdem es Sie zunächst in Ihrem eigenen Heim überfallen und vorgeführt hat, dann lässt Sie das verdammt alt aussehen. Wir beide wissen doch, dass Sie damit nicht leben können.“
„Dieser Gefahr, schwach zu wirken, entgehe ich, indem ich auf seine Forderungen einsteige?“, fragte sie zweifelnd. „Eher nicht, Dresden.“
„Da haben Sie verdammt recht, eher nicht“, sagte ich. „Sie werden so tun als ob. Sie stellen dem Ekelmonster eine Falle und erledigen es auf die altbewährte, hinterhältige Art, ganz in der Tradition des Weißen Hofs. Sie kriegen Thomas wieder, machen ein Schwergewicht platt und gewinnen jede Menge Status bei den eigenen Leuten.“
Sie betrachtete mich mit zusammengekniffenen Augen, wobei wieder einmal nicht zu sehen war, welche Richtung ihre Gedanken gerade einschlugen. „Nehmen wir mal an, ich mache das so und es läuft gut“, sagte sie dann. „Was, wenn ich mir als Nächstes den Wächter schnappe und ihn an den Weißen Rat ausliefere? Ein formidables Unterpfand bei zukünftigen Verhandlungen mit Ihren Leuten.“
„Klar wäre es das. Aber das werden Sie nicht tun.“
„Werde ich nicht?“, sagte Lara. „Was sollte mich davon abhalten?“
„Ich.“
„Ich liebe Männer mit gut entwickeltem Selbstbewusstsein.“
Diesmal war ich an der Reihe, Zähne zu zeigen. Ich grinste. „Schlammschlachten sind nicht Ihr Stil. Wenn Sie in dieser Situation Ihre Karten richtig ausspielen, profitiert Ihre Reputation, und Sie gewinnen an Einfluss. Warum wollen Sie das aufs Spiel setzten, nur um sich mit mir anzulegen?“
„Hmmm“, sagte sie, ließ ihren Blick über mich wandern und strich sich dabei wie beiläufig den Rock glatt, was meinen Blick unwillkürlich auf den blassen Streifen nackter Haut lenkte – dort, wo der Riss im Rock sie durchschimmern ließ. Blutstropfen rannen wie eine Liebkosung über glatte Haut. „Manchmal frage ich mich, wie es wäre, mich ernsthaft mit Ihnen anzulegen. Es bis zum Ende auszufechten. Ich frage mich, was dann wohl passieren würde.“
Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen und schaffte es nur mit Mühe, den Blick abzuwenden. Reden ging gar nicht.
„Wissen Sie, wie man jemanden wirklich beherrscht?“, fragte sie, ihre Stimme ein leises Schnurren. „Wie man Leute unter seine Kontrolle bekommt?“
Ich räusperte mich. „Wie denn?“, krächzte ich.
Ihre blass grauen Augen waren riesengroß und unergründlich tief. „Man gibt ihnen, was sie ersehnen. Was sie benötigen. Man gibt ihnen, was ihnen niemand sonst geben kann. Wenn man das schafft, kommen sie immer wieder zu einem zurück.“ Sie beugte sich ganz dicht zu mir heran und wisperte mir ins Ohr: „Ich weiß, was ich Ihnen geben kann. Soll ich es Ihnen sagen?“
Ich nickte krampfhaft, schluckte, wagte nicht, sie anzusehen.
„Eine Ruhepause“, raunte sie in mein Ohr. „Ich kann dafür sorgen, dass es nicht mehr wehtut. Ich kann Ihnen die Schmerzen des Körpers nehmen, die des Bewusstseins und des Herzens. Ich könnte Ihnen ein Weilchen geben, was niemand sonst Ihnen geben kann: Freiheit. Freiheit vom Ballast der Verantwortung, des Gewissens.“ Sie beugte sich so dicht zu mir, dass ich die kühle Luft um ihre Lippen spürte. „Süßer Dresden! Ich könnte Ihnen Frieden schenken. Stellen Sie sich vor, Sie schließen die Augen und sind ohne Angst, ohne Bedauern, ohne Sehnsüchte, ohne Schuldgefühle. Es gibt nur Ruhe und Dunkelheit und meine Haut an Ihrer.“
Ich bebte, ohne es zu wollen, konnte das Zittern einfach nicht unterdrücken.
„Das kann ich Ihnen geben!“ Laras Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Sie tragen ihren Schmerz wie einen Panzer. Aber eines Tages wird Ihnen dieser Panzer zu schwer werden. Dann werden Sie sich an diesen Augenblick erinnern und wissen, wer Ihnen geben kann, was Sie brauchen.“ Sie stieß einen sehr sanften, sehr sinnlichen Seufzer aus. „Ich brauche nicht noch mehr Nahrung, Dresden, die habe ich genug. Aber einen Partner ... Sie und ich, wir könnten so viele Dinge bewerkstelligen, zu denen wir einzeln nicht in der Lage sind.“
„Hört sich fantastisch an“, krächzte ich, kaum in der Lage, die Worte zu bilden. „Vielleicht sollten wir schon mal damit anfangen und Thomas zurückholen.“
Sie richtete sich auf, das wunderschöne, bleiche Gesicht noch immer voller Begierde und Hunger, schloss die Augen und
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